Deutschland kämpft gegen Lettland ums Viertelfinale
Die drohende Abstiegsgefahr bei der Eishockey-WM ist vorerst gebannt. Doch schon am Samstag steht im Spiel gegen Lettland ein "Endspiel" an.
Ausflug statt Eishalle, Viertelfinalchance statt Abstiegsangst: Am freien Tag an der dänischen Ostküste beschworen Eishockey-Star Leon Draisaitl und die verbliebenden Olympia-Silbergewinner die Rest-Hoffnung auf das eigentliche WM-Ziel. Nach dem abgewendeten Debakel schnauften die Nationalspieler am Donnerstag mal durch und sammelten bei einer Stadtbesichtigung in der rund eine Stunde entfernten Kulturmetropole Aarhus Kräfte für die wohl letzte Chance auf die K.o.-Runde. Am Samstag ist ein Sieg gegen Lettland (12.15 Uhr/Sport1) notwendig, um doch noch wie in den vergangenen beiden Jahren das WM-Viertelfinale erreichen zu können. "Es ist ein Endspiel für uns ums Viertelfinale", sagte DEB-Präsident Franz Reindl. "Wir sind im Rennen, es geht immer noch."
Ab jetzt gibt es nur noch "Do-or-Die-Spiele"
Mit dem Coup von Gastgeber Dänemark am Mittwochabend in Herning gegen den zweimaligen Champion Finnland (3:2) sanken die Chancen auf einen Platz unter den Top Acht zwar noch einmal. Noch ist die K.o.-Runde aber auch mit bislang nur fünf Punkten aus vier Spielen möglich. "Die können die Großen genauso ärgern wie wir es auch an einem Tag können, wenn wir an die Leistungsgrenze gehen", sagte Stürmer Patrick Hager. Er ist sich aber der komplizierten Aufgabe bewusst: "Für uns sind alle Spiele, die jetzt kommen, Do-or-Die-Spiele." Auch Bundestrainer Marco Sturm, der dem Ausflug fernblieb und sich der Videoanalyse widmete, meinte, dass sich durch die Überraschung der Dänen "wenig verändert" habe: "Wir gehen unseren Weg weiter. Wir sind bereit."
Neben einem Sieg über Lettland trauen sich Topstar Draisaitl, die zehn Sensations-Zweiten von Pyeongchang und ihre WM-Kollegen auch die Überraschung und wohl benötigten Punkte gegen den 26-maligen Champion Kanada oder die starken Finnen zu. "Ich glaube an die Chance, dafür sind wir auch hier", erklärte Reindl. Yannic Seidenberg meinte: "Wir wollen alle Spiele gewinnen. Das Turnier ist noch nicht vorbei."
Bundestrainer Marco Sturm ist vorsichtiger. Der 39-Jährige ist eigentlich derjenige, der genau dieses Denken seiner Spieler haben will: Warum nicht auch die Großen schlagen? Damit führte er sein Team im Februar bei Olympia zu Siegen gegen die Großmächte Schweden und Kanada und am Ende zum größten Erfolg des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) überhaupt. Diesmal tritt Sturm aber öffentlich als Mahner auf.
"Es ist immer noch Luft nach oben"
Wie sehr er auf das Viertelfinale schiele? "Das ist eigentlich momentan kein Thema", antwortete Sturm. "Lettland ist das Einzige, was uns interessiert." Mit einem Sieg gegen die Letten würde sich die WM nach dem schlechtesten WM-Auftakt seit fünf Jahren mit drei Niederlagen doch noch ins Positive wenden, findet Sturm.
Nach den vielen Absagen, Rücktritten und Verletzungen hat die Auswahl nicht die Klasse der Turniere in den vergangenen drei Jahren unter Sturm. Der enorm ehrgeizige Coach hat nicht die Qualität beisammen, auf die er gehofft hatte. Mit ernster Stimme fordert er, dass sich seine Mannschaft weiter steigern müsse: "Es ist immer noch Luft nach oben. Wenn man gegen Lettland gewinnen will, muss man zulegen. Wir müssen kompakter stehen. Wir lassen teilweise immer noch zu viele klare Torchancen zu."
Für Samstag zur ungewohnten Mittagszeit rechnet der 39-Jährige wieder mit einem "interessanten, rassigen" Spiel. So wie es das vor zwölf Monaten war, als sich das deutsche Team mit einem nervenaufreibenden 4:3 nach Penaltyschießen gegen die Balten bei der Heim-WM den Einzug ins Viertelfinale sicherte.
Selbstvertrauen für ein erneut immens wichtiges Duell sammelte die im Umbruch befindliche Mannschaft mit dem 6:1 gegen Außenseiter Südkorea und dem ersten WM-Sieg im vierten Spiel. Mit der Sorge über den drohenden ersten sportlichen Abstieg seit neun Jahren muss sich der verjüngte Silbergewinner vorerst nicht mehr beschäftigen. Den Schwung aus dem torreichen Auftritt gegen den wahrscheinlichen Absteiger wollen die Deutschen mitnehmen. "Das Zusammenfügen des Puzzles, es funktioniert jetzt", sagte Reindl hoffnungsvoll nach zuletzt stärker werdenden Leistungen des neuformierten Teams. (dpa)
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