Halil Altintop: "So wenig habe ich noch nie gespielt"
Halil Altintop spielt so wenig wie noch nie in seiner Karriere. Eine Verbitterung darüber ist bei ihm nicht auszumachen. Warum er an den Klassenerhalt seiner Mannschaft glaubt.
In Mainz waren es nur sechs Minuten. Es lief die 84. Minute, als Trainer Markus Weinzierl Halil Altintop für Raúl Bobadilla noch einwechselte. 2:4 lag der FCA hinten, das Spiel war eigentlich verloren, doch Altintop versuchte noch einmal alles. Es nützte nichts mehr. „Wir wollten versuchen, noch den Anschlusstreffer zu machen. Wenn man spielt, egal wie lange, will man gewinnen“, sagt Altintop ein paar Tage später.
Altintop: „So wenig wie in diesem Jahr, habe ich in meiner Laufbahn noch nie gespielt."
In der vergangenen Saison war der 33-Jährige noch einer der Stützen im Team von Weinzierl. 31 Spiele absolvierte er, war als schlitzohriger Vorlagengeber der Stürmer und umsichtiger Lückenschließer kaum zu ersetzen, erzielte drei Tore und gab sechs Vorlagen. Beide Seiten waren zufrieden, sein Vertrag wurde bis 2017 verlängert.
Im Frühjahr 2016 ist alles anders. Trainer Weinzierl hat für Altintop in der Bundesliga nur noch selten Platz. Der FCA kämpft gegen den Abstieg und Altintop ist nur Teilzeitarbeiter. „So wenig wie in diesem Jahr, habe ich in meiner Laufbahn noch nie gespielt. Deswegen bin ich natürlich mit der persönlichen Situation nicht zufrieden“, sagt Altintop. Gerade einmal 679 Minuten von 2520 möglichen. Doch Altintop zeigt Verständnis: „Wir haben derzeit vielleicht spielerisch den besten Kader der Vereinsgeschichte. Und da gibt es Härtefälle. Aber man muss sein Ego hinten anstellen, weil es nur um den FC Augsburg geht. Unser Ziel ist der Klassenerhalt. Dafür werde ich alles tun, egal ob auf dem Platz oder außerhalb.“
Für den Fußballer steht der Teamgedanke über seinem Ego
Für Altintop steht der Teamgedanke über allem. Das war bei allen Stationen so. Als Felix Magath 2009 seine Arbeit beim finanziell arg gebeutelten Schalke 04 begann, fragte er die Spieler, ob jemand bereit sei, auf Gehalt zu verzichten. „Es gab einen, der danach zu mir kam und sich bereit erklärte“, berichtet Magath in einem Interview mit der Sport-Bild . Es war – Halil Altintop, der gebürtige Gelsenkirchener. Magath weiter: „Ich sagte ihm dann: Wenn du der Einzige bist, dann lass es, das hilft unserem Verein auch nicht.“
Zweimal hat Altintop aber schon miterlebt, was passieren kann, wenn die Spieler im Abstiegskampf mehr an sich als an den Verein denken. 2006 beim 1. FC Kaiserslautern, 2011 bei Eintracht Frankfurt. Beim FCA sieht er solche Tendenzen nicht. „Die Mannschaft ist viel geschlossener als die Teams, mit denen ich abgestiegen bin.“
Und wenn es nicht so wäre, würde er dazwischen gehen. Doch das sei nicht nötig. „Die Mannschaft ist intakt, definitiv. Deswegen ist für mich keine Verunsicherung zu erkennen. Es ziehen alle an einem Strang. Die Spieler machen einen sehr, sehr klaren Eindruck. Es wird viel kommuniziert, deswegen bin ich optimistisch, dass wir die Klasse halten.“
Er will unbedingt dabei mithelfen. „Ich suche meine Chance, arbeite jeden Tag dafür. Ich bin jemand, der sich nicht so viele Gedanken macht, wieso, weshalb ich nicht spiele. Ich fokussiere mich darauf, dass egal wie und wann ich eingesetzt werde, voll da bin, um der Mannschaft zu helfen.“
Mit einer Ernährungsumstellung will er noch mehr aus sich herausholen
Am Samstag (15.30 Uhr) beim Auswärtsspiel bei Werder Bremen könnte seine Chance kommen. Ja-Cheol Koo ist Gelb-gesperrt, Altintop ist bereit. Er hat in der Winterpause sogar seine Ernährung umgestellt. „Es war jetzt nicht so, dass ich mich zuvor jeden Tag von Fast Food ernährt habe und jetzt zu Hause nur noch Nudeln und Gemüse esse. Ich ernähre mich jetzt noch bewusster und versuche noch ein, zwei Prozent mehr aus mir herauszuholen.“
Er weiß, dass es darauf ankommen kann im Nervenkrieg am Tabellenende. „Wir haben alles in der eigenen Hand. Es sind noch sechs Spiele, es sind direkte Konkurrenten dabei. Wenn wir unsere Leistung abrufen, werden wir punkten und sie hinter uns lassen.“ Auch die ganzen Spekulationen um den Trainer sieht er entspannt: „So ist der Fußball, das ist das Tagesgeschäft.“
Tagesgeschäft war für ihn auch die ernüchternde Niederlage in Mainz. „Solche Spiele kommen vor. Deswegen mache ich mir nicht so viele Gedanken. Wir wissen genau, worauf es jetzt ankommt.“
Altintop ist fest überzeugt vom Klassenerhalt
Dass es eine schwierige Saison werden würde, war ihm klar, dass sie so schwierig werden würde, nicht. Trotzdem zweifelt er nicht daran, dass der FCA sich retten wird. Die Frage, ob er mit dem FCA auch notfalls in die zweite Liga gehen würde, beantwortet er so: „Über die zweite Liga mache ich mir gar keine Gedanken, weil ich felsenfest davon überzeugt bin, dass wir den Klassenerhalt schaffen.“
Die Diskussion ist geschlossen.
Die Vertragsverlängerung war lange nicht klar. Die Vermutung war, dass Altintop zwei Jahre wünschte, mit denen sich der FCA schwer tat. Zurecht kann man nach dieser Saison sagen.
Schon zu Beginn der letzten Spielzeit kam Halil nicht so richtig in Fahrt, ließ fast alles vermissen, was ihn zu Beginn seiner Vertragszeit ausgezeichnet hatte. Das wurde besser, dann war er verletzt.
Im Spiel gegen Stuttgart zuhause bot er eingewechselt eine ansprechende Leistung, die den Trainer zu der Feststellug veranlasste, dass mit Altintop sofort wieder Struktur im Spiel gewesen sei. Dann ging es ganz flott mit der Vertragsverlängerung - zwei Jahre.
Keine Frage, Altintop ist ein höchst begabter Fußballer, mit technischen Fähigkeiten ausgestattet und einem Blick fürs Spiel, für Möglichkeiten - auch überraschende, ein feiner Kicker, eine Führuspersönlichkeit. Seine körperliche Verfassung gibt aber seit Beginn der zweiten Saison, die er für uns spielte, Anlass zur Sorge bzw. Rätsel auf.
Es wirkt oft so als sei er mit angezogener Handbremse unterwegs, eine die festgefressen ist, die man nicht einfach mal lösen kann. Man sieht den Willen, aber es geht nicht. Diesem Umstand ist wohl auch seine Fallsucht geschuldet, die bei den Schiedsrichtern zunehmend nicht mehr honoriert wurde. Dass Halil bei jedem Anspiel, bei dem der Gegner ihn bedrängt oder gar ihm dem Ball abknöpft zu Boden sinkt, hat sich inzwischen herumgesprochen. Desgleichen das Fehlpassfestival, das er sich so lange leistete, bis Weinzierl nicht mehr anders konnte, als ihn nicht mehr zu berücksichtigen. Die Pfiffe waren zwar unfein, gellten aber nicht unberechtigt durch die WWK-Arena.
Dass irgendetwas Gesundheitliches im Busch zu sein scheint, dafür spricht Altintops eigene Einlassung, dass er es mit einer Ernährungsumstellung versucht. Vllt. liegt ja wirklich eine unentdeckte Lebensmittelunverträglichkeit seiner absinkenden Form zugrunde. Man kann es nur hoffen.
Altintop in gut körperlicher Verfassung ist ein enormer Rückhalt für uns - Altintop mit festgefressener Bremse eine Belastung. Bei seiner Einwechslung in Mainz begann er allerdings im alten Fahrwasser. Ball zu lange gehalten, dann doch zu dem Mitspieler gepasst, der vorher lange frei war und dann so schlecht, dass er abgefangen werden konnte.
Bei den Einlassungen zu Abstiegsgefahr sind mir auch bei ihm zu viele Wenns im Spiel. Wenn wir unsere Leistung abrufen, haben noch alles selbst in der Hand...
Habt ihr aber nicht getan bisher. Ihr spielt immer mal eine halbe Stunde so, wie es in euren Eurpapacupmöglichkeiten liegt und dann eben nicht mehr oder ihr wacht zu spät auf oder nehmt euch gleich eine ganze Hälfte Auszeit. Immer im schönen Bewusssein: Wir könnten ja, wenn wir wollten.
So wird das nichts. So kann man sich auch auf die Relegation einrichten, die man dann schon gewinnen wird, weil man ja der FCA-Augsburg sei mit den ungeheuer guten Möglichkeiten, Europapokalteilnehmer, den jetzt jede Sau kennt.
Kann nur sein, dass der Zweitligist dann den Tick hungriger ist um diese Vorteile zu egalisieren.
Man muss besorgt sein.
Super Kommentar, vollste Zustimmung!