Das Biotop FC Augsburg
Spieler, die bei FC Augsburg sind, wollen bleiben. Doch der Wohlfühlfaktor alleine reicht nicht aus, um neue zu holen.
Gestern hatte Jan Moravek, 23, ganz schön zu schleppen. Drei Kartons mit neuen Fußballschuhen der Marke „Nike“ trug er zu seinem Auto. Die wird er in den nächsten Jahren brauchen, gab der Bundesligist am Mittwoch seine vorzeitige Vertragsverlängerung bis 2017 bekannt.
FCA wollte Moravek halten
„Wir haben schon nach der Rückrunde vereinbart, dass wir uns zusammensetzen, wenn die Sommervorbereitung beginnt. Das haben wir gemacht. Es war nicht so kompliziert. Der FCA wollte, dass ich bleibe, ich wollte bleiben“, erklärte der tschechische Mittelfeldspieler zufrieden.
Dabei hätte Moravek ein gutes Blatt für ein Erfolg versprechendes Pokerspiel in der nahen Zukunft in der Hand gehabt. Denn der Mittelfeldspieler war einer der auffälligsten Akteure bei der Mission Klassenerhalt. Nach einer Zahnoperation im Winter, ihm wurden alle vier Weisheitszähne und damit mögliche Entzündungsherde entfernt, konnte er endlich schmerzfrei trainieren und spielen. Und plötzlich zeigte sich, warum ihn Schalke 2009 in den Ruhrpott holte. Moravek ist kreativ bei Ballbesitz, aber bissig wie ein Terrier bei der Balleroberung. Eigenschaften, die auch im Mittelfeld eines Spitzenklubs gefragt sind und die dort höher entlohnt werden.
FCA Umfeld ist ruhig
Moravek ging es bei seiner Unterschrift aber weniger um das Finanzielle: „Ich bin ja erst 23.“ Er will sich hier stabilisieren: „Ich will zeigen, dass ich länger als ein halbes Jahr konstant auf hohem Niveau spielen kann und mich weiterentwickeln.“
Dafür bietet der FCA ein fast ideales Biotop. Das Umfeld ist ruhig, die Spieler können sich als Privatperson in der Stadt unbefangen bewegen und der Konkurrenzkampf ist noch nicht so giftig wie bei anderen Vereinen. Zudem gehören die dankbaren FCA-Fans zu den besten der Liga. Argumente, die Moravek und seine Freundin Teresa, 23, überzeugten. „Wir fühlen uns hier sehr wohl.“
Auf Schalke hat Moravek die Kehrseite erlebt. Es waren nicht nur die Schuhe („Wir mussten mit Adidas spielen. Die passten nicht.“), die Probleme machten. Moravek, damals 20, kam in der Ellenbogengesellschaft dieses Top-Teams nicht zurecht. Es folgten die üblichen Ausleihen. Zuerst nach Kaiserslautern, dann zum FCA. Hier fand Moravek Halt und Vertrauen, das er jetzt mit seiner Unterschrift zurückzahlte.
Nicht alle Profis in Ausgburg glücklich
Aber nicht alle Profis werden in Augsburg glücklich. Moraveks Landsmann Milan Petrzela zählte dazu. „Er hatte ein bisschen Probleme mit der Sprache. Das erste Jahr ist immer schwierig, das war auch bei mir so mit dem Deutschlernen. Man muss das erste Jahr einfach überleben. Ich glaube, er hat zu früh aufgegeben“, sagt Moravek, der mit Petrzela weiter Kontakt hat. „Er spielt jetzt wieder bei Viktoria Pilsen und hat in der Champions-League-Qualifikation schon wieder getroffen. Ich habe das Gefühl, er ist wieder zufrieden.“ So wie Moravek in Augsburg.
Er ist nach Callsen-Bracker, Mölders, Baier und Verhaegh der fünfte Schlüsselspieler, der sich vorzeitig weiter an den FCA gebunden hat. Spieler, die einmal hier sind, wissen die weichen Standortfaktoren durchaus zu schätzen, aber um neue Spieler nach Augsburg zu holen, reichen sie alleine nicht aus. Da zählt die harte Währung Euro. So soll der FCA laut Kicker für den Hamburger Stürmer Artjoms Rudnevs 2,5 Millionen Euro geboten haben. Dem HSV war dies angeblich zu wenig.
Egal, ob dieses Gerücht stimmt oder nicht, es zeigt, dass der FCA mit seinen Ansprüchen – Manager Stefan Reuter betonte zuletzt immer wieder, dass ein Neuzugang den Verein weiterbringen müsse – oft an seine finanzielle Grenzen stößt.
Gehaltsgefüge nicht auf den Kopf stellen
Da geht es nicht nur um die aufgerufene Ablöse, sondern auch um das geforderte Gehalt. Denn nicht alles, was vielleicht bezahlbar ist, ist auch sinnvoll. Wenn ein möglicher Neuzugang plötzlich 150 000 Euro im Monat oder mehr verdienen würde und damit deutlich höher eingruppiert wäre wie ein derzeitiger Leistungsträger, wäre das Gehaltsgefüge schnell auf den Kopf gestellt. So ist Reuter weiter auf der Suche nach einem Offensiv- und einem Defensivakteur, bei denen alles passt.
Moravek sieht den FCA aber auch jetzt schon gut aufgestellt: „Ich bin überzeugt, dass wir genauso marschieren können wie in der Rückrunde.“ Moravek will mit vorangehen, in neuen Schuhen.
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