„Für ihn war es wie eine Erlösung“
In Augsburg wuchs er auf, in Italien erlebte er seine größten Erfolge. Helmut Haller war ein Weltstar. Gestern endete für ihn eine schwere Leidenszeit. Er starb mit 73 Jahren.
In seiner Heimat wurde er geachtet, in Italien liebten sie ihn und hätten ihm gerne schon zu seiner aktiven Zeit als Fußballprofi ein Denkmal gebaut. Helmut Haller war ein Weltstar. Gestern Abend starb einer der besten Fußballer, die dieses Land je gesehen hat, im Alter von 73 Jahren. Im Kreise seiner Familie schlief der wohl populärste Augsburger Sportler aller Zeiten friedlich für immer ein.
„Für ihn war es wie eine Erlösung“, sagte seine Tochter Karin, die ihn in den vergangenen Jahren zu Hause in ihrer Wohnung in Stätzling (Landkreis Aichach-Friedberg) liebevoll gepflegt hatte. Helmut Haller war krank. Dass es um ihn nicht gut stand, das wussten zunächst nur seine Familie und ganz enge Freunde. Zu denen auch Sepp Fuchs gehörte. Er kannte Haller seit mehr als 40 Jahren. Eine enge Freundschaft hatte sich in diesen Jahrzehnten gebildet. Der Gastronom aus Steppach (bei Augsburg) half der Familie, wo es nur ging, und war auch an Hallers Sterbebett. „Er hat seit einigen Tagen kaum noch etwas gegessen, wir ahnten, dass es wohl bald zu Ende gehen wird“, berichtete Fuchs gestern Abend.
Im Jahr 2006 erlitt er einen schweren Herzinfarkt
An Weihnachten 2006 begannen die Leiden des ehemaligen Fußballprofis. Helmut Haller erlitt einen schweren Herzinfarkt, lag einige Tage auf der Intensivstation des Augsburger Klinikums. Doch mit dem ihm eigenen Optimismus und nach einem Aufenthalt in einer Rehaklinik in Schwangau im Allgäu kehrt er bereits Ende Januar wieder nach Hause zurück.
„Ich hab’ doch wichtige Themen“, sagte er damals lächelnd und dachte da in erster Linie an seine Aufgaben bei der Sepp-Herberger-Stiftung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB). Für diese Organisation arbeitete er als Repräsentant, nahm Termine in Strafanstalten oder Kinderheimen wahr.
Im August 2009 folgte der nächste Rückschlag. Haller musste sich einem schwierigen chirurgischen Eingriff an der Hauptschlagader unterziehen. Eine Operation, die Spuren hinterließ. Gehen und Sprechen fielen ihm immer schwerer.
Helmut Haller wurde zum Pflegefall
Er litt unter Demenz. Kurzzeitgedächtnis, Motorik und Denkvermögen wurden zusehends schlechter. Helmut Haller wurde ein Pflegefall. Seit seinem 70. Geburtstag, den er noch zusammen mit ehemaligen Nationalmannschaftskollegen wie Uwe Seeler, Bernd Patzke oder Wolfgang Fahrian und seiner aus den USA angereisten Schwester Erna feiern konnte, verschlechterte sich sein Zustand weiter.
Der im Augsburger Stadtteil Oberhausen geborene Haller, den sie nur „Hemad“ nannten, hatte seine große Karriere beim BC Augsburg begonnen. Er stand bald im berühmten Notizbuch Sepp Herbergers und wechselte 1962 als einer der ersten deutschen Fußballer nach Italien zum AC Bologna. Dort avancierte „Il Biondo“ (der Blonde) schnell zum Liebling der Massen, feierte in seinem zweiten Jahr mit seinem Team den „Scudetto“ (Meisterschaft) und wurde 1964 als erster Ausländer überhaupt zu Italiens „Fußballer des Jahres“ gekürt.
„Helmut war einer der ganz Großen. Er konnte mit dem Ball umgehen wie kaum ein Zweiter“, schwärmte etwa der ehemalige italienische Nationalspieler und heutige Trainer der irischen Auswahl, Giovanni Trapattoni.
In Italien auch nach der Karriere ein gefeierter Held
Für die dortigen Gazetten war er „20 Jahre nach der Besetzung Italiens durch die Nazi-Truppen der erste große Deutsche“. Noch Jahrzehnte nach dem Ende seiner Karriere auf dem Apennin, die er dort 1973 bei Juventus Turin beendete, öffneten sich für den Ballkünstler fast alle Türen. Ein Beispiel: Vor dem Uefa-Cup-Finale in Turin zwischen Juve und Borussia Dortmund kam er ohne große Kontrollen durch die Carabinieri ins eigentlich hermetisch abgeschirmte Trainingsquartier der Italiener in Villar Perosa und wurde von Superstars wie Roberto Baggio oder den dort ihre Brötchen verdienenden Deutschen Jürgen Kohler oder Andreas Möller herzlichst begrüßt.
1973 kehrte Haller aus dem Süden zurück in die Heimat und schnürte für den FC Augsburg die Stiefel. Er sorgte für eine Euphorie, wie man sie in der Stadt nicht kannte. Die Region verfiel ins Fußballfieber, Haller führte die Mannschaft als Kapitän auf Anhieb zur Regionalligameisterschaft. Nur um einen einzigen Punkt wurde in den Aufstiegsspielen der Sprung in die Bundesliga verpasst. 23 000 Zuschauer sangen damals in der Rosenau im Schnitt das „Hallerluja“.
Privat lief es bei Helmut Haller dagegen nicht immer rund. Seine drei Ehen scheiterten, auch die letzte mit der Kubanerin Noraimy, die sich bald von ihm trennte.
Bis zuletzt zog es ihn immer wieder in die neue Augsburger Arena. Der Platz vor der Haupttribüne wurde nach ihm benannt. Nicht nur dort wird der Name Helmut Haller immer präsent bleiben.
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