Ehrenhafte Überstunden
Brandon Buck und Patrick McNeill treten für Kanada beim Deutschland-Cup an. Von Stolz, vergessenen Fotos und der „Drohung“ eines Teamkollegen
„Wo hast du das denn her?“, fragt Patrick McNeill, als man ihm ein leicht verschwommenes Mannschaftsbild zeigt und die (schwierige) Aufgabe stellt, sich selbst darauf zu finden. Er zögert etwas, lacht dann und deutet auf einen rotblonden Jungen in der hinteren Reihe, der mit ausgestrecktem Finger gerade in die falsche Kamera guckt.
Über zwölf Jahre ist das Foto alt: McNeill im Kanada-Trikot, World-U17-Hockey Challenge, Goldmedaille. Den bubenhaften Blick hat McNeill behalten. Die Erinnerungen an seinen ersten Einsatz für eine kanadische Auswahl sind allerdings verblasst. „Das dürfte mit Team Ontario gewesen sein“, erinnert sich der ERCI-Verteidiger vage. Trikot und Medaille müssten im TV-Zimmer seines Vaters dahinstauben.
Nun wird ein weiteres gerahmtes, rotes Dress mit Ahornblatt auf der Brust hinzukommen. McNeill wurde gemeinsam mit Brandon Buck für den Deutschland-Cup in Augsburg nominiert und wird bei seinem Senioren-Debüt für Team Canada am kommenden Wochenende auf Deutschland, Slowakei und die Schweiz treffen. Eine dicke Überraschung für den 29-Jährigen, der während der Liga-Pause eigentlich einen Barcelona-Trip mit Frau und Teamkollegen geplant hatte. Jetzt heißt es für ihn: Curt-Frenzel-Stadion statt Sagrada Familia. Doch McNeill bleibt gerne im suppigdeutschen November. „Das wird ein Spaß. Es ist aufregend, für Kanada spielen, dieses Trikot tragen und den Deutschland-Cup erleben zu dürfen“, sagt er.
Letzteres hat Buck bereits getan, wenngleich nicht sonderlich erfolgreich. Beim Deutschland-Cup 2014 belegte das Sturm-Ass mit Kanada den letzten Platz. „Wir haben uns einen Tag vor dem Turnier getroffen, einmal trainiert und nie die Zeit gehabt zusammenzufinden“, erinnert sich Buck. Das soll in diesem Jahr anders werden: Bereits am Montagmorgen reisten er und McNeill nach Budapest, wo gestern ein Vorbereitungsspiel gegen Ungarn stattfand.
Auch wenn Buck schon Deutschland-Cup-Erfahrung gesammelt hat, es kribbelt gewaltig. Er ist ein Vollblut-Kanadier: Als Kind Eishockey in der Einfahrt, Eishockey im Garten, Eishockey überall. Wo in Deutschland jeder Weiler einen Bolzplatz hat, ist gefühlt ganz Kanada eine einzige Eisfläche. „Wenn du so aufwächst, träumst du davon, einmal für Kanada zu spielen“, erzählt Buck, dem man anders als McNeill keine Nationalmannschaftsfotos aus Jugendtagen zeigen kann. Er sei ein Spätentwickler gewesen, sagt er selbst.
Um so größer ist nun die Vorfreude, selbst wenn Buck eine gewisse Müdigkeit nach elf DEL-Partien in 27 Tagen nicht leugnen will und witzelt: „Wahrscheinlich werde ich danach zwei Tage auf der Couch liegen und absolut nichts tun.“ Davor müssen Buck und McNeill allerdings die letzten verbleibenden Kraftreserven aus ihren Körpern herauskitzeln. Dabei treffen sie neben Brady Lamb (Augsburg), Jonathan Matsumoto (München), Jesse Blacker (Nürnberg) und alten Weggefährten aus Übersee-Zeiten nicht nur im eigenen Team auf bekannte Gesichter.
Heißt es am Sonntag (16.30 Uhr) Kanada gegen Deutschland, kommt es nämlich zum internen Panther-Duell: Buck und McNeill gegen Thomas Greilinger, Benedikt Kohl und Thomas Oppenheimer, die alle für den deutschen Kader berufen wurden. „Es wird lustig sein, gegen die Deutschen zu spielen. Da wird nach der Partie bestimmt geprahlt und gestichelt“, sagt Buck. Festgeschriebene Wetten gibt es laut McNeill noch nicht. Einer aber scheint besonders motiviert zu sein: Thomas Greilinger! „Der ’Greile’ will ein paar Leute umhauen“, verrät Buck augenzwinkernd, lacht laut und schickt noch eine versteckte Kampfansage hinterher: „Das werden wir ja sehen.“
Die Diskussion ist geschlossen.