Vierschanzentournee: Holt Morgenstern den Sieg?
Es bleibt spannend bei der Vierschanzentournee: Zur Halbzeit steht der junge Österreicher Thomas Diethart an der Spitze der Gesamtwertung. Das könnte sich allerdings bald ändern.
Skispringen in Innsbruck, das gleicht schon seit vielen Jahren eher einer Lotterie. Und bei der gestrigen Qualifikation zum dritten Wettbewerb der Vierschanzentournee garnierten zwei der fünf Top-Favoriten auf den Gesamtsieg das Glücksspiel sogar mit einer Runde Poker. Sowohl Thomas Morgenstern, derzeit Zweiter in der Gesamtwertung, als auch der hinter ihm liegende Schweizer Simon Ammann verzichteten nach zwei guten Trainingssprüngen auf einen Qualifikationssprung. Sie waren wie die übrigen Top Ten des Weltcups gesetzt für den heutigen Wettkampf.
Vor den abschließenden Springen in Innsbruck und am Dreikönigstag in Bischofshofen hier eine Prognose, wer am Ende ganz oben stehen könnte auf dem Tournee-Podest.
Morgenstern hat Erfahrung und Klasse
Thomas Morgenstern, Österreich: Stürze scheinen den 27-jährigen Kärntner nur noch stärker zu machen. Wie vor zehn Jahren, als es ihn in Kuusamo durch die Luft gewirbelt hatte und er hinterher seine beste Tournee sprang, scheint ihm auch der gebrochene kleine Finger an der rechten Hand als Folge seines Sturzes von Titisee-Neustadt nicht wirklich zu beeinträchtigen. Morgenstern flog im Training von Innsbruck auf 125,5 und 128 Meter, packte seine Ski und entschwand noch vor Beginn der Qualifikation ins Hotel: „Morgen wird es windig. Da ist es egal, mit welcher Startnummer man springt. Man braucht in jedem Fall Glück“, sagte der Gesamtzweite aus Österreich, der im K.-o.-Duell auf den Quali-Sieger Anders Fannemel aus Norwegen trifft. Seine Erfahrung und seine Klasse machen ihn zum Anwärter Nummer eins auf seinen zweiten Gesamtsieg nach 2010/2011.
Diethart belegt momentan den ersten Platz
Thomas Diethart, Österreich: Der 21-jährige Niederösterreicher blieb auch gestern nervenstark – obwohl der Druck immer größer wird. „Wenn ich so locker bleibe, wie ich momentan bin, dann ist sicher noch einiges drin“, sagte der 21-Jährige. Mit 123,5 Metern in der Ausscheidung deutete er nach zwei schwachen Trainingssprüngen an, wie stabil er zurzeit ist. Dennoch: Der Druck der über 22 000 Österreicher im Bergisel-Stadion wird nicht spurlos an ihm vorübergehen. Selbst ein Podestplatz in der Gesamtwertung wäre schon eine Riesenüberraschung (siehe Porträt Seite 2).
Ammann konnte die Qualifikation auslassen
Simon Ammann, Schweiz: Es gibt wohl niemanden, der dem 32-Jährigen aus Toggenburg nicht auch einmal einen Tournee-Gesamtsieg gönnen würde. Diesmal scheint der viermalige Olympiasieger näher dran als je zuvor. Zweit- und Viertbester war er in den zwei Trainingssprüngen und ließ danach wie Morgenstern die Quali aus. Pikant: Ammann muss sich damit im K.-o.-Duell erst einmal gegen Shootingstar Thomas Diethart durchsetzen. Das könnte richtungweisend für die Gesamtwertung werden.
Auch mit Japanern und Norwegern ist noch zu rechnen
Noriaki Kasai, Japan: Unglaublich, wie konstant der Senior aus dem Land der aufgehenden Sonne bei der Tournee bislang springt. Vor 15 Jahren (1998/99) war er bereits ganz nah dran am Gesamtsieg, musste damals dem Finnen Janne Ahonen den Vorzug lassen. Mit 41 Jahren wäre er auf dem Podest ein schönes Pendant zum jungen Diethart.
Anders Bardal, Norwegen: Bewies gestern als Fünfter der Qualifikation, dass man ihn noch nicht abschreiben kann. Um aber noch ganz nach vorn zu kommen, müsste er vermutlich zwei Mal gewinnen. Da werden die Österreicher etwas dagegen haben.
Aufsteigende Form bei den DSV-Adlern
Die deutschen Skispringer, mit großen Erwartungen gestartet, werden nichts mit den Podestplätzen am Hut haben. Dazu waren die Leistungen in Oberstdorf und Garmisch zu schwankend. Immerhin zeigten gestern der junge Marinus Kraus als Vierter und Severin Freund als Elfter wieder aufsteigende Form. Auch Andreas Wellinger (Platz 21), Karl Geiger (22.), Andreas Wank (24.), Richard Freitag (32.) und Michael Neumayer (33.) schafften problemlos den Sprung in den Wettbewerb. Bundestrainer Werner Schuster attestierte „individuelle Fortschritte“. Besonders angetan war er von Marinus Kraus, der wie Tagessieger Fannemel auf 127 Meter sprang. „Das ist für Marinus eine gute Ausgangsposition.“
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