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Allgäuer Islamisten
02.04.2014

Zum Heiligen Krieg gibt es Schokoriegel

Der Heilige Krieg der Bilder tobt im Internet. Soziale Netzwerke verbinden Syrien mit deutschen Jugendzimmern. So entstehen "Freundschaften" mit Gotteskriegern, die auch aus unserer Region kommen. Unser Foto zeigt einen Ausschnitt der Internetplattform Facebook, der Kämpfer in Syrien zeigt. Einige Details haben wir aus Datenschutzgründen entfernt.
Foto: Screenshot: AZ

Junge Leute ziehen nach Syrien ziehen und kämpfen. Manche sterben – wie David aus Kempten. Ihre Bilder im Internet befeuern eine Propaganda-Schlacht in deutschen Jugendzimmern.

David. Sarah. Philip. Mustafa. Enis. Benjamin. Das sind ihre Namen.

Sie sind nach Syrien gezogen. In einen Terrorkrieg, der sie eigentlich nichts angeht. Ihre Geschichten befeuern eine neue extremistische Gefahr, die in Deutschland heranwächst. Die Bayerns Innenminister Joachim Herrmann mit Sorge betrachtet, wie er gestern bei der Vorstellung des Verfassungsschutzberichts deutlich macht.

Rückwärtsgewandt und demokratiefeindlich

Es geht um radikale Muslime, die rückwärtsgewandt sind und demokratiefeindlich. Weitgehend unbeachtet von der Öffentlichkeit tobt in deutschen Jugendzimmern ihre Schlacht. Ein Krieg der Bilder, der Emotionen, der Manipulation. Propaganda für den Krieg in Syrien.

Neu-Ulm/Ulm und Augsburg waren bislang die Schwerpunkte der schwäbischen Islamistenszene, heißt es bei den beiden Polizeipräsidien in der Region. Doch inzwischen gewinne Kempten an Bedeutung. Eine gesellschaftliche Diskussion? Kaum auszumachen. Ebenso wenig wie Antworten auf die Frage, wie man mit dem Problem umgehen soll, dass eine wachsende Zahl muslimischer Jugendlicher sich radikalisiert.

Ein eigener Paragraf im Strafgesetzbuch

Allein mit Strafverfolgung, sagen Experten, sei dem Ganzen kaum beizukommen. Zwar war vor einigen Jahren mit Blick auf deutsche Dschihad-Kämpfer und Reisen in Terrorcamps sogar ein neuer Straftatbestand eingeführt worden. Paragraf 89a Strafgesetzbuch: Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat. Im Fall David – jenem jungen Mann aus Kempten, der in Syrien starb (wir berichteten) – ermittelte man sogar deshalb. Dennoch ist nach Informationen unserer Zeitung in Deutschland unter Verweis auf diesen Paragrafen noch keine Haftstrafe verhängt worden.

 Wie der Allgäuer David zum Islamisten Dawud wurde

Was aber hilft dann? Aufklärung in Schulen? Einfach mehr Wissen über das, was die ultrakonservativen Muslime, die Salafisten, überhaupt sind? Wofür sie stehen und vor allem: wie man sie entlarvt? Antworten sind nicht einfach zu bekommen. Vor allem auch, weil fast alle relevanten Behörden keine öffentlichen Stellungnahmen abgeben.

Allgäuer wollten sich Terrorgruppe anschließen - einer stirbt

Wie also brechen die Salafisten in die Zimmer und die Köpfe der Jugendlichen ein? Die Recherche beginnt an einem Ort, der auch bei Davids Radikalisierung eine Rolle spielte. Im weltweiten Datennetz. Twitter, Facebook, Whatsapp, Youtube: Die Waffen im Dschihad der Bilder sind digital. Fast in Echtzeit sind deutsche Teenager dabei beim Bürgerkrieg in Syrien.

Bild mit abgeschlagenen Köpfen

Mustafa K. ist einer derjenigen, die dafür sorgen. Der Extremist aus Dinslaken war der beste Freund von David aus Kempten, als dieser in Nordrhein-Westfalen die Weichen auf Terrorkurs in Richtung Syrien stellte. Beide könnten gemeinsam gekämpft haben. In einer ersten Meldung hatte es sogar geheißen, sie seien zusammen umgekommen.

Doch Mustafa lebt. Mitte Februar tauchte ein Bild von ihm auf, das ihn mit abgeschlagenen menschlichen Köpfen in der syrischen Stadt Azaz zeigt. Die Aufnahme gilt als authentisch. Am rechten Bildrand ist ein kleiner Junge zu sehen.

Im Internet verbreitet hatte sie ein weiterer junger Mann aus Dinslaken, Enis A. Er teilte das Foto mit jemandem: einem 21-jährigen Allgäuer. Dieser hatte ebenfalls versucht, nach Syrien zu kommen. Der junge Mann ist kürzlich aus der Türkei zurückgekehrt.

Ein Gott, eine Gemeinschaft, ein Staat

Sein Freund Enis hat einen anderen Weg gewählt. Nach unseren Recherchen ist er gerade erst ins Bürgerkriegsgebiet gereist. Bilder zeigen ihn mit Waffe und Sturmhaube. Und mit dem erhobenen Zeigefinger: ein Gott, eine Gemeinschaft, ein Staat. Der 24-Jährige lächelt in die Kamera und schreibt ins Allgäu: „...hoffentlich sind wir bald wieder zusammen.“

Philip B., ein weiteres, in Syrien kämpfendes Mitglied der Dinslakener Zelle, veröffentlicht derweil Bilder seiner Verpflegung: Schokoriegel aller Art im Kriegsgebiet. „Du hast es ja besser als ich, Bruder“, kommentiert „Allahs Knecht“. Wo sich Philip mit Süßigkeiten eindeckt? Internetkommentare besagen: in Al-Bab, einer Stadt etwa 35 Kilometer von Aleppo entfernt.

Wie viel ist nötig, um die jungen Muslime nach Syrien gehen zu lassen? Fest steht für Experten: Eine fehlende Perspektive kann ein Anreiz sein. Denn Syrien ist eine Chance für die, die in Deutschland keine mehr für sich sehen. Doch spätestens seit dem Fall David reicht diese Erklärung allein nicht mehr aus. David hatte Perspektive, ein funktionierendes Umfeld, Nestwärme. Er suchte einen Sinn im Leben. Eine verletzliche Phase, sagen Fachleute. Die empfänglich macht für das Gift der Hassprediger und islamistischen Verführer. Auch David hatte direkten Kontakt zu einem von ihnen.

Was ist, wenn die Kämpfer eines Tages zurückkommen?

Was ist, wenn die Syrien-Kämpfer eines Tages zurückkommen? Zunehmend macht sich auch das bayerische Innenministerium darüber Gedanken. Verrohte junge Menschen wie Mustafa K. – welche Gefahren gehen von ihnen aus? Welche Aufträge könnten sie bei einer Rückkehr mitbringen? Die Sauerlandgruppe, die Anschläge in Deutschland vorbereitet hatte, das 2005 verbotene Multikulturhaus und das 2007 aufgelöste Islamische Informationszentrum im Raum Ulm/Neu-Ulm – all diese Fälle haben salafistisch-dschihadistischen Hintergrund. Erst vor wenigen Tagen war Benjamin X. aus Berlin im türkisch-syrischen Grenzgebiet in eine Schießerei mit türkischen Sicherheitskräften verwickelt. Drei Menschen kamen dabei ums Leben.

Wer ist tatsächlich eine Gefahr? Wer macht ernst? Wer ist nur ein Großmaul im Online-Dschihad? Die Grenzen sind fließend. David aus Kempten hatte sich während seiner Radikalisierung einer Propaganda-Plattform angeschlossen. Deren Anführer predigt via Youtube die Verhüllung der Frau. Der die Hölle drohe, sollte sie auch nur Parfüm auflegen.

"Hast du Interesse bezüglich Heirat?"

Im privaten Chatraum fallen andere Töne. „Bist du verheiratet, Schwester? Hast du Interesse bezüglich Heirat?“ Die selbst ernannte moralische Instanz ist ein junger Mann Mitte 20. Hat keinen Job, dafür ein Kind aus erster Ehe.

Der Mann aus Berlin ist ein ganz anderer Mensch als David, der tatsächlich in den Heiligen Krieg gezogen ist. Und war dennoch ein enger Vertrauter, dessen E-Mails der Kemptener als „wichtig“ markierte. Wie passt das zusammen?

Vielleicht liegt die Erklärung darin, dass es ein enges Zusammengehörigkeitsgefühl unter den jungen Salafisten zu geben scheint. Sie fühlen sich als „Ummah“, als Gemeinschaft. Eine, die bewusst die Grenzen einzelner Nationalitäten aufhebt, Trennendes verwischt.

Es ist ein Schwarm in der grünen Farbe des Islam, der sich da im Internet zusammenfindet. Junge Muslime, die nicht primär religiös motiviert sind, sondern politisch. Deren gewaltbereite Mitglieder in Syrien Verbrechen begehen – und in Deutschland oftmals nicht einmal unters Erwachsenenstrafrecht fielen. Die extrem netzwerkfähig sind, weil sie der Generation Internet entstammen. Die sich abgrenzen. Gegenüber Staat, Eltern, dem System insgesamt.

Eltern müssen hilflos zusehen

Und ihre Familien? Nicht nur im Fall David mussten Eltern hilflos zusehen, wie das eigene Kind radikal wurde. Zwar gilt im Salafismus der unbedingte Gehorsam gegenüber den Eltern. Doch mit vermeintlichen Koranbeweisen werfen die Jugendlichen schnell ihre eigenen moralischen Bedenken über Bord. Und geben sich übers Internet gegenseitig Tipps: „Können Eltern verbieten, sich mit rechtschaffenen Brüdern zu treffen?“, heißt es dieser Tage auf der Facebook-Seite eines Allgäuer Islamisten. 20 Antworten, dazu Koranstellen. Und die letztendliche Schlussfolgerung: Wenn es der Sache Allahs dient, muss man sich den Eltern sogar widersetzen.

Emotionen spielen eine zentrale Rolle. So schürt die Internetpropaganda das kollektive Sehnen nach einem Ort, der nur in den Köpfen der Jugendlichen existiert: das vermeintliche Paradies eines islamischen Gottesstaats zwischen Irak und Syrien. Wo man nur nach dem Wort des Propheten leben könne.

„Abu Zubayr“ etwa, ebenfalls ein Dschihad-Kämpfer aus Deutschland, stellte neulich Bilder seiner neuen Flamme aus dem Kampfgebiet ins Internet. „Umm“ Zubayr, also seine islamische Ehefrau, zeigt nur die Augen. Und natürlich den ausgestreckten Zeigefinger, verborgen im schwarzen Handschuh.

Junges Liebesglück im Bürgerkrieg? Solche Bilder emotionalisieren. Fordern auf zur Nachahmung. Doch die Fotos zeigen kaum die Wirklichkeit, sagen Fachleute.

Was fehlt? Eine längst überfällige öffentliche Debatte

Um der Realität näherzukommen, muss man sich ansehen, was auf den Aufnahmen unscharf im Hintergrund bleibt: Menschen, die verletzt wurden, zum Beispiel. Mit einem weiteren Foto hat der Dinslakener Mann mit den Schokoriegeln, Philip B., seine Verpflegung in Syrien dokumentiert. Es gibt Fleisch. Im Bildhintergrund humpelt jemand mit eingegipstem Bein vorbei.

290 junge Menschen aus Deutschland sind ins türkisch-syrische Grenzgebiet gereist. Der neue Verfassungsschutzbericht spricht von 6140 Islamisten in Bayern, darunter 550 Salafisten. Was kann man dem entgegensetzen? Eine längst überfällige öffentliche Diskussion, sagen Experten. Auch in unserer Region, wo der islamistischen Szene bislang eine mittlere zweistellige Personenzahl zuzurechnen ist.

Vor allem aber: mehr Prävention. Es gebe kaum Beratungsangebote und zu wenig Fachleute. Davids Familie hat sich an die „Beratungsstelle Radikalisierung“ gewandt, die das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vor knapp zwei Jahren einrichtete. Sieben bis neun Mitarbeiter sind im Einsatz. Bundesweit. Dazu kommt eine Hotline mit zwei Mitarbeitern. Von 9 bis 15 Uhr.

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