Toni Schumacher: „Diese Hingabe ist einzigartig“
Toni Schumacher ist heute Vizepräsident beim 1. FC Köln. Er erzählt, warum er das Amt übernommen hat, was er von einer Podolski-Rückkehr hält und was er dem FC gegen Augsburg zutraut.
Herr Schumacher, der 1. FC Köln hat den Klassenerhalt fast geschafft. Aber es bleibt ein kleines Restrisiko. Mit welchem Gefühl treten Sie die Reise nach Augsburg an, wo die Kölner am Samstag (15. 30 Uhr) spielen?
Toni Schumacher: Wir sind auf einem guten Weg und fahren zuversichtlich nach Augsburg. Wir wissen aber auch, dass wir noch nicht endgültig gerettet sind.
Der Rheinländer steht im Ruf, schnell euphorisch und damit leichtsinnig zu werden ...
Schumacher: Die Fans sollen ruhig mal ausflippen und feiern. Aber die Verantwortlichen im Verein bleiben immer auf dem Boden. Wir müssen schon mal als Spaßbremsen auftreten und haben den Leuten von Anfang an keinen Floh ins Ohr gesetzt. 15. werden – so lautet das Saisonziel.
Manch Beobachter wundert sich, wie klaglos die FC-Anhänger diese neue Bescheidenheit schlucken ...
Schumacher: Wir leben das ja vor. Und die Presse spielt mit. Auch von dieser Seite werden keine zu hohen Erwartungen geschürt. Das war in der Vergangenheit nicht immer so.
Der Klub wirkt so ruhig und seriös wie schon lange nicht mehr. Andererseits könnte die Mannschaft auf dem Platz durchaus für mehr Spektakel sorgen ...
Schumacher: Es gab schon ein paar Spiele, bei denen der eine oder andere Fan gemurrt hat – doch dann kommt ein tolles Spiel wie in Hoffenheim, das wir 4:3 gewinnen. Wir sind nicht so besetzt, dass wir Woche für Woche ein Feuerwerk zünden können. Man tritt ja auch nicht mit einem VW-Käfer bei einem Formel-1-Rennen an. Die Mannschaft hat sicher im Defensivbereich ihre Stärken. Dass sie in dieser Saison bislang elfmal zu null gespielt hat, ist eine super Leistung, für die wir uns nicht entschuldigen müssen. Aber die letzten Heimspiele gegen Frankfurt, Hoffenheim und Leverkusen waren schon spektakulär.
Welche Rollen spielen Trainer Peter Stöger und Manager Jörg Schmadtke bei der Konsolidierung des FC?
Schumacher: Mit der Verpflichtung der beiden haben wir voll in die Goldtalerkiste gegriffen, ebenso wie bei den anderen Personalien. Peter Stöger hat ein wunderbares Händchen im Umgang mit der Mannschaft. Als wir ihn 2013 auf der Suche nach einem neuen Trainer in München zum ersten Mal trafen, hat mich Peter Stöger mit seinem Vortrag und dem professionellen Auftreten sofort begeistert. Ich muss sagen, später wurde dieser Eindruck sogar noch übertroffen.
Sie selbst sind seit April 2012 Vizepräsident und zuständig für den sportlichen Bereich. Es war eine schwierige Situation damals – zwei Wochen nach Ihrem Amtsantritt war der Abstieg in die zweite Liga besiegelt. Musste man Sie damals zu einem Engagement in der Klubführung überreden?
Schumacher: Nein, da habe ich keine Sekunde überlegt. Innerlich war ich schon lange bereit dafür. Der FC ist mein Verein. Aber 2012 hatte ich gar nicht mehr damit gerechnet, dass von FC-Seite jemand an mich herantreten würde. Umso mehr arbeite ich jetzt mit dem ganzen Team am Geißbockheim dafür, dass aus dem FC wieder „ein feiner Verein“ wird, zu dem zu wechseln mir meine Mutter 1972 geraten hat.
Warum kam der Hilferuf nicht früher?
Schumacher: Das Problem war, dass ich mich ja zwischenzeitlich mal als Schriftsteller betätigt hatte.
Ihr Skandalbuch „Anpfiff“ ...
Schumacher: Ich war deswegen nicht nur aus der Nationalmannschaft, sondern auch beim FC rausgeflogen. Das Tischtuch war zerschnitten. Aber wie heißt es so schön: Die Zeit heilt Wunden.
Was macht den 1. FC Köln zu einem ganz besonderen Verein?
Schumacher: Der FC ist Teil unserer Stadt. Die Fans sind sehr leidensfähig und einfach fantastisch. Diese Hingabe ist einzigartig.
Zählt der Klub zur Spezies schlafender Riese?
Schumacher: Der Klub hat sicher ein riesiges Potenzial, fantastische Fans und super Sponsoren. Aber es nützt nichts, sich das vorzubeten und mit aller Gewalt nach vorne zu preschen. Wir wollen uns Schritt für Schritt etablieren und nach oben arbeiten. Man darf nicht vergessen, dass der FC zwischen 1998 und 2012 fünfmal abgestiegen ist. Zehn Jahre im Aufzug – das ist eine Katastrophe für einen Klub.
Nicht wenige Fans träumen von einer Rückkehr ihres Idols Lukas Podolski zum 1. FC Köln.
Schumacher: Ich weiß nicht – Lukas bewegt sich doch in ganz anderen Sphären. Jeder beim FC hat großen Respekt vor Lukas, aber eine Rückkehr passt nicht in das bestehende System. Wir haben keine Superstars. Die Mannschaft ist der Star. Wir wollen die Verantwortung für den Erfolg nicht noch einmal einem Einzelnen aufbürden. Die meisten Fans verstehen das.
Haben Sie eine Erklärung für diese Podolski-Verehrung in Köln?
Schumacher: Wer hier gespielt hat, wird ins Herz geschlossen. Das betrifft ja nicht nur Lukas Podolski. Bei Bernd Cullmann, Wolfgang Overath oder Hans Schäfer ist das nicht anders. Hier herrscht eine große Herzlichkeit. Vielleicht liegt das ja auch am Rhein. Ich glaube, Leute, die am Wasser wohnen, sind einfach anders.
Was sagen Sie zur Entwicklung des FC Augsburg, dem heutigen Gegner?
Schumacher: Der FC Augsburg macht das vorbildlich – immer einen Schritt nach dem anderen machen. Stefan Reuter kenne ich ja noch aus meiner aktiven Zeit. Der macht einen richtig guten Job als Manager.
Kann der 1. FC Köln vom FC Augsburg etwas lernen?
Schumacher: Augsburg und Köln kann man nicht miteinander vergleichen, auch wenn es ein paar Parallelen gibt: Beim FC Augsburg herrscht Ruhe – kein Theater. Und die Etats beider Klubs sind überschaubar. Es ist schon beeindruckend, was da in Augsburg seit Jahren läuft. Der FCA steht auf Platz sechs und kann nächste Saison vielleicht europäisch spielen. Aber Vorsicht: Wir sind hinten richtig stark. Und wenn man uns Platz lässt, wird es richtig gefährlich für den Gegner!
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