Meisterhaft
Die Dortmunder wollen noch nicht über den Titel reden. Das erledigen dafür die Münchner für sie. Nach einem spektakulären Spiel ist die Favoritenfrage geklärt
Auf die Frage nach einer möglichen Wachablösung im deutschen Fußball wollte Mats Hummels nicht taktieren. „Es kann natürlich sein, dass es in diesem Jahr einen anderen Meister gibt“, sagte der Nationalspieler nach dem 2:3 des FC Bayern München im spektakulären Spitzenspiel bei Borussia Dortmund. „Wenn man sieht, wie der BVB spielt, und dass er sieben Punkte vorn ist, wäre es arg vermessen, es nicht für realistisch zu halten, dass es in diesem Jahr so kommen könnte“, erklärte der Weltmeister von 2014.
Seine Bosse Hasan Salihamidzic und Karl-Heinz Rummenigge schwärmten derweil lieber von einer „tollen Leistung“ und „sensationellem Charakter“. Auch Präsident Uli Hoeneß zeigte sich angesichts der Leistung bei Sky „bis Weihnachten wieder optimistisch“. Bei der Suche nach dem Titelkandidaten käme aber „an Dortmund keiner vorbei“. Die Statistik zumindest sagt, dass die Bayern einen solchen Rückstand zu einem vergleichbaren Saison-Zeitpunkt bisher nicht mehr aufholen konnten. Dennoch versprach Hoeneß: „Wir werden die Meisterschaft bis zum letzten Spieltag spannend halten.“ Auch Joachim Löw sieht keinen Grund, den Serienmeister der vergangenen sechs Jahre bereits abzuschreiben. „Dass es mal so eine Phase gibt, ist normal. Die Mannschaft ist auch ein bisschen im Umbruch“, sagte der Bundestrainer.
Es ist schon kurios: In den vergangenen Jahren fehlte es an Münchner Gegnern, um die Liga spannend zu machen. Nun müssen die Bayern versprechen, für Spannung zu sorgen. Schon dies zeigt die veränderte Perspektive nach nur elf Spieltagen. Zwar beherrschten die Bayern den BVB im hochklassigen Gipfeltreffen, das quasi als Werbespot für die Bundesliga in über 200 Ländern live übertragen wurde, eine Halbzeit lang. Doch dann deckten die Dortmunder die Münchner Schwächen in vielen Bereichen auf.
Eine Machtverschiebung deutet sich an. Damit dies nicht dauerhaft ist, kündigte Hoeneß schon mal an: „Im nächsten Sommer wird sich das Gesicht der Mannschaft ziemlich verändern.“ ("Randbemerkung) Vorstandschef Rummenigge empörte sich aber eher über eine unfreiwillige Bierdusche auf der Tribüne nach dem 2:3. Auf den neuerlichen Beweis von fehlenden taktischen Vorgaben oder zumindest ihrer Umsetzung reagierte er demonstrativ gelassen. „Seit sechs Jahren gab es eine Dauerparty von Bayern München“, sagte er: „Heute hat Dortmund mal wieder die Nase vorne. Das muss man mal akzeptieren. Und bis Weihnachten eine Serie hinlegen.“
Doch es knirscht augenscheinlich weiter im Bayern-Gefüge. Torhüter Manuel Neuer fühlte sich jedenfalls von seinen Kollegen häufig im Stich gelassen. „Dortmund hatte viel mehr als drei Chancen“, sagte Neuer: „Es hat immer wieder gebrannt. Immer war wer frei.“ Die Dortmunder wirken derzeit nicht nur flexibler, dynamischer und kompakter, sondern auch fitter. Und vor allem haben sie den jüngeren und breiteren Kader. Während Siegtorschütze Paco Alcácer (73. Minute) am elften Spieltag das elfte Dortmunder Joker-Tor schoss, kamen bei den Bayern kaum Impulse von der Bank.
Dennoch sei es „noch viel zu früh, über den Meistertitel zu sprechen“, sagte der wieder einmal starke Marco Reus, der die beiden Bayern-Führungen durch Robert Lewandowski (26./52.) zweimal egalisierte (49./Foulelfmeter/67.). „Nichts“ würde der Ausgang des Top-Spiels für die Vergabe der Meisterschaft bedeuten, versicherte Reus hartnäckig und schwärmte lieber blendend gelaunt über die Qualität des Liga-Gipfels. (dpa)
Borussia Dortmund Hitz – Piszczek, Akanji, Zagadou, Hakimi – Witsel, Weigl (46. Dahoud) – Sancho, Reus, Bruun Larsen (82. Delaney) – M. Götze (59. Alcácer) Bayern München Neuer – Kimmich, Boateng, Hummels (65. Süle), Alaba – Müller (82. S. Wagner), Javi Martínez, Goretzka – Gnabry (74. Sanches), Lewandowski, Ribéry Tore 0:1 Lewandowski (26.), 1:1 Reus (49./Foulelfmeter), 1:2 Lewandowski (52.), 2:2 Reus (67.), 3:2 Alcácer (73.) Schiedsrichter: Manuel Gräfe (Berlin) Zuschauer 81365 (ausverkauft)
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