John Bryant: Der Koloss von Gießen
Der Ex-Ulmer John Bryant ist die schillernde Figur beim Spiel seines neuen Teams gegen Ulm. Seine Leistung bringt Thorsten Leibenath dazu, seine Mannschaft scharf zu kritisieren.
Ob das Ulmer Publikum wusste, was da kommen wird? Vermutlich nicht. Es war kurz vor 18 Uhr am Samstagabend, als die Spieler der Gießen 46ers, einzeln vorgestellt, aufs Parkett liefen. So läuft das an jedem Basketballabend in Ulm und ist für die Zuschauer meist nur die lästige Pflicht, ehe es zum großen Spektakel kommt und die Ulmer einlaufen. Am Samstag war es anders. Beim letzten Spieler der Gießener wurde das Publikum laut. John Bryant betrat das Feld. Der Ex-Ulmer, der sich das Münster auf den Rücken tätowieren ließ und sich so auf das Spiel freute, dass er den Termin schon früh im Kalender angestrichen hatte. Am Ende freute er sich sogar so sehr, dass er sensationelle 33 Punkte und 13 Rebounds zur Partie beisteuerte. Die 90:95-Niederlage der Ulmer lag vor allem an dem US-Amerikaner.
Mit seinen 2,11 Metern und 127 Kilogramm ist der 30-Jährige sehr wuchtig. Wenn er sich auf dem Platz bewegt, ist es nicht elegant, nicht grazil und wirkt immer ein wenig, als würde es ihn anstrengen. Aber es ist effizient. Sogar Tim Ohlbrecht, mit 2,10 Metern selbst ein großer Mann, wurde von Bryant unter dem Korb einfach weggeschoben.
Abstand nach erster Hälfte ist für Ulm zu groß
Dementsprechend alt sahen die Ulmer in der Defensive aus. 21:29 stand es schon nach dem Ende des ersten Viertels, John Bryant hatte da mit 13 Punkten seinen Saisondurchschnitt von 16 Punkten pro Spiel fast schon eingeholt. Ulm traf vorne einfach nichts (Trefferquote nicht einmal 50 Prozent) und holte sich unter dem Korb kaum einen Rebound – weder offensiv noch defensiv. Das Fehlen von Luke Harangody und Jerrelle Benimon machte sich bemerkbar. Kapitän Per Günther fehlte ebenfalls. Für sie saßen David Kärmer, Marcell Pongo und Till Pape auf der Bank.
Der Spielverlauf änderte sich auch bis zum Ende des zweiten Viertels nicht. 38:55 stand es da schon, ein großer Abstand von fast 20 Punkten. „Zu groß“, betonte Ulms Trainer Thorsten Leibenath nach dem Spiel. Trotzdem schafften es die Ulmer in der zweiten Hälfte, den Abstand zu verkürzen und zwischenzeitlich bis auf drei Punkte ranzukommen. Das hatten sie im dritten Viertel vor allem Isaac Fotu zu verdanken, der insgesamt 24 Punkte ablieferte.
Über die Defensivschwächen konnte das aber nicht hinwegtäuschen und als die Ulmer dann in der Schlussphase wichtige Würfe vergaben und die Bälle zu leicht hergaben, war klar, dass die Aufholjagd umsonst war. Dabei war der Spieler des Abends, John Bryant, zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr im Spiel. Drei Minuten vor Schluss leistete er sich sein fünftes Foul und musste vom Feld.
Thorsten Leibenath kritisiert Leistung seines Teams
Dass sein Team aus der besseren zweiten Hälfte kein Kapital schlagen konnte, nervte Thorsten Leibenath. „Wenn es in der zweiten Halbzeit geht, gibt es wenige Gründe dafür, weshalb es in der zweiten Halbzeit nicht geht.“ Zuvor hatte Gießens Coach Ingo Freyer die Ulmer als „super gute Mannschaft“ bezeichnet. „Ich tue mir schwer, ihm da zuzustimmen“, entgegnete Leibenath. „Wir zeigen immer in Phasen, dass wir Basketball spielen können und dann gibt es aber Phasen, in der wir Tugenden wie Kampfgeist, Teamplay und Vertrauen vermissen lassen. In diesen Phasen sind wir keine gute Mannschaft.“
Das müssen die Ulmer aber sein, denn in dieser Woche steht ein straffes Programm an. Schon am Mittwoch muss sie in Frankfurt ran (19 Uhr) und am Wochenende wartet das Top-Four in der Ratiopharm-Arena. Außerdem sind die Ulmer in der Tabelle durch die Niederlage einen Platz abgerutscht. Auf Rang sieben stehen sie nun. Das ist zwar immer noch ein Play-Off-Platz, aber die Luft wird dünner.
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