Rechnung mit vielen Unbekannten
Vor dem Spiel beim VfL Wolfsburg ist sich Trainer Jos Luhukay nur sicher, dass 30 Punkte nicht reichen werden. Wo er die notwendigen Zähler holen will, weiß er aber auch nicht genau
Augsburg Unruhige Tage erleben derzeit die Bundesliga-Profis in Köln und Berlin. Am Mittwoch mussten die FC-Spieler beim Training auf dem Weg zum Platz von Sicherheitsleuten vor wütenden Fans beschützt werden. Gestern leitete mit Frank Schaefer ein neuer Übungsleiter seine erste Übungseinheit, nachdem Stale Solbakken nach der Niederlage in Mainz doch noch entlassen wurde. In Berlin beschloss das Präsidium, die Mitgliederversammlung nicht wie geplant einige Tage nach Saisonende abzuhalten, sondern erst Ende Mai. Wohl auch aus Angst vor Tumulten nach dem möglichen Abstieg.
Und was passiert beim FC Augsburg (30 Punkte)? Der Tabellenfünfzehnte steckt nach zwei Niederlagen zu Beginn der englischen Woche fast genauso tief wie der 1. FC Köln (29 Punkte) und Hertha (27) mitten im Abstiegssumpf. Doch da bietet sich das fast schon surrealistische Kontrastprogramm im Kampf um den Klassenerhalt. Am Mittwoch beobachten nur eine Familie aus Baar (Lkr. Aichach-Friedberg) und ein Rentner das Vormittagstraining. Als die beiden Mädchen Andreas Rettig später noch um ein Erinnerungsfoto baten, stellte sich der am Saisonende scheidende FCA-Manager gerne dazu.
Der FCA konnte sich also im Gegensatz zur Konkurrenz ganz in Ruhe auf das Auswärtsspiel (15.30 Uhr) beim VfL Wolfsburg vorbereiten. „Da sind wir klar im Vorteil“, sagt Manager Rettig. Die Erwartungshaltung in Augsburg sei eine ganz andere: „Wir haben immer gesagt, dass wir vom ersten Spieltag an den Kopf in der Schlinge haben und Abstiegskampf angesagt ist.“
Da ist es schon eine Überraschung, dass der FCA vier Spieltage vor Saisonschluss den Kopf überhaupt noch über dem Wasser hält. Das honorieren die Fans. Doch das Wohlfühlambiente alleine wird nicht reichen, um den Klassenerhalt zu sichern. Der FCA braucht noch den einen oder anderen Sieg. Davon ist auch Trainer Jos Luhukay überzeugt: „Mit 30 Punkten werden wir die Liga nicht halten können.“
Gegen wen der FCA die notwendigen Zähler noch holen soll, weiß Luhukay nicht so genau. Mit Wolfsburg (Auswärts), Schalke (Heim), Gladbach (A) und Hamburg (H) hat der Aufsteiger mit das deftigste Restprogramm der Abstiegskandidaten. Alle Gegner haben noch viel zu verlieren oder zu gewinnen. Am liebsten würde er mit dem Punkten heute beginnen. „Mit einem Sieg wäre die englische Woche positiv abgeschlossen“, sagt Luhukay.
Das Gleiche denkt aber auch Wolfsburgs Trainer Felix Magath. Er sagt: „Es wird ein schwerer Gang. Aber unsere Mannschaft muss einen Gegner wie Augsburg im eigenen Stadion schlagen.“ Denn in Wolfsburg träumt man weiter von der Europa League. Dabei kann Magath wieder mit Patrick Helmes planen. „Er fühlt sich wie neu und freut sich auf das Spiel.“ Damit ist das Offensiv-Duo Helmes und Mario Mandzukic wieder komplett.
Von solch einer Qualität im Sturm kann Luhukay, der weiter auf Stephan Hain (Oberschenkelverhärtung) verzichten muss, nur träumen. Er ist schon froh, dass Torsten Oehrl in dieser Woche wieder voll trainiert hat. Er trug einen wichtigen Teil zum Aufschwung der letzten Wochen bei, der jetzt von Bayern und Stuttgart abrupt gestoppt wurde. Ob Oehrl schon in Wolfsburg eine Alternative ist, will Luhukay erst heute entscheiden.
Luhukay muss viele Unbekannte in seine Rechnung, deren Ergebnis der Klassenerhalt sein soll, einkalkulieren. Er kann es in Ruhe tun.
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