Axel Bellinghausen erzählt, wie er plötzlich Co-Trainer von Düsseldorf wurde
Der ehemalige FCA-Spieler erzählt, was der FC Bayern damit zu tun hat, dass er jetzt Co-Trainer bei Düsseldorf ist und warum er beinahe einmal verhungert wäre.
Gratulation zum 5:0-Sieg im Pokal gegen RW Koblenz, Herr Bellinghausen. War das eigentlich ihr erster Pokaleinsatz als Co-Trainer bei Fortuna Düsseldorf?
Axel Bellinghausen: Nein, es war mein zweiter Pokaleinsatz als Co-Trainer. Mein erstes Spiel hatten wir am 24. Oktober in der zweiten Runde gegen Gladbach 0:1 verloren. Da saß ich bereits auf der Bank.
Wenige Tage zuvor waren Sie noch Spieler …
Bellinghausen: Ich bin dazu gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Es war klar, dass es meine letzte Saison als Spieler sein würde. Ich hatte gesagt, wenn ich konkurrenzfähig bin, bin ich gerne im 18er-Kader, ansonsten spiele ich auch gerne in der U23. Da habe ich auch ein paar Spiele gemacht. Ich hatte sogar noch einen Zweitliga-Einsatz in Aue. Dann kam die Länderspielpause.
Und der FC Bayern München. Jupp Heynckes holte bei Dienstantritt im Oktober 2017 seine altes Trainerteam mit Hermann Gerland und Peter Hermann zusammen…
Bellinghausen: Hermann war damals unser Co-Trainer. Donnerstagvormittag hat mich Friedhelm Funkel gefragt, ob ich es mir vorstellen könnte, Co-Trainer der Fortuna zu werden. Am Abend habe ich noch bei einem Freundschaftsspiel gespielt und am Freitagvormittag habe ich Friedhelm mitgeteilt: Ich mache es. Ab Montag saß ich dann in einer anderen Kabine und ich war zweiter Co-Trainer hinter Thomas Kleine.
War das nicht ein komisches Gefühl, plötzlich nicht mehr Spieler zu sein, sondern auf der anderen Seite zu stehen?
Bellinghausen: Natürlich. Du hast dein ganzes Leben lang Rot getragen und plötzlich wechselst du die Farbe, bist nicht mehr bei der Übung aktiv dabei, sondern stehst daneben und erklärst das teilweise auch. Aber da bin ich dem ganzen Trainerteam dankbar, weil sie mich an allem teilhaben lassen und auch der Mannschaft, dass sie es mir so einfach gemacht hat.
War es Ihr Plan, die Trainerlaufbahn einzuschlagen?
Bellinghausen: Überhaupt nicht. Wenn wir dieses Interview vor zwei Jahren geführt hätten, dann hätte ich gesagt, nie im Leben wird das mein Weg sein.
Was war ihr Plan?
Bellinghausen: Ich wäre so oder so im Verein geblieben. Es war angedacht, dass ich in der Geschäftsstelle repräsentative Aufgaben wahrnehme. Wenn ich den ganzen Verlauf sehe, habe ich wohl alles richtig gemacht. Näher komme ich an die Jungs nicht mehr ran, als täglich mit ihnen auf der Wiese zu stehen.
Aber Sie haben keinen Trainerschein?
Bellinghausen: Das ist tatsächlich richtig. Das gehe ich jetzt parallel an. Aber dieser Weg war auch nicht ansatzweise vorauszusehen. Dementsprechend habe ich nie darüber nachgedacht. Deswegen stehe ich hinter Friedhelm Funkel und Thomas Kleine, die beide die Fußballlehrer-Lizenz haben, auch etwas im zweiten Glied.
Das Trainerteam hat gute Arbeit geleistet. Die Fortuna kehrt nach fünf Jahren in die 1. Bundesliga zurück.
Bellinghausen: Ja, das ist ein absoluter Traum. Es lief einfach in der vergangenen Saison vieles perfekt.
Was bedeutet der Aufstieg für die Fans und die Stadt Düsseldorf?
Bellinghausen: Man muss es richtig einordnen. Fünf Jahre ist das letzte Bundesligaspiel jetzt schon wieder her und die Zeit dazwischen war alles andere als rosig. Da sind die Leute nicht mehr so in Scharen gekommen. Umso größer ist jetzt natürlich die Euphorie. Die Bundesliga ist ein Riesengeschenk für uns.
Düsseldorf fühlt sich ja auch als Bundesligastandort …
Bellinghausen: Hm, wir haben uns jahrelang so gefühlt, waren aber weit davon entfernt. Jetzt sind wir geerdet und kommen mit einer großen Portion Demut wieder. Wir als Aufsteiger müssen es irgendwie schaffen, drei Mannschaften hinter uns zu lassen. Wir haben einen Etat von 30 Millionen Euro, mit Nürnberg den niedrigsten. Freiburg verkauft Söyüncü für 20 Millionen Euro, Mainz Diallo für 28 Millionen Euro und unser teuerster Einkauf lag bei 2,5 Millionen Euro. Da sagen die anderen: „Ach, wie niedlich.“ Das sind die Größenverhältnisse, in denen wir uns befinden.
Stimmt es eigentlich, dass Sie einen Teil der Vorbereitung nicht mitgemacht haben, weil Sie auf Kreuzfahrt mit Ihrer Frau Silly waren …
Bellinghausen: Richtig. Unsere Planung war, dass nach der vergangenen Saison Schluss sein sollte mit meiner Spielerkarriere. Sie wusste, dass ich gerne eine Norwegen-Kreuzfahrt machen wollte. Dann hat sie hinter meinem Rücken mit unserem Vorstandsvorsitzenden Robert Schäfer den Urlaub besprochen. Ja, und dann kam ich mit meiner Überraschung um die Ecke, dass ich Co-Trainer werde. Als dann der Vertrag verlängert wurde, kam schließlich die Überraschung: die Kreuzfahrt. Zum Glück haben Robert Schäfer und Trainer Friedhelm Funkel gesagt: Das war so abgesprochen und ihr fahrt da schön die zwei Wochen weg. Die Kreuzfahrt war ein absoluter Traum, es war atemberaubend. Und es war auch wichtig, um die Akkus wieder voll zu laden.
Jetzt kommt der FCA zum Auftakt nach Düsseldorf. Neben der Fortuna und Kaiserslautern, der einzige Klub, den Sie ins Herz geschlossen haben.
Bellinghausen: Ich bin einer der wenigen Spieler, der in 15 Profijahren nur drei Klubs hatte. Einer davon war der FCA. Der feiert jetzt sein 111-jähriges Jubiläum und ich bin stolz darauf, ein Teil davon gewesen zu sein.
Sie sind 2009 von Kaiserslautern zum FCA gekommen. Warum?
Bellinghausen: Andreas Rettig und Jos Luhukay haben mich damals vom Weg des FCA überzeugt. Und er war ja mehr als erfolgreich. Im ersten Jahr sind wir erst im Pokal-Halbfinale gegen Bremen gescheitert, dann haben wir noch in der Relegation gegen den Club gespielt. Im zweiten Jahr sind wir direkt hinter Hertha BSC Berlin aufgestiegen und in meiner dritten Saison schafften wir sensationell den Klassenerhalt.
Wie sehen Sie ihre Zeit beim FCA?
Bellinghausen: Da gab es so viele Meilensteine. Die Rosenau wurde verabschiedet, dann durften wir in der Arena das erste Spiel spielen, das war phänomenal. Es war wirklich toll. Die Stadt finde ich auch super. Wir haben uns in Diedorf pudelwohl gefühlt, sind gerne zum Essen ins El Creco nach Steppach gegangen. Es hat alles gepasst.
Und sie haben auf dem Spielfeld immer alles gegeben. Kein Wunder, dass sie Kult in Augsburg wurden. Sie hatten sogar eine eigene Radiosendung. Immer wenn Sie mit ihren Hund Gassi gegangen sind, hat der Radiosender angerufen und sie haben erzählt, was sie gerade so gemacht haben.
Bellinghausen: Ja, es gibt so viele Anekdoten. Was ich mein Leben lang nicht vergessen werde: ganz am Anfang hatten wir keine Lebensmittel und wollten einkaufen gehen. Aber es war alles zu und es war auch kein Sonntag. Bis uns ein Augsburger aufgeklärt hat, das Friedensfest ist. Das kannten wir bis zu diesem Zeitpunkt ja noch nicht.
Die FCA-Fans haben Ihnen ja sogar verziehen, dass ihr Autokennzeichen A-XL 1895 war. Das Gründungsdatum von Fortuna Düsseldorf.
Bellinghausen: Das war ja mehr ein Spaß. Aber im Ernst, Manager Andreas Rettig hat mich mal darauf angesprochen, was mit meinem Kennzeichen ist. Da habe ich ihm geantwortet: ich hätte auch lieber A-FC 1907, aber das hat ja schon der Präsident. Das war damals Walther Seinsch. Schon war ich fein raus.
Warum war nach 25 Bundesligaspielen 2012 Schluss beim FCA?
Bellinghausen: Zum einen hatte ich eine dreimonatige Leidenszeit mit meinem Knie hinter mir. Zudem hat man mir frühzeitig signalisiert, dass der Verein nicht mehr mit mir plant. Das fand ich absolut in Ordnung. Es waren komplett saubere Gespräche. Es war wunderbar, weil beide Seiten mit offenen Karten gespielt haben. Als sich für mich die Möglichkeit ergab, nach Hause, nach Düsseldorf zu wechseln, gab es für mich nichts anderes als zuzugreifen.
Der FCA startet in Düsseldorf in seine achte Bundesliga-Saison in Folge. Hätten Sie das gedacht?
Bellinghausen: Das ist unglaublich, phänomenal, weil in Augsburg richtig gute Arbeit geleistet wird. Da braucht man kein Komma setzen. Es ist kein Zufall, wenn man acht Jahre hintereinander in der Bundesliga spielt, es wird viel richtig gemacht.
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