Traum ohne Seifenblase
Drei FCA-Jugendspieler wollen in den Profifußball. Gleichzeitig arbeiten sie an einer Alternative und machen eine Ausbildung.
Momentan kämpft der FC Augsburg um den Klassenerhalt. Um dieses Ziel zu erreichen, bezog der Bundesligist in der Winterpause ein Trainingslager im Süden. Das spanische Estepona wurde als Ziel auserkoren, Kondition, Taktik und Teamgeist sollten gestärkt werden. An Board des Fliegers nach Andalusien war auch Nachwuchsspieler Marco Richter.
Kurzfristig durfte er den Platz vom südkoreanischen Nationalspieler Ja-Cheol Koo einnehmen.Richter stürmt normalerweise für die U23-Mannschaft in der Regionalliga Süd oder kickt in A-Jugend-Bayernliga. Er möchte Profi werden. Viele träumen davon, für fast keinen geht dieser Wunsch in Erfüllung. Dessen ist sich auch der 18-Jährige bewusst. Deswegen sorgt er vor und macht eine Ausbildung – in Teilzeit.
Teilzeit-Ausbildung noch nicht überall bekannt
Diese Möglichkeit einen Beruf zu erlernen gibt es erst seit 2005. Jungen Vätern und Müttern sowie Menschen mit Behinderung sollte es ermöglicht werden trotz erschwerter Rahmenbedingungen eine Ausbildung abschließen zu können. „Rund 500 Ausbildungsverhältnisse dieser Art haben wir seither bei der Industrie- und Handelskammer Schwaben eingetragen“, erzählt IHK-Ausbildungsleiterin Josefine Steiger. Trotzdem sei das Modell noch ziemlich unbekannt, vor allem für Leistungssportler.
Die Kammer möchte selbst als gutes Beispiel vorangehen und bildet aktuell drei FCA-Spieler aus. So auch Richter. Er ist erst durch seinen Mitspieler und Arbeitskollegen Anton Schöttl auf die Teilzeit-Ausbildung aufmerksam geworden. Der hat vor Kurzem seine Ausbildung zum Kaufmann für Bürokommunikation erfolgreich abgeschlossen. Marco Greisel ist der dritte FCA-Kicker im Bunde.
Außer dem Arbeits- und Trainingsplatz sehen die Nachwuchshoffnungen in der Regel nicht viel. „Im Normalfall gehe ich mit gepackter Trainingstasche um acht Uhr morgens aus dem Haus und komme um acht Uhr abends wieder heim“, erzählt Greisel aus dem Alltag. Als Teilzeitauszubildender hat er eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden, dazu fast täglich Training, oft mit zwei Einheiten.
„Ich bewundere sehr wie die Jungs das alles hinkriegen“, sagt Steiger. Entgegen kommt den Fußballern das Gleitzeit-Modell ihres Arbeitgebers. So können beispielsweise an trainingsfreien Tagen Stunden aufgebaut werden, um Fehlzeiten auszugleichen.
Beide Seiten profitieren
Um Sport und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, ist Flexibilität gefragt. Nicht nur bei den jungen Talenten, auch bei den Arbeitgebern. Das weiß Steiger: „So etwas ist nicht bei jedem Unternehmen möglich. Eine gewisse Bereitschaft muss gegeben sein und eine Affinität zum Sport schadet natürlich nicht“.
Die Firmen erhielten aber zudem etwas Wertvolles zurück, weiß sie aus eigener Erfahrung: „Jemand, der im Leistungssport unterwegs ist, verhält sich in der Ausbildung ebenso diszipliniert. Die Jungs sind sehr teamfähig, motiviert und trotz allem belastbar.“ Deswegen überlegte Steiger nicht lange, als ihr Azubi wegen des Trainingslagers in Spanien kurzfristig Urlaub benötigte. „So etwas machen wir dann gerne möglich, zumal wir einen guten Kontakt zu den FCA-Sozialpädagogen pflegen.“
Geschenkt wird den Teilzeit-Azubis allerdings nichts. Neun Tage weilte Richter mit den Profis in Estepona, konnte deshalb nicht zur Berufsschule. „Ich muss den Stoff nacharbeiten und dem Schulleiter vorlegen. Verpasste Schulaufgaben muss ich selbstverständlich nachholen.“
Die geringe Freizeit wird gerne in Kauf genommen
Entgegen oft vorherrschender Meinungen geht eine Teilzeitausbildung nicht mit einer verkürzten Ausbildungszeit einher. „Unsere Fußballer haben einen höheren Schulabschluss und könnten ihre Ausbildungsdauer auf zweieinhalb statt drei Jahre verkürzen“, erzählt Steiger. „Das machen sie aber nicht und gleichen dadurch die geringeren Wochenstunden insgesamt wieder aus.“
Die Vergütung verringert sich entsprechend der verkürzten Zeit. Doch das ist verschmerzbar, genauso wie die wenige Freizeit. „Wir wollten das ja so“, sind Schöttl, Richter und Greisel sich einig.
Jammern ist nicht ihr Ding – weder auf dem Platz noch am Arbeitsplatz. Eine Eigenschaft, die sie ihrem Traum vom Profifußball zumindest ein Stück
näherbringt.
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