Neue Bundestrainerin: Massive Kritik an Berufung von Steffi Jones
Die Beförderung von Steffi Jones als Bundestrainerin der Frauen-Fußballnationalmannschaft stößt auf Unverständnis. Kritik gibt es vor allem wegen einem Grund.
Noch immer weiß Bernd Schröder nicht, ob er sich darüber aufregen soll. Zumindest wunderte sich der Coach von Turbine Potsdam, was in der Verbandszentrale beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ausgeheckt worden ist. „In der freien Wirtschaft gibt es so etwas nicht, dass anderthalb Jahre vorher eine so weitreichende Entscheidung getroffen wird“, kritisiert der dienstälteste Trainer der Frauen-Bundesliga.
Zunächst hatte der 72-Jährige geglaubt, es sei ein Aprilscherz, dass Steffi Jones im September 2016 auf den Posten der Bundestrainerin wechseln und Silvia Neid beerben soll. „Ich kann Steffi gut leiden“, sagt Schröder, „aber wenn sie nicht einen sensationellen Mitarbeiterstab bekommt, wird sie einen ganz schweren Stand haben.“
Jones wird vor allem wegen ihrer fehlenden Erfahrung als Trainerin kritisch gesehen. Skepsis klingt sogar beim 1. FFC Frankfurt an, wo die 111-fache Nationalspielerin reihenweise Titel einheimste. „Ich war überrascht, dass der DFB sich in der Frage so früh festlegt“, erklärt Manager Siegfried Dietrich, der Jones bis 2007 beraten hat. „Ich wünsche mir sehr, dass sie diesen völlig neuen Anforderungen und der großen Herausforderung einer völlig neuen Rolle gerecht wird. Eine Mannschaft zu coachen, speziell die bestens ausgebildeten Fußballerinnen, erfordert natürlich eine differenzierte Qualität als Trainerin.“
Umstrittenes Experiment in Zeiten der wachsenden Professionalität im Frauenfußball
Die Mehrzahl der Frauen-Vereine soll die Personalie zumindest erstaunt aufgenommen haben, doch kaum einer will sich mit dem Verband anlegen, der den Klubs finanziell kräftig unter die Arme greift.
Klar ist: Der Zweijahresvertrag für die 42-jährige „Kaiserin“ darf als Experiment gewertet werden in einer Phase, in der der Frauenfußball in Skandinavien, Nordamerika und Frankreich immer professioneller wird. Dass auf dem Trainersektor ein Mangel an qualifizierten weiblichen Vertreter besteht, ist unbestritten: DFB-Chef Niersbach hat gerade aus einer Uefa-Statistik zitiert, dass nur ein Prozent der Trainerschein-Absolventen Frauen seien.
Selbst hierzulande, wo bislang 26 Frauen den Fußballlehrerschein bestanden haben, besteht Nachholbedarf: Mit der ehemaligen Nationalspielerin Inka Grings (MSV Duisburg) ist aktuell nur eine Cheftrainerin bei den zwölf Teams der Frauen-Bundesliga tätig. Es mutet wie Ironie an, dass die U-20-Weltmeistertrainerin Maren Meinert als erste Frau den deutschen Trainerpreis bekam. Die logische Beförderung als Neid-Nachfolgerin lehnte Meinert aus persönlichen Gründen ab; noch fühlt sich die 41-Jährige im Nachwuchsbereich zu wohl.
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