Akademikerin Zwonarewa gegen Glamour-Girl Serena
London (dpa) - Es scheint alles klar zu sein vor dem Finale in Wimbledon - nur der Name Serena Williams ist noch nicht eingraviert in die Venus-Rosewater-Dish.
Schon vor dem ersten Ballwechsel im Tennis-Endspiel der All England Championships wird nur eine Favoritin genannt und das ist Titelverteidigerin und dreimalige Siegerin Serena Williams aus den USA. Herausforderin Vera Zwonarewa lässt das kalt: "Ich glaube immer an mich und kümmere mich nicht darum, was andere sagen. Ich spiele momentan mein bestes Tennis und kann jeden schlagen auf der anderen Seite des Netzes."
Bange machen gilt nicht, sagt die schlaue Sportlerin aus Moskau und tüftelt an ihrer Strategie, mit der sie der Dauermacht der Williams-Schwestern nach acht Siegen auf dem Heiligen Rasen in diesem Jahrzehnt ein Ende bereiten will. "Serenas Aufschlag ist natürlich eine besondere Waffe auf Rasen", aber schrecken kann die 25-Jährige das vor ihrem ersten Finale bei einem Grand-Slam-Turnier nicht. "Ich habe noch nie jemanden gesehen, der 100 Prozent bei ersten Aufschlägen erreicht, auf diese Chance vertraue ich", sagte sie angesichts der 80 Asse, die die wuchtige Serena Williams in diesem Turnier schon geschlagen hat - so viele wie keine andere Spielerin vor ihr in Wimbledon.
Die Bilanz der bisherigen Vergleiche spricht deutlich gegen die Nummer 21 der Weltrangliste, die nach Wimbledon in die Top Ten klettern wird. Nur eines der sechs Matches gegen die modebewusste Amerikanerin hat sie gewonnen. Und das ist auch schon vier Jahre her. "Aber ich weiß, was ich kann - und dass ich alles kann", sagte sie im Brustton der Überzeugung. Nach Maria Scharapowa 2004 will sie als zweite Russin in Wimbledon siegen und ihren zweiten Rasen-Titel nach Birmingham 2006 holen.
Das bislang beste Jahr ihrer Karriere hatte Zwonarewa 2009. In Indian Wells feierte sie ihren wichtigsten Titel, nachdem sie bei den Australian Open gegen die Russin Dinara Safina erstmals ein Grand-Slam-Halbfinale erreicht hatte und nur wenige Tage später unter den besten fünf der Tennis-Welt geführt wurde. Doch Verletzungen am Handgelenk und am rechten Sprunggelenk begleiteten die Karriere der wissbegierigen Zwonarewa, die ihre unfreiwilligen Auszeiten nicht zum Shoppen, sondern zum Lernen nutzte.
Ein Sportstudium hat sie bereits abgeschlossen. Aktuell studiert sie internationale Wirtschaftsbeziehungen an der zum Außenministerium gehörenden Diplomaten-Akademie in Moskau, nach Wimbledon steht das Examen an. "Ich brauche das, ich muss meinen Kopf auch mit anderen Dingen beschäftigen." Als prominente Sportlerin unterstützt sie UNESCO-Kampagnen für Gleichberechtigung, außerdem setzt sie sich für Kinder ein, die am Rett-Syndrom, einer tiefgreifenden Entwicklungsstörung, erkrankt sind.
"Mag sein, dass mir die Zwangspausen und die Ablenkung durch das Studium auch ein wenig geholfen haben. Aber natürlich wünscht man es niemandem, verletzt zu sein", sagte sie und erzählte von ihrer Reha im November in Amsterdam, bei der sie den niederländischen Nationalstürmer Robin van Persie vom FC Arsenal kennengelernt hat. "Er spielt stark bei der WM in Südafrika, ich hier in Wimbledon. Die Reha muss gut gewesen sein", sagte Zwonarewa und lachte fröhlich.
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