„Unser Champions-League-Erfolg“
Hoffenheim feiert den Klassenerhalt und vor allem seinen Trainer Markus Gisdol
Kaiserslautern Plötzlich ein Getrampel und Geschreie: Nein, nicht etwa wütende Lauterer Fans stürmen die Pressekonferenz, sondern eine wilde Horde halb nackter Spieler – es sind die Hoffenheimer, bewaffnet mit Bierdosen, die sie über ihrem verdutzten Trainer Markus Gisdol ausleeren. Mit dem 2:1 auf dem Betzenberg hat die TSG 1899 nach dem 3:1 im Hinspiel auch den zweiten Relegationsvergleich mit dem Südwest-Rivalen 1. FC Kaiserslautern gewonnen und bleibt damit Bundesligist. „Das ist unser Champions-League-Erfolg“, tönte Stürmer Sven Schipplock wie im Rausch.
„Wir standen so oft schon mit einem Bein in der zweiten Liga“
Teamkollege Niklas Süle bedauerte etwas: „Ich bin erst 17, ich darf ja noch nichts trinken.“ Feiern wollte er trotzdem. „Wir standen so oft schon in der Saison mit einem Bein in der zweiten Liga, jetzt können wir es krachen lassen.“ Süle, der gleich nach seiner Einwechslung (60.) mit seiner Rettungstat den Ausgleich verhindert hatte, wusste, wem er in der Stunde des Triumphs zu danken hatte – Trainer Gisdol: „Es ist nicht selbstverständlich, in so einem Spiel einen 17-Jährigen zu bringen.“
Gisdol fand das gar nicht einmal so besonders („Ich habe ihn nicht gebracht, weil der 17 ist, sondern weil er gut ist“), steht so etwas doch für die Rückbesinnung auf die Hoffenheimer Wurzeln, mit denen er aus einer Retortentruppe wieder eine Mannschaft gemacht hat. Selbst ausgebildete junge Spieler einsetzen, das war mal die TSG-Philosophie, von der zuletzt nicht mehr viel übrig war. Und nun war ausgerechnet einer Matchwinner, der unter Gisdol auch schon in der U23 gespielt hat: Jannik Vestergaard.
Entschlossen wuchtete er eine Salihovic-Flanke per Kopf zum 2:1 ins Tor (75.). Ein wichtiger Treffer, denn der FCK hatte sich längst nicht aufgegeben, nachdem Alexander Baumjohann (65.) die TSG-Führung durch David Angel Abraham (44.) ausgeglichen hatte.
Die Gastgeber hatten bei hohem Aufwand und unbändiger Leidenschaft zu wenige Abschlüsse, um die Erstklassigkeit der Hoffenheimer wirklich entscheidend zu gefährden. „Wir waren sehr fokussiert auf dieses Spiel“, lobte Gisdol seine Mannschaft, die es geschafft hatte, das Gerede über den Betzenberg und die dort möglichen Wunder ebenso auszublenden wie die beinahe schon in allen Stadien bundesweit verbreitete Antipathie gegen Präsident Dietmar Hopp. Gisdol war beinahe gerührt, dass jeder Spieler, gefragt oder ungefragt, zu Elogen über seine Person ansetzte. „Der Schlüssel zum Erfolg war nicht dieses Spiel, sondern dass mir die Mannschaft ihr Vertrauen geschenkt und dass jeder seine privaten Interessen hintangestellt hat.“
Joker Schipplock, der im Hinspiel das so wichtige 3:1 erzielt hatte, hob vor allem die Hartnäckigkeit des ehemaligen U-23-Coaches hervor, mit der dieser in knapp zwei Monaten mehr erreicht hat als drei Vorgänger. Aus den letzten neun Partien, die Relegation eingerechnet, gab es fünf Siege und zwei Unentschieden. „Wir waren vier, fünf Mal totgesagt. Gisdol ist ein Mensch, der sehr auf Disziplin achtet, er hat aus uns wieder eine Mannschaft geformt.“
Seine Knorrigkeit legte der Erfolgstrainer auch an den Tag, als ihm FCK-Kollege Franco Foda kurz vor Abpfiff per Handschlag gratulieren wollte. Gisdol lehnte das in dem Moment noch ab. Das verstand Foda, der dann eben bei der Pressekonferenz gratulierte. Kein Verständnis aber hatte er für den eingangs beschriebenen Veitstanz der Hoffenheimer. „Etwas Respekt gegenüber dem Verlierer gehört doch auch dazu“, brummte er und ging. Die Meute ging auch. Und sang: „Hoffe ist der geilste Klub der Welt.“
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