Jerome Boateng: Bedingt abwehrbereit
Die Entscheidung im Titelrennen ist vertagt. Das ist dem FC Bayern aber egal. Es zählt ausschließlich Atlético. Das Comeback von Jerome Boateng macht nur bedingt Mut.
Pep Guardiola hat nicht mal den Anschein erweckt, als würde er die Partie gegen Gladbach in irgendeiner Art und Weise ernst nehmen. Nach der Champions League ist vor der Champions League. Und weil der Gewinn der Meisterschaft um einiges sicherer ist als der Einzug ins Finale der Königsklasse, schonte der Coach am Samstag gegen Gladbach gleich acht Spieler, die im Hinspiel bei Atlético Madrid noch in der Startformation standen. Einen derartigen Radikalumbau können sich nicht mal die Münchner leisten, ohne dass ein Qualitätsabfall augenscheinlich wird.
Dass Thomas Müllers frühe Führung (6.) 18 Minuten vor Schluss durch André Hahn egalisiert wurde, entsprach dem Spielverlauf. Der Münchner Gram ob der verpassten Chance, die Meisterschaft vor heimischer Kulisse perfekt zu machen, hielt sich in engen Grenzen. Gladbachs Trainer André Schubert entschuldigte sich zwar pflichtschuldigst, etwaige Feierlichkeiten mit seiner Mannschaft verhindert zu haben, doch das Dementi der Münchner folgte umgehend. Selbst bei einem Sieg hätten die Fans keine Weißbierduschen und vorbereitete Meister-T-Shirts gesehen.
Aus Münchner Sicht war vor allem die Wiedereingliederung von Jérôme Boateng in den Spielbetrieb von Bedeutung. Der Innenverteidiger musste 99 Tage wegen eines Sehnenabrisses pausieren. Die Bayern erhoffen sich von ihm, in den nun folgenden entscheidenden Spielen, die Defensive zu verstärken. Das Gladbach-Spiel lässt vermuten, dass die Münchner noch ein wenig warten müssen, bis sich die Hoffnung erfüllt. Guardiola hatte dem 27-Jährigen mit Medhi Benatia und Serdar Tasci zwei Bodyguards an die Seite gestellt. Eine Maßnahme, die der Trainer gegen Gladbachs Ein-Mann-Sturm Hahn normalerweise nicht getroffen hätte. „Ich wollte ihn schützen“, so Guardiola.
Boateng noch mit arger Streuung bei seinen Pässen
Boateng musste derart abgeschirmt tatsächlich kaum Zweikämpfe bestreiten, seine Pässe streuten sich aber über das Feld wie die Versuche eines Vierjährigen am Schießstand auf der Kirmes. In dieser Verfassung wird er kaum gegen Atlético spielen. Aus einem anderen Grund fraglich ist der Einsatz von Franck Ribéry. Der Franzose gehörte wegen Rückenschmerzen nicht zum Kader gegen Gladbach. Den Münchnern stehen selbstverständlich immer noch genug Spieler zur Verfügung. Thomas Müller sammelte mit seinem Treffer ein Argument, weshalb der Trainer am Dienstag besser nicht erneut auf ihn verzichtet.
Und für jene Spieler, die gegen Atlético nicht auflaufen, steht immerhin ein anderer wichtiger Termin im Kalender. Am kommenden Samstag spielen die Bayern beim FC Ingolstadt. Dann soll tatsächlich die Meisterschaft festgezurrt werden. Wie ausgiebig die Feierlichkeiten ausfallen, hängt zum entscheidenden Teil davon ab, ob die Münchner zuvor das Finale der Champions League erreichen. So hängt alles mit allem zusammen.
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