Zugunglück bei Bad Aibling: War menschliches Versagen die Ursache?
Mindestens zehn Tote und 80 zum Teil Schwerverletzte. Zwei Regionalzüge prallen auf einer eingleisigen Strecke frontal zusammen. War die Ursache der Fehler eines Fahrdienstleiters?
Menschliches Versagen ist offenbar die Ursache für das schwerste Zugunglück in Bayern seit vierzig Jahren mit mindestens zehn Toten. Im morgendlichen Berufsverkehr waren am Faschingsdienstag gegen 6.45 Uhr bei Bad Aibling (Landkreis Rosenheim) zwei mit etwa 150 Passagieren besetzte Regionalzüge der Bayerischen Oberlandbahn auf eingleisiger Strecke frontal aufeinandergeprallt.
Gestern Abend meldeten verschiedene Medien unter Berufung auf „zuverlässige Quellen“, dass eine verhängnisvolle Fehlentscheidung eines Fahrdienstleiters im Stellwerk zu der Katastrophe geführt habe. Demnach soll der Bahnangestellte das automatische Signalsystem außer Kraft gesetzt haben, um einen verspäteten Triebwagen noch „quasi von Hand durchzuwinken“. Da auch der Zug auf der anderen Seite des eingleisigen Bahnabschnittes aus dem Stellwerk das Signal bekommen habe, weiterfahren zu dürfen, sei es schließlich zu der folgenschweren Kollision gekommen.
Verletzte wurden mit dem Hubschrauber geborgen
Ein Triebzug hatte sich mit hoher Geschwindigkeit buchstäblich in den anderen gebohrt und diesen aufgeschlitzt. Aus den ineinander verkeilten Waggons mussten 80 Verletzte, unter ihnen 18 Schwerverletzte, mit Hubschraubern aus der Luft geborgen werden, weil die Unfallstelle schwer zugänglich ist. Sie liegt in einer lang gezogenen Gleiskurve in hügeligem Gelände zwischen dem Mangfallkanal und einem Wald. Unter den Toten sind auch die beiden Lokführer.
Nach der Unfallmeldung um 6.48 Uhr bei der Einsatzzentrale des Polizeipräsidiums Oberbayern Süd in Rosenheim konnten innerhalb kürzester Zeit fast 700 Einsatz- und Rettungskräfte mobilisiert werden.
In einer Pressekonferenz drückten der sichtlich schockierte Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) und der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ihre Betroffenheit und ihr Mitgefühl für die Opfer, ihre Angehörigen und die Rettungskräfte aus. „Das sind Bilder, die einen natürlich auch sehr stark emotional belasten, weil man sich nicht vorstellen kann, dass solche Unglücke auch bei uns vorkommen können“, sagte Dobrindt.
Die Strecke war erst vergangene Woche überprüft worden
Beide Minister betonten, dass in die Sicherheit der eingleisigen Strecken – nach Expertenangaben etwa ein Drittel der insgesamt 34000 Bahnkilometer – sehr viel investiert worden sei. Auch der 37 Kilometer lange Streckenabschnitt zwischen Rosenheim und Holzkirchen, auf dem das Unglück geschah, sei mit dem Zugsicherungssystem PZB ausgerüstet, das eine automatische Zwangsbremsung auslösen soll, wenn in dem betreffenden Abschnitt trotz Haltesignal zwei Züge gleichzeitig fahren. Diese „Punktförmige Zugbeeinflussung“ sei nach dem Zugunglück bei Hordorf in Sachsen-Anhalt 2011 mit zehn Toten überall in Deutschland eingeführt worden. „Das ist inzwischen Standard“, sagte Dobrindt.
Der bayerische Bahnchef Klaus-Dieter Josel erklärte, die Strecke, für die die DB-Netz AG verantwortlich ist, sei routinemäßig vergangene Woche überprüft worden. In dem Abschnitt darf grundsätzlich mit 100 Stundenkilometern gefahren werden, so die DB.
Am Dienstagnachmittag sagte zunächst die CSU „aus Respekt vor den Opfern“ den Politischen Aschermittwoch ab. Alle anderen Parteien folgten. Auch der in Mecklenburg-Vorpommern geplante Politische Aschermittwoch der CDU mit Bundeskanzlerin Angela Merkel wurde abgesagt.
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