Wie gut sind Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt integriert?
"Wir schaffen das." Mit diesem Satz mahnte die Kanzlerin zur Hilfsbereitschaft in der Flüchtlingskrise. Wie erfolgreich ist die Integration der Flüchtlinge auf dem Arbeitsmarkt?
Andrea Nahles ist keine Frau großer Worte. Angesprochen auf den derzeitigen Stand der Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen, spricht die Arbeitsministerin vorsichtig von einer "Zwischenetappe". 500.000 Flüchtlinge beziehen derzeit Hartz-Leistungen und werden von Jobcentern betreut. Um dieser Riesenaufgabe gerecht zu werden, traf sich die SPD-Poitikerin am Dienstag in Berlin mit Hunderten Mitarbeitern der Jobcenter. Dort wurde die aktuelle Lage referiert.
890.000 Zuzüge von Migranten gab es laut Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) 2015, dem Jahr des Höhepunkts der Flüchtlingskrise. 2016 waren es 280.000. 150.000 bis 200.000 Zuzüge werden laut dem Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit 2017 erwartet.
Die Gründe für den deutlichen Rückgang ist die Schließung der Balkanroute und das EU-Türkei-Abkommen im März 2016. Laut einer Analyse des IAB-Forschers Herbert Brücker ist Krieg mit 71 Prozent das Hauptmotiv für Flucht, gefolgt von Verfolgung mit 45 Prozent, Armut und Zwangsrekrutierung (je 38 Prozent), Diskriminierung (37 Prozent) und schlechter Wirtschaftslage (33 Prozent).
Vor ihrer Ankunft in Deutschland konnten 95 Prozent der Flüchtlinge laut IAB kein oder kaum deutsch. Nach zwei Jahren ist das nur noch bei jedem Dritten der Fall, was auch für diejenigen gilt, die die Sprache gut oder sehr gut beherrschen. Etwa ein weiteres Drittel, 36 Prozent, beherrscht deutsch befriedigend.
Flüchtlinge: Es besteht ein erhebliches Bildungsgefälle
Im Durchschnitt sind Flüchtlinge gebildeter als ihre Landsleute in der Heimat. Laut IAB haben 60 Prozent der in Syrien lebenden Menschen keinen Schulabschluss oder nur die Grundschule abgeschlossen. Diese geht allerdings länger als in Deutschland. Von den syrischen Flüchtlingen in Deutschland haben nur 32 Prozent lediglich Grundschule, 45 Prozent einen Sekundarabschluss (Syrien: 32 Prozent) und 23 einen Hochschulabschluss (Syrien: 9 Prozent). Für den Irak gelten ähnliche Unterschiede. Trotzdem, so IAB-Experte Brücker, bestehe ein erhebliches Bildungsgefälle zur deutschen Bevölkerung.
Zwei von fünf Flüchtlingen finden über Angehörige oder Freunde Arbeit, 32 Prozent durch Arbeitsagentur oder Jobcenter, 10 Prozent durch das Internet oder Annoncen und 17 Prozent auf einem anderen Weg. Jeder dritte der 2013 Angekommenen hatte 2016 einen Job. Bei denjenigen, die 2015 kamen, sinkt diese Quote auf zehn Prozent. Auffällig dabei ist, zwar hatten elf Prozent der Männer, aber nur drei Prozent der Frauen nach einem Jahr eine Arbeitsstelle. Im Schnitt lag der Bruttoverdienst dabei bei 900 Euro, bei den Vollzeitstellen lag der Durchschnitt bei 1200 Euro.
Eine Prognose zur Arbeitsmarktintegration ist schwierig
Neue große Programme zur Arbeitsmarktintegration von Flüchtlingen sind nicht geplant. Das wurde deutlich beim "Tag der Jobcenter" in Berlin. Sie setzen lieber auf geringe Hürden, genug Mittel und Angebote für Deutsch- und Integrationskurse sowie das normale Vermittlungsgeschäft. Stunden nach Beginn der Veranstaltung brandete der erste spontane Applaus auf, als BA-Chef Detlef Scheele sagt: "Ich glaube nicht mehr an große Programme in der Flüchtlingsintegration - das wird ein Puzzlespiel sein." Aus seiner Sicht sei ein Problem unter vielen der oft schwache öffentliche Nahverkehr auf dem Land, der Wege von der Wohnung zum Job oder zu einem Kurs oft erschwert.
Der Vorstandsvorsitzende der Bundesagentur für Arbeit weigerte sich zunächst, eine Prognose hinsichtlich der Arbeitsmarktsituation für Flüchtlinge abzugeben. Schließlich gab er an, bis 2020 werde die Hälfte der Angekommenen in Arbeit sein. Allerdings werden die meisten in Hilfsjobs tätig sein, da sie keine reguläre Ausbildung absolvieren oder erhalten." Langsam, aber sicher wird es dazu kommen, dass die Flüchtlingsunterkünfte verschwinden." Voraussetzung für diese einigermaßen positiven Entwicklungen sei aber, dass die Flüchtlingszahlen nicht wieder steigen.
Reinhard Sager, Präsident des Deutschen Landkreistages, sieht in den Flüchtlingen auch weiterhin eine Chance. Gerade für das Gastgewerbe oder Handwerk seien die Flüchtlinge eine Möglichkeit, leere Stellen zu besetzen. "Sie müssen ja nur mal, wenn sie essen gehen, hinter die Küchentür gucken, wer da arbeitet", so Sager. Da Zugewanderte ohnehin meist erstmal Geld verdienen wollten, sei es laut Reinhard Sager legitim, dass sie diese Jobs machen. dpa
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