Bruder Götze
FC Augsburg Mario hat Deutschland zum WM-Titel geschossen, Felix dem FCA ein 1:1 beim FC Bayern beschert. Weil der Ältere im Tief steckt, widmet ihm der Jüngere seinen Treffer
München Die Frage nach seinem Bruder Mario ließ auch am Dienstagabend in den Katakomben der Allianz-Arena nicht auf sich warten. Doch diesmal ging es nicht darum, was Felix Götze zur derzeit schwierigen Lage des WM-Final-Torschützen bei Borussia Dortmund meint, sondern diesmal stand der junge Profi selbst im Mittelpunkt. Schließlich hatte er dem FC Augsburg mit seinem späten Tor zum 1:1 (87.) einen unerwarteten Punktgewinn beim FC Bayern beschert.
Ob sich Mario, 26, und sein ältester Bruder Fabian, 28, schon gemeldet hätten, wurde Felix, 20, gefragt. „Ich habe noch nicht genau auf mein Handy geguckt, aber ich habe gesehen, dass die beiden mir geschrieben haben.“ Kurz zuvor hatte Götze erzählt, dass er sein erstes Bundesliga-Tor Mario widmen werde: „Der erste Anruf geht an ihn. Ich wäre nicht hier ohne ihn – ohne seine Tipps. Das Tor ist für ihn.“
Mario Götze ist sein wichtigster Ansprechpartner, doch wenn Felix Götze weiter so spielt, wird er bald keine Fragen mehr nach seinem berühmten Bruder geben. Und wenn es aus Augsburger Sicht ein normales Fußballspiel gewesen wäre, hätte er schon am Dienstag die ungeteilte Aufmerksamkeit aller bekommen.
So lief ihm aber die Torhüter-Rochade von Fabian Giefer hin zu Andreas Luthe den Rang ab. Der 31-Jährige beendete die aufkommende Torwartdiskussion dann auch mit einer fehlerfreien Leistung. FCA-Trainer Manuel Baum bestimmte Luthe erst einmal zur neuen Nummer eins. Für den mutigen FCA-Auftritt mit Pressing über das ganze Feld zollte Arjen Robben den Gästen Respekt: „Die anderen Gegner sind nicht so aufgetreten wie Augsburg – Kompliment“.
Dennoch hatten die Bayern genügend Chancen, das Spiel zu entscheiden – wäre da nicht Luthe gewesen. Das 1:0 (47.) durch Roben konnte er zwar nicht verhindern, doch von Sandro Wagner, Serge Gnabry, Renato Sanches ließ sich der 31-Jährige nicht überwinden. Und so belohnte Götze seine Mitspieler in der mit 75000 Zuschauern wie immer ausverkauften Allianz-Arena mit dem 1:1. Doch so richtig jubeln wollte und konnte er nicht. Dabei hatte er sich für seine erstes Bundesliga-Tor viel vorgenommen. „Beim ersten Tor wollte ich natürlich ausrasten und mich riesig freuen. Aber ich habe den Bayern so viel zu verdanken. Ich war vier Jahre hier, jeder hat mich gut behandelt, mir viel mit auf dem Weg gegeben.“
Mit 16 war der gebürtige Dortmunder 2014 von Borussia Dortmund ins Internat des FC Bayern gewechselt. Schon im April 2016 hatte ihn der damalige Bayern-Trainer Pep Guardiola zum Training der Profis geholt und auch unter Carlo Ancelotti und Jupp Heynckes war er immer mit dabei. Als die Bayern im Mai ihren 28. Meistertitel auf dem Rathausbalkon feierten, durfte Götze die Schale auch in die Höhe strecken, dreimal war er im Bundesliga-Kader, gespielt hatte er aber nie.
Dies wäre im roten Starensemble auch in dieser Saison schwierig geworden. Darum wollte er, trotz Vertrages bis 2019, wechseln. Der FCA bekam davon Wind und griff zu. „Das ist der Vorteil unserer kurzen Entscheidungswege. Ein Anruf und wir haben die Sache durchgezogen“, freute sich FCA-Manager Stefan Reuter. Gut auch, dass Manuel Baum Götze schon als Bayern-Youngster aus seiner Arbeit als Cheftrainer im Nachwuchsleistungszentrum kannte. Und gut auch, dass Bruder Fabian, der seine Karriere schon beendet hat, ein Jahr unter Baum bei der SpVgg Unterhaching gespielt hat. Man kennt sich eben. Felix Götze kam ablösefrei und unterschrieb bis 2022 ohne eine festgesetzte Rückkaufssumme, was nicht heißt, dass sich die Bayern nicht doch irgendwelche Rechte an einer möglichen Wertschöpfung haben festschreiben lassen.
Die könnte auch für den FCA irgendwann üppig ausfallen, wenn Götze sich so weiterentwickelt. Bei Bayern gut ausgebildet, bekommt er beim FCA jetzt auch Spielpraxis. Nicht als Innenverteidiger, so firmiert er fast überall, beim FCA sehen sie ihn im defensiven Mittelfeld. Dazu lernen, spielen. „Das sind Argumente, mit dem wir junge Spieler, die wir für interessant halten, überzeugen“, sagt Reuter. Dass Götze schon am Sonntag beim Heimspiel gegen den SC Freiburg (18 Uhr) sein Startelf-Debüt geben wird, ist seit Dienstag nicht unmöglich.
FCA-Trainer Baum freute sich auf jeden Fall für Götze. „Es ist unglaublich, welche Geschichten der Fußball da wieder schreibt.“ Zuerst habe er den Torschützen gar nicht erkannt. „Dann hab ich einen hochroten Kopf in der Traube gesehen. Da habe ich gewusst, der Felix hat es geschossen.“ Felix Götze ist sein Alleinstellungsmerkmal ein wenig peinlich: „Es ist leider schon immer so gewesen, dass, sobald ich eine körperliche Anstrengung mache, rot anlaufe. Da hab ich früher schon ein paar Sprüche abbekommen: Ampel, Tomate.“ Er lacht. Er muss sich deswegen auch nicht schämen. Der rote Kopf könnte sein Markenzeichen werden. Wie bei seinem Ex-Trainer Jupp Heynckes. Dessen Spitzname war „Osram“.
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