Kommentar: Markus Weinzierl und die Romantik
Wäre Weinzierl zu Schalke gegangen, man hätte ihm kaum einen Vorwurf machen können. Doch er bleibt beim FCA und damit ein Zeichen gesetzt.
Die größte Herausforderung eines Sportlers ist es, zum richtigen Zeitpunkt aufzuhören. Besonders kluge Menschen (das sind oftmals jene, die einen Ball keine drei Meter weit werfen können) sehen den „richtigen Zeitpunkt“ dann gekommen, wenn sich die Karriere am Wendepunkt befindet. Sprich: wenn die Höchstleistung nicht mehr reproduzierbar ist. Klingt in der Theorie nett, ist aber Schwachsinn. Sport kann auch Spaß machen, wenn der Höhepunkt hinter einem liegt. Weiß jeder Altherren-Kicker.
Aus Sicht der klugen Menschen jedenfalls (das sind oftmals auch jene, die Karrierepläne haben) wäre es die richtige Entscheidung gewesen, wenn Markus Weinzierl den FC Augsburg in Richtung FC Schalke 04 verlassen hätte. Besser wird es beim FCA nicht mehr. Wohingegen es in Gelsenkirchen nur bergauf gehen kann.
Markus Weinzierl hätte sofort ausgesorgt gehabt
Die Schalker wollten Weinzierl. Der Trainer schien nicht gänzlich abgeneigt. „Trainer, wechsel dich!“. Dass der Coach beim FC Augsburg noch einen bis 2019 laufenden Vertrag hat, den er vor nicht einmal zwei Monaten unterschrieben hat? Geschenkt. Kontrakte in der Fußballerbranche werden als eher lose Absichtserklärungen gesehen. Die kurzfristige Zukunftsplanung kann sich aufgrund unvorhersehbarer Abzweigungen ändern. Das überzeugendste Argument, einen eingeschlagenen Weg zu verlassen, ist auf dem Kontoauszug zu finden.
Daher hätte man Weinzierl kaum einen Vorwurf machen können, wäre er gen Gelsenkirchen entschwunden. Er hätte sofort ausgesorgt gehabt. Außerdem hätte er sich auch nicht vorhalten lassen müssen, ein sinkendes Schiff zu verlassen. Im Gegenteil: Er hat ein Tretboot an einen unbekannten Traumstrand gelotst.
Fußball ist aber immer noch mehr als ein Geschäft. Ohne Romantik und einen Schuss Naivität würde dieses aufgeblasene Gebilde in sich zusammenstürzen. Finanzielle Kennzahlen sind wichtig. Die wichtigste Stütze aber ist Fantasterei. Der Glaube, das eigene Team voller Lahmer und Blinder könne den Tabellenführer bezwingen. Die Hoffnung, dass ehrliche Arbeit geschleckten Aufschneidern überlegen ist.
Weinzierl bleibt beim FC Augsburg und hat damit ein Zeichen gesetzt. Das klingt romantisch. Das klingt nach Fußball.
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