„Er muss als Teamkamerad reifen“
Vor dem Derby gegen Straubing klagt Panther-Trainer Doug Shedden über mangelnde Disziplin. Einen seiner Top-Stürmer nimmt er besonders hart ins Gericht.
Gut zehn Minuten lang lehnten Doug Shedden und Pat Cannone noch an der Bande und steckten die Köpfe zusammen. Die Hälfte der Mannschaft war bereits im Bauch der Arena verschwunden, das Training längst abgepfiffen. Shedden und Cannone aber zeichneten noch imaginäre Linien über das Eis – der Trainer mit der Finger-, sein Assistenzkapitän mit der Schlägerspitze. „Er ist lange im Geschäft. Ich wollte von ihm wissen, was er von der aktuellen Situation des Teams und auch von seiner eigenen Leistung hält. Ich spreche so viel mit den Jungs wie nur möglich“, erklärt Shedden später.
Der Coach hat in diesen Tagen tatsächlich viel zu reden, viel abzuwägen, viel zuzuhören, viel nachzudenken über Dinge. Eigentlich ist er gerade so etwas wie der Opa des ERC Ingolstadt. Das ist gar nicht despektierlich gemeint, er hat das selbst so gesagt. Und es gibt derzeit ja auch Einiges zu besprechen bei den Panthern: das 2:7-Debakel in Mannheim zum Beispiel. Direkt nach der Sonntagspartie hatte Shedden angemerkt, er wolle vor der Analyse noch eine Nacht darüber schlafen.
ERC Ingolstadt: Doug Shedden nennt einige Probleme
Nun, am Tag danach, fällt die Bestandsaufnahme nicht gerade positiv aus: „Ich werde jetzt nicht in die Tiefe gehen und einen auf Einstein machen“, poltert Shedden, um dann doch auszuholen: Das erste Drittel: gut. Aber dann. Unnötige Puckverluste in der neutralen Zone. Eine dumme Strafe von Ryan Garbutt bei bereits laufender Unterzahl. Schlechte Abpraller von Torhüter Jochen Reimer. „Wir hätten Mannheim schlagen können. Aber dafür hätten wir ein großartiges Defensivspiel, tolle Special-Teams und Disziplin gebraucht.“
Das Problem: all das bekommt Sheddens Team gerade nur partiell auf’s Eis übertragen. Die Leichtigkeit des Saisonstarts ist mit der Deutschland-Cup-Pause Anfang November verpufft. „Der Einsatz ist da, aber wir spielen gerade nicht unser bestes Eishockey. Manchmal schießen wir uns in den eigenen Fuß“, sagt Cannone.
Zur Ferienzeit ist der DEL-Kalender traditionell eng getaktet. Sechs Partien sind es noch bis Silvester, ein Scheideweg für den ERCI. Cannone spricht von „Sechs-Punkte-Spielen“ und meint damit auch das heutige Heimderby gegen Straubing (19.30 Uhr). „Wie sie uns damals vermöbelt haben, steckt definitiv noch in unseren Hinterköpfen“, erinnert sich der Amerikaner. Vor wenigen Wochen hatten die Tigers Ingolstadt mit 2:7 nach Hause geschickt.
Zum Jahreswechsel wird sich wohl zeigen, ob der derzeit sechstplatzierte ERCI auch wirklich zu den Top-Teams der Liga gehört. „Es ist eine sehr schwere Zeit, um sich auf seinen Job zu konzentrieren“, sagt Shedden. Die Weihnachtseinkäufe, die einfliegenden Familien aus Nordamerika, all der Trubel. „Das Team, das das am besten überwindet, kann jetzt Boden gut machen.“ Man müsse dafür nur viel über die eigenen Aufgaben reden. „Aber wie wir wissen, hören einige zur Zeit nicht richtig zu.“
ERC Ingolstadt: Müssen Kelleher und Garbutt auf die Tribüne?
Wen der Trainer damit unter anderem meint, ließ sich leicht an den Trikotfarben im gestrigen Training ablesen. Tyler Kelleher und Garbutt flitzten mit orangenen Leibchen über das Eis. Im Normalfall heißt das: kein Einsatz am nächsten Tag. „Wenn du die Jungs anschreist, hören sie nicht. Wenn du ihnen aber ihre Eiszeit nimmst, dann tut ihnen das am meisten weh. Beide müssen disziplinierter werden“, kritisiert Shedden, der vor allem mit Kelleher hart ins Gericht geht: „Er hat vielleicht das größte Talent im Kader. Aber er muss reifen, als Spieler und als Teamkamerad. Man kann Mitspieler kritisieren, aber auf die richtigen Art. Er muss seine Jungs besser unterstützen.“
Ville Koistinen trainierte gar überhaupt nicht. „Instandhaltung, hoffentlich auch mental“, verriet Shedden. Weil mit Colton Jobke (drei Disziplinarstrafen, gesperrt) und Sean Sullivan (Fußverletzung) heute Abend zwei Verteidiger fehlen, wird der Finne wohl dennoch auflaufen. Bis auf die Torwartposition (Timo Pielmeier) sei seine Aufstellung aber noch nicht in Stein gemeißelt, beteuerte Shedden und schob mit fast schon großväterlicher Güte hinterher: „Ich werde da noch einmal eine Nacht darüber schlafen.“
Die Diskussion ist geschlossen.