Ein Urgestein tritt ab
Wolfgang Groer kennt viele Anekdoten aus der guten, alten Zeit. Von rappenden Spielern, einer falschen Bodensee-Fähre und einer brennenden Rasta-Mähne
Beim Spiel gegen Nördlingen am vergangenen Sonntag war er nicht in der Halle. Zum wahrscheinlich ersten Mal seit 24 Jahren. „Ich kann mich nicht erinnern, dass ich zuvor auch nur ein Heimspiel verpasst habe“, sagt Wolfgang Groer. Nach fast einem Vierteljahrhundert bei den Weißenhorner Basketballern macht der Mann Schluss, der in der Fuggerstadt unter seinem Spitznamen „Wollo“ eine lokale Berühmtheit ist. Groer war Vorstands-Vize, Orga-Chef und wenn er gebraucht wurde, dann hat er die Spieler auch zu Auswärtsspielen gefahren, oder die Tribüne in der Dreifachhalle ganz alleine auf- und abgebaut. Mit ihm zieht sich der letzte Vertreter der guten, alten und schönen Weißenhorner Basketball-Zeit zurück, die geprägt wurde von Persönlichkeiten und Originalen wie Jochen Seif, Wolfgang Hartlieb, Dreierspezialist Manuel „Mauni“ Ungewitter oder den Centerspielern Jürgen „Juxe“ Herold und Thomas Schneider.
Groer kann viele Geschichten und Anekdoten erzählen aus dieser Zeit am Ende des vergangenen und zu Beginn dieses Jahrhunderts. Von den rauschenden Feten im Promenadencafe, bei denen zu vorgerückter Stunde Schneider gerne mit Wirtin Slavi auf dem Tresen getanzt hat oder von der Rap-Einlage der Amerikaner Chris Williams und Rashaad Carter anlässlich der Weihnachtsfeier 2004. Von Carters brennender Afro-Mähne, die mit Weißbier gelöscht wurde. Von seinem eigenen Einsatz als Fahrer bei einer fast 700 Kilometer langen Reise mit sieben Spielern in einem betagten Kleinbus nach Vechta bei Bremen. Von der Begeisterung der norddeutschen Freunde, die in der Nacht nach dem Rückspiel in Weißenhorn an einem folkloristischen Wettbewerb teilnehmen durften, bei dem es darum geht, Nägel in einen Holzklotz zu schlagen. Von einer Reise zum Auswärtsspiel nach Konstanz, bei der drei Spieler in Meersburg aus Versehen die Fähre ins schweizerische Romanshorn nahmen und erst zur Halbzeit in die Halle kamen. Und natürlich vom größten Spiel überhaupt in der Weißenhorner Basketball-Geschichte. Die Mannschaft um Peter Heizer, Mensah Taylor, Florian Möbius und Tobias Waitzinger zerlegte am 25. April 2009 in einem echten Finale um den Aufstieg in die Pro B vor 1500 Zuschauern den Konkurrenten Schwenningen mit 88:70. Damit war aber auch die Zäsur eingeleitet, die Leichtigkeit im Weißenhorner Basketball war ein Stück weit dahin. „Wir waren im Profibereich angekommen und der Aufwand war mit wenigen ehrenamtlichen Kräften eigentlich nicht mehr zu bewältigen“, erinnert sich Groer.
Inzwischen wird das Weißenhorner Basketballgeschäft deswegen von Ulm aus organisiert und Feten werden – wenn überhaupt – nur noch im kleinen Rahmen gefeiert. Es gibt Menschen, die das bedauern, Groer hält diese Entwicklung für unvermeidlich: „Viele Leute in Ulm schwärmen auch noch von den Jahren, als man am Kuhberg gespielt und sich hinterher im Strudel getroffen hat. Die Anforderungen sind gewachsen und die Zeiten ändern sich zwangsläufig.“
Auch im über 24 Jahre vom Basketball geprägten Leben von Wolfgang Groer wird sich jetzt eine Menge ändern. Er hat mehr Zeit, um bei jedem Wetter lange Radtouren durch die Region zu unternehmen, die Weißenhorner Dreifachhalle will er zumindest in dieser Saison nicht mehr betreten. „Jetzt dürfen andere ran, ich muss erst mal Abstand gewinnen. Vielleicht ja in der nächsten Saison ab und zu mal...“ Im Umfeld der Mannschaft kann sich jedenfalls noch niemand den Weißenhorner Basketball ohne Wolfgang Groer wirklich vorstellen.
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