Bobadilla verleiht dem FCA Flügel
Der Stürmer sorgt mit seinem ebenso späten wie spektakulären Siegtreffer in Braunschweig dafür, dass die Augsburger vor dem letzten Spiel der Saison von Europa träumen dürfen.
Selbst im voll besetzten Gästeblock im Braunschweiger Stadion herrschte sekundenlang vollkommene Stille. Raúl Bobadilla hatte in der Nachspielzeit (90.+4), Sekunden vor dem Schlusspfiff, das 1:0-Siegtor für den FC Augsburg mit einem zirkusreifen Heber aus 20 Metern erzielt. Es schien, als konnten die über 1 000 Augsburger Anhänger ihr Glück so schnell nicht fassen. Und auch die Eintracht-Fans, die in den vorausgegangenen 93 Minuten wie eine blau-gelbe Wand hinter ihrer Mannschaft gestanden waren, verfielen in eine Art Schockstarre. Er war ruhig wie in einer Aussegnungshalle. Erst als Schiedsrichter Christian Dingert Sekunden später diese denkwürdige Partie abpfiff, kam wieder Leben in die Szenerie.
Die FCA-Fans feierten ihr Team mit lauten „Europapokal, Europapokal“-Gesängen, die Braunschweiger versuchten ihre Mannschaft nach dem Tiefschlag in letzter Sekunde mit viel Beifall im Abstiegskampf wieder aufzurichten. Denn beide Bundesligisten dürfen vor dem entscheidenden 34. Spieltag weiter von einem erfolgreichen Saisonabschluss träumen.
Die Europa League zum Greifen nahe
Wenn auch an entgegengesetzten Ecken der Tabelle. Der FCA (49 Punkte) hat nach der 0:2-Niederlage des FSV Mainz 05 nur noch einen Punkt Rückstand auf den FSV und damit auf Platz sieben, der zur Teilnahme an den Qualifikationsspielen zur Europa League berechtigen würde. Braunschweig (25 Punkte) kann im Schneckenrennen um den Klassenerhalt nach den Niederlagen des Hamburger SV (27 Punkte) und des 1. FC Nürnberg (26) immer noch auf den Sprung auf den Relegationsplatz hoffen. FCA-Trainer Markus Weinzierl freute sich so diebisch, als hätte er für sich und seine Spieler eine hohe Europa-Prämie ausgehandelt. „Man muss sich das einmal auf der Zunge zergehen lassen. Der FC Augsburg spielt am 34. Spieltag um den Europapokal.“
Dafür sorgte Weinzierl mit einem Vabanquespiel in einer turbulenten Schlussphase, in der beide Trainer alles riskierten. Die Zwischenstände der anderen Partien waren via Smartphones auf den Trainerbänken bekannt, auch wenn sie im Stadion nicht durchgesagt wurden.
Und da beide Mannschaften bei einer Niederlage wenig verlieren, mit einem Sieg aber viel gewinnen konnten, lieferten sie sich einen hemmungslosen Schlagabtausch. „Ich denke, so offensiv haben wir noch nie gespielt. Ohne Sechser haben wir alles auf eine Karte gesetzt. Wenn du dann belohnt wirst in der 94. Minute mit so einem Tor, ist es sensationell“, erklärte Weinzierl.
Der Mann mit dem Flügel-Tattoo lässt den FCA abheben
Dabei hätte der FCA schon bis zur 75. Minute alles klarmachen können. Doch Mölders, Esswein und Ji vergaben. So musste Torhüter Marwin Hitz am Ende erst zweimal spektakulär reagieren, damit Bobadilla den perfekten Schlusspunkt setzen konnte. Gerade der Argentinier mit dem Flügel-Tattoo auf dem Rücken verlieh dem FCA Flügel. Noch in der Vorwoche war er wegen einer Disziplinlosigkeit aus dem Kader gestrichen worden.
Der FCA war auf jeden Fall ein professioneller Nebendarsteller im Überlebenskampf der Bundesliga. „Wir haben gegen den HSV und Braunschweig gewonnen“, erklärte später FCA-Manager Stefan Reuter. Dass „sein“ 1. FC Nürnberg die Steilvorlage wohl nicht verwerten kann, steht auf einem anderen Blatt.
Zum Saisonausklang spielt der FCA nächsten Samstag daheim gegen Eintracht Frankfurt. Die längst ausverkaufte Partie wird zum Fernduell mit Mainz (siehe nebenstehenden Info-Kasten). „Wir haben es nicht in der eigenen Hand, aber wir haben Mainz unter Druck gesetzt. Sie müssen gewinnen, wenn wir unser Heimspiel gewinnen. Dementsprechend werden wir reingehen“, sagt Weinzierl, der sich nun unbedingt durch den geöffneten Türspalt Richtung Europa zwängen will. Es wäre die Krönung einer schon jetzt sensationell verlaufenen Saison.
Und für seinen trotzig optimistischen Eintracht-Kollegen Torsten Lieberknecht („Wir hätten es am meisten verdient drinzubleiben, auch wenn es romantisch klingt“), der mit der Eintracht zum Showdown nach Hoffenheim muss, hatte Weinzierl auch noch aufmunternde Worte parat: „Am letzten Spieltag die Liga zu halten ist immer am allerschönsten. Wir haben das in der vergangenen Saison erlebt und das wünsche ich euch auch.“
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