Marwin Hitz: Vom Pummelchen zur Nummer eins
Marwin Hitz ist einer von vier Schweizer Torhütern in der Bundesliga. Sein Berater Wolfgang Vöge erklärt, warum er den Wechsel des 27-Jährigen zum FC Augsburg förderte.
Wolfgang Vöge, 59, hatte schon immer einen guten Riecher. In seinem ersten Leben in der Bundesliga, Mitte der 80er-Jahre, war der gebürtige Ahlener einer dieser flinken Stürmer, die nicht mit Wucht zum Erfolg kamen, sondern mit List. In über 200 Spielen erzielte der nur 1,72 Meter große Profi für Bayer 04 Leverkusen und Borussia Dortmund 44 Tore. Danach ließ er seine Karriere in der Schweiz in Zürich und Winterthur ausklingen.
Dort blieb er, denn für seine zweite Karriere im Profi-Geschäft war das genau das richtige Terrain. Vöge ist Spielervermittler, sein Spezialgebiet: Schweizer Torhüter. Er hat alle drei aktuellen Keeper der Nationalmannschaft unter Vertrag. Yann Sommer, 25 (Borussia Mönchengladbach), Roman Bürki, 23 (SC Freiburg) und – Marwin Hitz, 27, vom FC Augsburg.
Ein außergewöhnliche Torhüter-Generation
Zusammen mit Diego Benaglio, 31, (VfL Wolfsburg) sind sie derzeit der Fußball-Exportschlager der Eidgenossen – und das ins Mutterland der weltbesten Torhüter. Vöge hatte das richtige Gespür für den Trend: „Das Torhüterspiel hat sich gewandelt. Heute müssen sie die Abwehr dirigieren, mitspielen, und darum ist es wichtig, dass die Torhüter Deutsch sprechen“, sagt Vöge. Und das können die Schweizer, auch wenn man ihnen dies manchmal abspricht. Zudem sind sie fußballerisch gut ausgebildet. „Es ist eine außergewöhnliche Torhüter-Generation“, sagt Vöge.
Yann Sommer zum Beispiel wurde mit der Schweiz Zweiter bei der U-21-EM. Die einzigen Gegentorekassierte er beim 0:2 im Finale gegen Spanien. Er wechselte im Sommer vom FC Basel in die Bundesliga, Roman Bürki transferierte Vöge zur gleichen Zeit von Grashoppers Zürich zum SC Freiburg. Marwin Hitz fand schon früher den Weg nach Deutschland, doch das nahm kaum einer wahr. Nur Wolfgang Vöge hatte wieder einmal ein Näschen für ein gutes Geschäft.
2008 suchte der VfL Wolfsburg einen dritten Torhüter hinter Diego Begnalio und André Lenz. VfL-Torwart-Trainer Andreas Hilfiker, ein Schweizer, der 2000 für den SSV Ulm spielte, erinnerte sich an Vöge. Der fand einen Kandidaten direkt vor seiner Haustür. Er verschaffte Marwin Hitz, der damals beim FC Winterthur spielte, ein Probetraining. Als VfL-Trainer Felix Magath persönlich bei Vöge anrief, schien der Transfer geplatzt: „Felix hat zu mir gesagt, der hat ja fünf Kilo Übergewicht, den kann ich nicht gebrauchen. Dann kam ein kurze Pause, dann hat er gesagt: Ich nehm’ ihn, den bring’ ich hin.“
Fitness-Guru Magath bringt Hitz in Form
Fitness-Guru Magath brauchte nicht lange, um Pummelchen Hitz in Form zu bringen. Doch an Begnalio kam Hitz nicht vorbei. Er versuchte es fünf Jahre. Fünf Jahre, in der die beiden Schweizer Freunde wurden. „Vielleicht war es ein bisschen zu kollegial unter Torwartkollegen. Klar habe ich immer versucht, die Nummer eins zu werden, aber wir sind gute Freunde gewesen, und das ist in der Bundesliga relativ selten“, erzählte Hitz nach dem Spiel in Wolfsburg, als er Seite an Seite mit Begnalio interviewt wurde.
Deshalb forcierte Vöge auch im Sommer 2013 den Wechsel zum FCA, als der Vertrag von Hitz auslief. „Stefan Reuter hat sich bei mir gemeldet und Chefscout Stefan Schwartz hat Marwin im Training begutachtet“, sagt Vöge.
Hitz entscheidet sich für die sportliche Perspektive
Dann entschied sich Hitz gegen das Geld für die sportliche Perspektive: Vöge: „Marwin hatte einen guten Vertrag in Wolfsburg und auch ein gutes Angebot, aber in Augsburg war die Chance zu spielen größer.“
Es war der richtige Weg. „Der FCA ist für Marwin die Top-Adresse. Unser Ziel war es, dass er die Nummer eins wird. Das war nicht so einfach, jetzt ist er einer von 18 Bundesliga-Torhüter“, sagt Vöge.
Doch Hitz will mehr. Er will nach dem Rücktritt seines Freundes Begnalio die Nummer eins in der „Nati“ werden. Derzeit ist Sommer gesetzt. Hitz hat vor der Abreise zu den EM-Qualifikationsspielen gesagt: „Klar will ich spielen, aber zuerst kommt der Teamgedanke.“ Wolfgang Vöge sieht den Konkurrenzkampf ganz gelassen. Einer seiner Klienten spielt immer.
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