Stefan Reuter und der Fluch der Millionen
Der FC Augsburg hat mehrere Millionen Euro mit den Verkäufen von Klavan und Hong eingenommen. Der neue Reichtum macht die Suche nach Nachfolgern aber nicht leichter.
Im Fußballgeschäft existieren ungeschriebene Gesetze. Etwa, dass jene Klubs, deren Bankkonten üppig gefüllt sind, bedeutend mehr Geld für neues Personal ausgeben müssen als weniger gut begütete. Wegen dieses Topzuschlags kostet den FC Bayern München inzwischen jeder Kicker rund 30Millionen Euro. Manchmal sogar noch mehr.
Summen, bei denen den Verantwortlichen des Bundesligisten FC Augsburg schwindelig werden dürfte. Doch auch der FCA muss mehr ausgeben, seine Schnäppchenjägerei gerät verstärkt an Grenzen. Stefan Reuter, der Geschäftsführer Sport, fasst zusammen: "Vor ein paar Jahren waren wir noch die kleinen Augsburger, durch die Europa League und die Einnahmen werden wir anders wahrgenommen."
Den Konkurrenten auf dem Spielermarkt ist nicht entgangen, dass der FCA seinen Geldzufluss gesteigert hat. Er kassiert mehr TV-Geld, im Sommer 2015 transferierte er für geschätzte 20 Millionen Euro Abdul Rahman Baba zu Chelsea London und vor wenigen Tagen veräußerte er Jeong-Ho Hong (Jiangsu Suning FC) und Ragnar Klavan (FC Liverpool) für rund elf Millionen.
"Wir schauen, wer bei uns ins Gefüge passt"
Reuter merkt mit einem verschmitzten Lächeln an, es seien ein paar Euro in der Kasse. Dass das jeder Verein weiß, von dem der FCA einen Spieler wegholen möchte, erschwert Reuters tägliche Kaufmannstätigkeit. "Wir schauen, wer bei uns ins Gefüge passt. Das ist immer eine Herausforderung", sagt er.
Diese Herausforderung wächst, seit die Ablösesummen in ganz Europa in die Höhe schießen. Reuter kann einerseits mehr fordern, wenn Interesse an einem FCA-Spieler besteht; andererseits muss er mehr bezahlen, wenn er einen Wunschspieler aus einem Vertrag auslösen will. "Wenn man sieht, wie viel teilweise aufgerufen wird, wird es schwieriger, Qualität zu einem akzeptablen Preis zu bekommen."
Eine Möglichkeit bietet sich, indem der FCA Profis aufnimmt, deren Vertrag ausgelaufen ist. Zu dieser Kategorie zählt Gojko Kacar. Beim 0:0 im Test gegen den niederländischen Erstligisten Sparta Rotterdam trug der Serbe erstmals das FCA-Trikot. Trainer Dirk Schuster attestiert ihm, er habe auf dem gepflegten Grün in Wangen einen guten Job gemacht und sich geschickt in den Zweikämpfen verhalten. "Das war schon sehr ordentlich", bekräftigt Schuster.
Noch können sich Spieler beim Trainer empfehlen
Mit erstaunlich hohem Einsatz gingen vornehmlich die Augsburger zu Werke, der Niederländer Thomas Verhaar verließ frühzeitig verletzt den Platz, nachdem ihn FCA-Raubein Dominik Kohr uncharmant behandelt hatte.
Noch können sich Spieler beim Trainer empfehlen. Eine eingespielte Formation ist nicht auszumachen, beim Test in Wangen tauschte Schuster wiederholt in Hälfte zwei seine Elf nahezu komplett aus. Wenn am Dienstag der isländische EM-Teilnehmer Alfred Finnbogason zum Team stößt, ist der Kader vollständig. Vorerst jedenfalls. Längst ist nicht geklärt, mit welchem Personal der FCA in die Runde gehen wird. Transferschluss ist am 31. August, Planstellen gelten als unbesetzt. Ein Weggang Alexander Essweins zu Hertha BSC steht bevor, in Wangen fehlte der Außenbahnspieler aber aus privaten Gründen, wie Schuster beteuerte.
Unabhängig von der Verpflichtung Kacars muss eine Lücke in der Innenverteidigung geschlossen werden, nur mehr der Niederländer Jeffrey Gouweleeuw gilt dort als Stammplatzkandidat. Eine Rückkehr Jan-Ingwer Callsen-Brackers ist schwer vorherzusagen, Marvin Friedrich ist ein Perspektiv-, Christoph Janker ein Ergänzungsspieler.
"Müssen auf den Spieler warten, der zu uns passt und uns weiterhilft“
Am Samstag macht sich der FCA auf den Weg ins Trainingslager nach Mals (Südtirol). Reuter bezweifelt, man könne bis dahin einen Neuzugang für die Innenverteidigung präsentieren. "Das wäre schön, ist aber eher unwahrscheinlich", sagt er. Trainer Schuster hätte am liebsten den Kader schnellstmöglich in Gänze beisammen, Manager Reuter weiß das. "Klar wünscht man sich das. Aber wir müssen auf den Spieler warten, der zu uns passt und uns weiterhilft."
Gehandelt wurde zuletzt Luca Caldirola. Der Italiener war in der vergangenen Saison von Werder Bremen an Darmstadt 98 ausgeliehen. Unter dem jetzigen FCA-Trainer Schuster absolvierte der Abwehrstabilisator alle 34 Saisonspiele und trug zum Klassenerhalt bei. Ein Wechsel zum FCA gilt nun als ausgeschlossen. Der 25-Jährige hat mit Trainer Viktor Skripnik gesprochen und sieht sich in Bremen gar als künftiger Abwehrchef.
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