Was das Frundsbergfest mit der Eishockey-WM zu tun hat
Der Mindelheimer Patrick Reimer spielt in Prag seine dritte WM und lässt sich seinen Bart nicht aus modischen Gründen stehen.
Wer modisch seinen Mann stehen will, muss die Stoppeln im Gesicht wachsen lassen. Der Bart ins angesagt. Mehr als die Hälfte der deutschen Nationalspieler bei der Eishockey-WM in Prag ließ den Rasierer zu Hause. Den längsten Rauschebart trägt inzwischen Patrick Reimer, doch bei dem Stürmer hat es nichts mit dem Zeitgeist zu tun. Nein, Reimer bereitet sich gewissenhaft auf das alle drei Jahre stattfindende Frundsbergfest in seiner Geburtsstadt Mindelheim vor. "Da bin ich als Landsknecht im Fähnlein Ems beim traditionellen Umzug unterwegs", erzählt der Allgäuer, der in der Deutschen Eishockey-Liga für Nürnberg stürmt.
Schon in der Grundschule habe er sich auf das Kinderfest gefreut. Er hält die Tradition aufrecht und ist mit seiner ehemaligen Inline-Hockeymannschaft aus Mindelheim im Mittelalter-Verein aktiv. Reimer lebt mit seiner Frau Anja in Nürnberg, doch Ende Juni und Anfang Juli quartiert er sich für das Fest bei seinen Eltern ein.
Bevor er in voller Montur das Lagerleben nachstellt, zieht der 32-Jährige in Prag die Eishockeykluft über und geht auf Torejagd. Recht erfolgreich. Zum 2:1-Auftaktsieg gegen Frankreich steuerte der 66-fache Nationalstürmer ein Tor bei. Am Sonntag (16.15 Uhr/live in Sport1) folgt das Match gegen Tschechien, auf das er sich besonders freut. Gegen den Gastgeber vor über 17000 Zuschauern anzutreten, sei auch für ihn ein WM-Höhepunkt. Und vor allem gegen Jaromir Jagr auf dem Eis zu stehen. Bewunderung schwingt mit, wenn der DEL-Profi sich fragt: "Wie er das mit seinen 43 Jahren macht, weiß ich wirklich nicht. Er ist beweglich und fährt auch noch die Checks zu Ende – ein Führungsspieler."
Deutschland lebt vom Kampf
Eine solche Figur fehlt in der Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes, auch weil NHL-Profis wie Seidenberg und Goc abgesagt haben. Mit diesem Thema beschäftigt sich Reimer bei seiner dritten WM nach 2011 und 2012 jedoch nicht: "Wir Deutschen haben immer schon vom Kampf und Kollektiv gelebt, das müssen wir auch gegen die Tschechen zeigen." Im Kader des WM-Gastgebers stehen neben dem Volkshelden Jagr, dessen Trikot mit der Nummer 68 fast alle Tschechen-Fans tragen, einige NHL-Größen wie Torwart Pavelec (Winnipeg) oder Kapitän Voracek (Philadelphia). Doch Namen schrecken den 1,79 Meter großen Reimer nicht: "Wir können auch gegen die ganz Großen bestehen, das hat man beim 3:4 gegen Schweden gesehen."
Die Taktik gegen den Gastgeber und Weltmeister von 2010 klingt einfach. Ein Forechecker macht Druck auf den scheibenführenden Mann und versucht ihn nach außen zu drängen. Zwei vorgezogene Stürmer und dahinter die zwei Verteidiger bilden einen Abwehrriegel. „Aber wir dürfen nicht so passiv bleiben wie beim 0:10 gegen Kanada, sondern so hart an den Mann gehen wie gegen Schweden“, sagt der Freizeit-Landsknecht und streicht mehrmals die Barthaare glatt.
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