Joachim Löw und Oliver Bierhoff zogen am Mittwoch Bilanz zur verkorksten Weltmeisterschaft. Sie schlugen überraschend kritische Töne an - allerdings zu spät.
Zwei Monate ist es her, dass sich die deutsche Fußball-Nationalmannschaft als amtierender Weltmeister sieglos von der WM verabschiedet hat. Ein Desaster, wie es die Fußball-Nation noch nie erlebt hat. Ein Absturz, der nach Rücktritten, Schuldeingeständnissen, Analysen und vor allem Erklärungen verlangte. Dass es Rücktritte geben würde, war schon nach wenigen Tagen ausgeschlossen. Joachim Löw hatte in den zwölf Jahren seiner Amtszeit als Bundestrainer so viel Kredit gesammelt, dass sich keine gewichtige Stimme gegen ihn erheben wollte.
Bierhoff und Löw schlagen selbstkritische Töne an
Teammanager Oliver Bierhoff und DFB-Präsident Reinhard Grindel mochten im Fall Özil noch so ungeschickt agieren – für einen erzwungenen Abgang war das zu wenig. Freiwillig gehen aber wollte keiner. Stattdessen haben Löw & Co. getan, was Fußballer in Bedrängnis gerne tun: Auf Zeit spielen. Ball halten, sich zurückziehen und auf ein gnädiges Schicksal hoffen. Also haben sich der Bundestrainer und sein Stab tagelang in der DFB-Zentrale eingeschlossen. Um was zu tun? Darauf zu bauen, dass sich der Ärger irgendwann legen würde, wenn die Bundesliga wieder spielt. Das hat funktioniert.
Löw & Bierhoff haben nichts gesagt, was man nicht schon vor sechs Wochen hätte sagen können. Manches immerhin überraschend selbstkritisch. Für Branchenverhältnisse sogar schonungslos. So, wie es vor der WM nötig gewesen wäre. Aber was hilft das jetzt? Der Geist einer Mannschaft entsteht nicht auf Podien. Die Personalwechsel an den Rändern sind unbedeutend. Das Vorhaben, den aufgeblasenen Mitarbeiterstab zurückzufahren, könnte der Familien-Idee wieder auf die Beine helfen. Die Spieler näher an die Fans heranzurücken und dem Eindruck der Dauervermarktung entgegenzuwirken wäre zudem hübsch. Einen dringend notwendigen treffsicheren Klose-Nachfolger gibt es dafür aber nicht.
Löw muss liefern: Anstehende Partien werden zur Bewährungsprobe
Dass der Ex-Weltmeister mehr Qualität besitzt, als er in Russland gezeigt hat, ist unbestritten. Ohne Hingabe und Leidenschaft ist diese Klasse aber wenig Wert. Es ist die Aufgabe des Bundestrainers, seinen Spielern diesen Geist neu zu vermitteln. Schafft er das in den nächsten beiden Länderspielen nicht, wird es bald die nächste große DFB-Pressekonferenz geben. Dann aber ohne Joachim Löw.
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Löw hat viel Richtiges gesagt. Und doch wäre es in den Augen vieler enttäuschter Fans richtig gewesen, wenn er nach der WM zurückgetreten wäre und damit die Grundlagen für einen wirklichen Neuanfang geschaffen hätte.
Aber Löw steht jetzt unter einem enormen Druck. Er muss liefern. Da hat Anton Schwankart vollkommen recht!
Wo bitte hörten Sie, Herr Schwankhart, kritische Töne von Herrn Bierhoff? Seine Ausführungen waren eine reine Rechtfertigungsorgie.
Löw war sehr selbstkritisch, zog die Schuld von der Mannschaft weg und im Wesentlichen auf sich!
Nur wo blieb die Konsequenz?
Ein Assistenztrainer auf einen anderen Posten weggelobt, einen der Weltmeister nicht nominiert - und das war's.
Da fällt mir glatt ein Spruch von Albert Einstein ein: "die reinste Form des Wahnsinns ist es, alles beim Alten zu belassen und gleichzeitig zu hoffen, dass sich etwas ändert."
Aber - mit einem brauchbaren Spiel (und Ergebnis) gegen Frankreich und noch ein, zwei weiteren Siegen ist der Fussballanhänger ganz schnell besänftigt; das Karussell nimmt dann wieder die gewohnte Fahrt auf.