"Die Zeit in Iserlohn war einfach phantastisch"
So manche Eishockey-Spieler sind im Lauf der Zeit von der DEL in die US-amerikanische NHL gewechselt. Einer von ihnen ist Jean-Michael Liles von den Colorado Avalanche, der einst für die Iserlohn Roosters spielte. Unser Sportredakteur Dirk Sing hat den 28-Jährigen in Florida getroffen.
Von Dirk Sing
Die DEL-Saison 2004/2005 werden die deutschen Eishockey-Anhänger wohl niemals aus dem Gedächtnis verlieren. Aufgrund des "Lockouts" in der nordamerikanischen Profiliga NHL zog es zahlreiche Stars wie Marco Sturm, Andy McDonald, Jamie Langenbrunner, Aaron Ward (alle Ingolstadt), Mike York (Iserlohn), Jochen Hecht (Mannheim), Doug Weight (Frankfurt) oder Erik Cole (Berlin) in die DEL.
Für ein derartiges "Abenteuer" entschied sich auch Verteidiger Jean-Michael Liles (Colorado Avalanche), der insgesamt 17 Begegnungen für die Iserlohn Roosters absolvierte. Unser Sportredakteur Dirk Sing traf den 28-jährigen US-Boy anlässlich des Gastspiels der Avalanche in Florida, bei dem es am Ende eine bittere 0:3-Niederlage setzte.
Jean-Michael, die Colorado Avalanche liegt nach nunmehr 33 Partien und 33 Punkten derzeit nur auf Platz zehn in der Western Conference. Wie lautet Ihr bisheriges Saisonfazit?
Liles: Naja, so richtig zufrieden können wir damit natürlich nicht sein. Wir hätten schon einige Zähler mehr auf unserem Konto haben können beziehungsweise müssen. Doch gerade im letzten Drittel haben wir einige Partien völlig unnötig aus der Hand gegeben. Glücklicherweise ist aber noch nicht einmal die Hälfte der regulären Spielzeit absolviert - und wenn es uns gelingt, diese Fehler abzustellen, dann werden wir auch wieder in die Erfolgsspur kommen.
Können Sie Ihre Rolle im Team der Avalanche beschreiben?
Liles: Zum einen versuche ich als Verteidiger natürlich, im eigenen Drittel kompakt zu stehen und den Gegnern möglichst wenig Platz und Chancen zu geben. Zum anderen ist es aber auch meine Aufgabe, mich ins Offensivspiel einzuschalten und sowohl bei "Fünf gegen Fünf" als auch im Powerplay für Druck von der blauen Linie zu sorgen.
Deutschlands Eishockey-Nationaltrainer Uwe Krupp hat während seiner aktiven Laufbahn nicht nur drei Jahre (von 1995 bis 1998) in Colorado gespielt, sondern 1995/1996 auch den Stanley Cup gewonnen. Besitzt der Name Krupp bei der Avalanche nach wie vor Gewicht?
Liles: Oh ja, auf alle Fälle! In unserer Trainingshalle beispielsweise hängen einige Bilder von ihm und seinen damaligen Teamkollegen. Diese Akteure sind sowohl den Fans als auch uns Spielern natürlich allesamt bekannt und es ist schon eine große Motivation, diese Aufnahmen immer wieder zu sehen. Jeder weiß, dass Uwe deutscher Nationalspieler war und während seiner Zeit in Colorado einen erstklassigen Job auf dem Eis gemacht hat.
Stichwort Deutschland: Während des NHL-Lockouts 2004/2005 haben Sie in 17 Partien DEL-Luft bei den Iserlohn Roosters geschnuppert. Welche Erinnerungen sind bei Ihnen hängen geblieben?
Liles: Ich war ja leider nur zweieinhalb Monate in Iserlohn, aber die Zeit dort war einfach phantastisch und unvergesslich! Die Vereins-Verantwortlichen haben sich wirklich toll um mich gekümmert und die Fans waren schlichtweg unglaublich. Eine derartige Stimmung in einer Eishockey-Halle hatte ich bis dahin noch nie erlebt! Es hat mir wirklich sehr viel Spaß gemacht, dort zu spielen. Leider haben wir damals die Play-Off-Teilnahme knapp verpasst, das war schon sehr bedauerlich.
Haben Sie auch heute noch Kontakte nach Iserlohn?
Liles: Zu den jetzigen Spielern nicht, dafür aber zu einigen ehemaligen Teamkollegen. Sowohl mit Mike York, der ja ebenfalls während des Lockouts bei den Roosters gespielt hat, als auch Bryan Adams oder Christian Hommel schreibe ich gelegentlich Emails oder telefoniere auch mal. Dabei gehts es natürlich hauptsächlich um Eishockey beziehungsweise unsere gemeinsamen Erlebnisse in Iserlohn.
Gibt es auch etwas, dass Sie an Deutschland oder den Iserlohn Roosters besonders vermissen? Vielleicht das deutsche Bier?
Liles: (lacht) Oh, das Bier bei euch ist wirklich sehr heftig! Nein, ich vermisse wirklich vieles. Wie ich schon gesagt habe, hatte ich dort eine phantastische Zeit, die für immer in meinem Gedächtnis bleibt. Wenn mich heute ein Spieler fragen würde, ob es eine gute Entscheidung sei, nach Deutschland zu gehen, könnte ich ihn in seiner Entscheidung nur bestärken und zu diesem Schritt raten.
Kommen wir zum Schluss nochmals auf die NHL-Saison 2008/2009 zurück: Was ist in der verbleibenden Punkrunde für die Colorado Avalanche noch möglich?
Liles: Wichtig ist es jetzt zunächst einmal, dass wir eine gewisse Konstanz in unser Spiel bringen. Natürlich trifft uns der verletzungsbedingte Ausfall von Joe Sakic hart, aber das darf keine Entschuldigung sein. Wir müssen ganz einfach als Team noch besser funktionieren und die kleinen Dinge, die letztlich entscheidend sind, auf dem Eis richtig machen. Ich bin jedenfalls überzeugt, dass wir den Einzug in die Play-Offs schaffen.
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