Das Pech bleibt Martin treu
Erneut wirft den Zeitfahrweltmeister eine Reifenpanne zurück. Bradley Wiggins dagegen gewinnt die gestrige Etappe und baut seine Führung in der Gesamtwertung aus
Besançon Zwei Briten setzen die Radsportwelt in Erstaunen und lähmen die bisherigen Protagonisten: Bradley Wiggins, 32, und Christopher Froome, 27, feierten beim 41,5 Kilometer langen, sonnen- und menschenüberfluteten Zeitfahren von Arc-et-Senans nach Besançon einen grandiosen Doppelsieg. Geschlagen wurden der „Maître“ dieser Disziplin, Fabian Cancellara, und der Vorjahrssieger Cadel Evans.
Zugegeben, Wiggins ist ausgesprochener Spezialist im Kampf gegen die Uhr, trägt seit dem Coup des Sky-Duos am Samstag in den Vogesen das Gelbe Trikot, verteidigte es im Stil eines großen Champions und ist nicht erst seit gestern der erklärte Favorit auf den Sieg dieser 99. Tour de France.
„Ein großer Tag. Ich bin wohl mein bestes Time Trial gefahren“, sagte der souveräne Sieger. Absolute Professionalität, die Erfahrung von zehn Jahren auf der Bahn, vor allem aber „die absolute Leidenschaft fürs Radfahren“ seien die Gründe für den Erfolg. Da sitze ein „Mensch und keine Maschine“ auf dem Rad.
Wiggins hat sich durch seinen Husarenritt erst einmal abgesetzt: 1:53 Minuten Vorsprung vor Evans, und dann folgt schon Froome mit 2:07 Minuten. Der „Edelhelfer“ war sogar schneller als der Schweizer „Chrono-Champion“ bei Tour und Weltmeisterschaften.
Am Samstag hatte Froome die Bergankunft vor Evans und Wiggins gewonnen. Diesmal wurde der Australier als Sechster deklassiert, um 1:43 Minuten. Der Engländer siegte in 51:24:50 (48,44 km/h) Minuten mit 35 Sekunden Vorsprung vor seinem Landsmann. Cancellara (+ 57 Sekunden) wurde Dritter.
Bester Deutscher war der bereits 37-jährige Andreas Klöden als Zehnter (+ 2:09), nun auf Rang 15 Im Klassement. Bester Deutscher – diese Bezeichnung war eigentlich für einen anderen reserviert, für Tony Martin. Der saß gestern auf der Straße, schwitzte im hautengen Rennanzug und lehnte sich an einen Laster. Es gibt gewiss bequemere Sitzplätze für einen abgekämpften Weltmeister, um den Medien von seinem erneuten Pech zu berichten. „Es hat eine Explosion gegeben.“ So dramatisch beschrieb der Radstar die Panne nach fünf Kilometern.
Der Hinterreifen war mit einem lauten Knall geplatzt. Martin konnte das Schlingern des Hinterrades abfangen und einen Sturz gerade noch vermeiden. Schlimmer als die verlorene Zeit war die Qual, den „total verlorenen Rhythmus, vor allem aber die verlorene Moral wiederzufinden“.
Dennoch legte Martin, als 112. des Klassements früh gestartet, Bestzeit mit 53:40 Minuten vor und musste als möglicher Kandidat für den Tagessieg im Zielbereich warten. Drei Stunden lang, bis Fabian Cancellara um 1:19 Minuten schneller durchs Ziel raste. Martin haderte mit seinem Pech. „Es kann nicht sein, dass mir schon wieder so etwas passiert.“ Mit Jochbein- und Kieferfrakturen bei einem Trainingsunfall im Frühjahr hatte die Pechsträhne begonnen. Dann plagten ihn Panne beim Prolog und Sturz auf der ersten Etappe mit schmerzlichen Folgen: Bruch des Kahnbeins an der linken Hand. Seine Aufgabe am heutigen Dienstag, dem Ruhetag, nach einem Gespräch mit Teamarzt und Teamleiter ist wahrscheinlich.
Das Zeitfahren am 1. August bei den Olympischen Spielen ist nun einmal das große Saisonziel. „Jetzt, sagt der Arzt, gebe es keine Probleme für London – wenn ich weiterfahre schon.“ In Besançon wurde Tony Martin Zwölfter (2:16). In London ist Platz eins geplant.
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