Ecclestone mag Aserbaidschan lieber als Hockenheim
Das waren noch Zeiten, als die Formel 1 selbstverständlich in Deutschland ihre Runden drehte. Doch wenn's ums Geld geht, kennt der Boliden-Boss keine Freunde mehr.
Willkommen in der schrillen Welt der Formel 1. Es ist faszinierend zu beobachten, wie Bernie Ecclestone eine große, graue Asphaltfläche hinter der Boxengasse von Hockenheim innerhalb weniger Stunden in ein Hochglanz-Fahrerlager mit klimatisierten Gourmet-Tempeln verwandelt. Aber ebenso schnell zieht Bernie Ecclestone wieder ab. Geschichte und Tradition zählen nicht.
Ecclestones Kasse muss stimmen und der Formel-1-Investor CVC zufrieden sein. Rund 60.000 Zuschauer kamen an den Hockenheimring. Der Veranstalter schrieb eine schwarze Null. Sinken die Besucherzahlen weiter, wird Hockenheim, das einen Vertrag mit dem Formel-1-Promoter bis 2018 besitzt, bald aus dem Kalender verschwinden.
Das mögen Traditionalisten bedauern, Bernie Ecclestone sieht es pragmatisch. Der Fleisch gewordene Dagobert Duck aus Großbritannien hat nur Dollarzeichen in den Augen. Er zieht vorzugsweise dorthin, wo das Geld ist und wo sich Alleinherrscher ein bisschen internationales Sportflair kaufen. Die Grand Prix in der Türkei, in Korea oder in Indien waren nicht lukrativ genug und sind aus dem Rennkalender verschwunden. Aber es stehen genügend Interessenten auf der Liste des ehemaligen Gebrauchtwagen-Händlers.
Die Traditionsstrecken werden aus dem Kalender verschwinden
Nach 23 Jahren Pause wird Mexiko 2015 einen WM-Lauf austragen. 2016 startet die Formel 1 in Aserbaidschan. Sportminister Azad Rahimov teilte gestern mit, dass die Verträge für das Rennen auf einem Stadtkurs in Baku unterzeichnet sind. Was sich aus geografischen Gründen förmlich aufzwingt: Das kleine Land am Kaspischen Meer, im Norden an den Iran grenzend, trägt den „Großen Preis von Europa“ aus.
Das ist die Zukunft der Formel 1. Weil in den Randstaaten Europas, also in Deutschland, Italien oder Frankreich, die Bürger zu Recht darauf drängen, keine staatlichen Subventionen in ein PS-Spektakel zu pumpen, werden die Traditionsstrecken aus dem Kalender verschwinden. Drin ist, wer zahlt.
In München kennt sich Ecclestone besser aus als im Fahrerlager
Der Chefvermarkter hat genügend Alternativen an der Hand. Die Premiere in Sotschi ist für den 12. Oktober geplant. In Long Beach (USA) soll bald gefahren werden. Für London gibt es offenbar eine Animation. Nach unbestätigten Gerüchten ist auch München im Gespräch.
Dort kennt sich Bernie Ecclestone inzwischen besser aus als im Fahrerlager. Der Traum: Nico Rosberg und Sebastian Vettel duellieren sich mit 340 Sachen auf dem Mittleren Ring. Am Geld wird es nicht scheitern. Irgendwo müssen die 44 Millionen Dollar an Bestechungsgeldern für Bankvorstand Gerhard Gribkowsky doch geblieben sein.
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