Noch ein Wolfsburger Experiment
Der Fußball-Bundesligist VfL Wolfsburg hat Valérien Ismaël als Trainer entlassen. Was ist von Nachfolger Andries Jonker zu halten?
Es gibt Trainerentlassungen, die für Außenstehende vom Himmel fallen. Dirk Schusters Rauswurf in Augsburg zum Beispiel. Der Typ hat beim FCA fortgesetzt, was ihm in Darmstadt das Prädikat Trainer des Jahres eingetragen hat. Punktemäßig lag er im Soll. Trotzdem Tschüs. Schade sagt jeder, der mit ihm am Spielfeldrand gelitten, ihn als aufrechten Kerl erlebt hat.
Es gibt Trainerentlassungen, die brechen einem das Herz. Vergangene Woche hat Leicester City Claudio Ranieri entlassen. Ausdrücklich hat der Klub die berufliche Kompetenz und menschliche Wärme des römischen Signore hervorgehoben. But why did your fire him? Nur, weil es gerade talwärts geht? Nie hätten sie ihn entlassen dürfen. Berufliche Kompetenz UND menschliche Wärme – wo gibt’s denn so was noch?
Signore Ranieri hat die Gurkentruppe aus Leicester vergangene Saison zum ersten Meistertitel in der 133-jährigen Klubgeschichte geführt. Die Spieler haben den Alten geliebt. Die Welt bestaunte ein Fußballmärchen. Wunder dieser Art aber wiederholen sich nicht. Leicester stürzte ab und Ranieri musste gehen. Ob es seine Schuld ist? Eher nicht. Aber egal. Einer muss es gewesen sein. Zwischen einem Hin- und Rückspiel in der Champions League haben sie ihn entlassen, so, als wäre er irgendein Trainer. Einer wie, sagen wir, Valérien Ismaël, geschasst in Wolfsburg.
Ismaël trifft kaum Schuld an der Wolfsburg-Krise
Der VfL, einer der finanzstärksten Klubs der Bundesliga, steht inzwischen am Abgrund. Ismaëls Schuld? Kaum. Der Franzose ist bei den Niedersachsen in einen Abwärtssog geraten, den er nicht stoppen konnte und dem er von Beginn an nicht gewachsen war. Ismaëls Entlassung war absehbar und muss einem nicht das Herz brechen.
Seine Verpflichtung als Nachfolger von Dieter Hecking war ein Experiment, an das nicht einmal die Klubspitze selbst geglaubt hat. Klaus Allofs, der als Sport-Direktor für das Ismaël-Engagement und andere falsche Personalentscheidungen verantwortlich war, hat das Desaster beim Volkswagen-Klub schon vor Monaten den Job gekostet. Nun kommt Andries Jonker, 54. Wie Ismaël eher ein zweiter als ein erster Mann. Das nächste Wolfsburger Experiment. (Mehr dazu: Der neue Wolfsburger Schick)
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