VfB Stuttgart: Ein ganz normaler Aufsteiger
Der Traditionsverein träumt von der Rückkehr zu alter Stärke. Noch aber erfüllt der Mannschaftskader nicht die Ansprüche an die Bundesliga
Nach einem Jahr ist der VfB Stuttgart wieder dort, wo er sich richtig aufgehoben fühlt: in der Bundesliga. Das Projekt „drinbleiben“ ist nun mindestens so anspruchsvoll wie im vergangenen Sommer der Auftrag „aufsteigen“.
Wie hat das Jahr in der 2. Bundesliga Verein und Umfeld verändert?
Vor wenigen Wochen wurde auch beim VfB die Profiabteilung in eine Aktiengesellschaft ausgegliedert. Das ist die größte strukturelle Veränderung. Viel wichtiger jedoch: Die Euphorie rund um die Mannschaft ist nach dem ersten Abstieg seit 40 Jahren nicht geringer, sondern größer geworden. Die Kulisse in der Mercedes-Benz-Arena war im Unterhaus erstklassig, die Zahl der Mitglieder schnellte um etwa 10000 auf 56.000 in die Höhe. Präsident Wolfgang Dietrich sagte über den Zuspruch etwas überspitzt und stolz: „Beim VfL Wolfsburg kommen 15.000 Zuschauer zu einem Champions-League-Spiel. Das ist bei uns öffentliches Training.“ Stadt, Verein und Mannschaft sind enger zusammengerückt.
Ist der Kader stark genug für die Bundesliga?
Klare Antwort: Noch nicht. Bisher hat der VfB mit Ausnahme des 28-jährigen Torhüters Ron-Robert Zieler nur Fußballer im Alter zwischen 19 und 22 Jahren verpflichtet. Und in Ergänzungsspieler Ailton nur einen Verteidiger. Die Planungen für die Offensive sind abgeschlossen. In der Defensive aber besteht dringend Handlungsbedarf – und die Zeit läuft Sportvorstand Jan Schindelmeiser davon. Abwehrchef ist Timo Baumgartl ist auch gerade einmal 21 Jahre alt. Es steckt viel Talent im Kader – die große Frage aber ist, ob sich etwa die jungen Flügelflitzer, die in der 2. Bundesliga die Gegner schwindelig gespielt haben, in der Eliteklasse durchsetzen können.
Wie lässt Trainer Hannes Wolf im Oberhaus spielen?
Der 36-jährige Coach hat seine Methoden und seine Spielweise nach dem Sprung von der Dortmunder Jugend in die zweite Bundesliga nicht verändert und ist damit gut gefahren. Kontrollierte Offensive wird weiterhin das Prinzip sein. Gut möglich, dass er häufiger eine statt zwei Spitzen aufbieten und insgesamt mehr taktische Varianten einstudieren wird. Wolf weiß aber auch: In der vergangenen Runde haben fünf Mannschaften weniger Gegentreffer bekommen als Meister Stuttgart (37) und die 75 kassierten Tore in der Abstiegssaison davor waren ein verheerender Wert. Ohne das Hurra nach vorne abzuschaffen wird der VfB Stuttgart gerade als Aufsteiger verstärkt auch auf die Defensive achten (müssen).
Wird Stürmer Simon Terodde auch in der Bundesliga treffen?
Das ist noch so eine große Frage. Der lange verletzte Daniel Ginczek hat bewiesen, dass er ein Bundesligastürmer ist. Terodde war zwei Mal in Folge mit 25 Treffern Zweitligatorschützenkönig, hat im Oberhaus trotz fünf Einsätzen in der Saison 2010/2011 für den 1. FC Köln aber noch nie ein Tor erzielt. „Ich muss meine Leistung bringen, dann werde ich auch in der Bundesliga treffen“, sagt der 29-Jährige.
Hat der Klub das Potenzial, wie von Präsident Wolfgang Dietrich erträumt, mittelfristig die dritte Kraft im deutschen Fußball zu werden?
Dietrichs Vorgänger Bernd Wahler ist eine ähnliche Aussage mal um die Ohren geflogen. Der aktuelle Präsident aber ist mit seinen Träumen von der Rückkehr zu alter Stärke nicht alleine. Und es gibt ja positive Beispiele von Vereinen, die durchgestartet sind. Nicht nur Red Bull Leipzig. In Stuttgart denken viele an Mönchengladbach. Und Dietrich an Dortmund.
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