Streit unter den deutschen Ironman-Athleten
Sebastian Kienle und Patrick Lange gehören auf Hawaii zu den Favoriten – und sind sich spinnefeind. Der Zwist wird in aller Öffentlichkeit gepflegt.
Kurz vor dem größten Rennen, dass es im Triathlon gibt, zoffen sich die beiden besten Deutschen in aller Öffentlichkeit. Am Samstagabend unserer Zeit springen die besten Triathleten der Welt in den Pazifik vor der Küste von Big Island. Das ist die größte Insel des hawaiianischen Archipels und jedes Jahr Schauplatz einer der härtesten sportlichen Herausforderungen. Wer den Ironman dort gewinnt, darf sich Weltmeister nennen, vor allem aber ist er Hawaii-Sieger.
Patrick Lange und Sebastian Kienle haben schon auf Hawaii gewonnen – der eine im vergangenen Jahr, der andere 2014. Ansonsten verbindet die beiden wenig. Das hat damit zu tun, dass sie eine ziemlich gegensätzliche Auffassung davon haben, wie eine Renntaktik aussehen soll. Es geht um Grundsätzliches. Kienle, ein guter Radfahrer, greift in einem Interview mit der FAZ seinen Kontrahenten frontal an. „Ich kann guten Gewissens behaupten, dass ich mit allen Profis gut auskomme, nur Doper und Leute, die ständig probieren, die Regeln maximal zu dehnen und oft auch überschreiten, bilden da die Ausnahme“, sagte er. Lange sei einer, der die Regeln maximal dehne. Stein des Anstoßes ist der Abstand, den die Triathleten beim Radfahren einhalten müssen. Zwölf Meter sind vorgeschrieben, um den Effekt des Windschattenfahrens zu minimieren. Denn klebt ein Radler nur wenige Zentimeter hinter dem Rückrad seines Vordermanns, spart das bis zu 25 Prozent Kraft. Auf der 180 Kilometer langen Radstrecke eines Ironmans ist es aber faktisch unmöglich für die Kampfrichter, diesen Abstand immer zu überprüfen.
Kienle: „Lange hat in den vergangenen vier Jahren immer wieder Zeitstrafen wegen Windschattenfahrens, Blocking oder Coaching bekommen, auch auf Hawaii. Wenn das einmal passiert, dann kann es sein, dass ein Kampfrichter einen Fehler gemacht hat oder dem Athleten das aus Versehen passiert ist, aber wenn das ständig passiert, ist es kein Zufall.“
Ironman-Athlet Kienle lässt die Kritik nicht auf sich ruhen
Der Gescholtene, der vermutlich stärkste Läufer im Feld, ließ das nicht lange auf sich ruhen. Niemand motiviere ihn mehr als Kienle, ließ er wissen. In der Vergangenheit seien ein paar Sachen von dessen Seite gekommen, die nicht hätten sein müssen. „Dass wir aneinandergeraten, ist programmiert, weil er es verachtet, wenn man auf der Radstrecke nicht die Bäume ausreißt, vorneweg fährt und die Offensive sucht, sondern so wie ich meine Renntaktik gestaltet. Ich richte mich auf dem Rad eher nach den anderen, ich bleibe dran, versuche immer, legal zu fahren, halte lieber zwei Meter mehr Abstand als vorgeschrieben. Ich fahre aber, wenn ich mich an einem starken Radfahrer orientiere, eher hinterher.“
Es prallen also zwei Welten aufeinander, wenn Kienle und Lange gegeneinander antreten. „Die beiden sind nicht unbedingt die besten Freunde“, sagt auch der Münchner Faris Al-Sultan, Langes Trainer und Hawaii-Sieger von 2005. Sein Schützling ist bei den Buchmachern der Topfavorit. Im vergangenen Jahr stellte er in 8:01,38 Stunden einen Streckenrekord auf.
Dahinter folgen Kienle, der in diesem Jahr Roth gewann, und Lionel Sanders, der Vorjahreszweite von Hawaii. Vierter im Bunde der Topfavoriten ist der Spanier Javier Gómez Noya. Hinter diesem Quartett lauern mehrere Geheimfavoriten. Zum Beispiel der Australier Cameron Wurf. Er stellte im vergangenen Jahr einen neuen Rekord auf der Radstrecke auf, wechselte als erster zum Laufen und wurde auf Platz 17 durchgereicht. Zuletzt allerdings steigerte er seine Marathon-Bestzeit um fast zehn Minuten.
Nicht am Start ist Jan Frodeno, der sich eine Stressfraktur in der Hüfte zugezogen hat. Unter der Saison hatte er sich in beeindruckender Verfassung gezeigt und wäre wohl als haushoher Favorit ins Wasser gesprungen. So aber bleibt ihm nur die Zuschauerrolle. Aus seiner Präferenz macht er kein Geheimnis. Lange habe zwar beeindruckende Rennen auf Hawaii gezeigt. Aber: „Ich drücke natürlich Sebi die Daumen – wie immer, wenn ich selbst nicht am Start bin. Der ist einfach ein cooler Typ, hat Charakter, Ecken und Kanten“, sagte er tri-mag.de.
Einfacher ist eine Prognose bei den Frauen. Dort wird kein Weg an der Schweizerin Daniela Ryf vorbei führen. Sie hält den Streckenrekord 8:46,46 Stunden und gewann in den vergangenen drei Jahren.
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