Presse: "Was ist der FC Bayern für eine provinzielle Klitsche?"
Uli Hoeneß will wieder zurück in das Präsidentenamt beim FC Bayern. Die Meinung der Presse dazu ist äußerst gespalten. Hier die aktuellen Pressestimmen.
Uli Hoeneß übernimmt wieder das Kommando beim FC Bayern. Im November kann er gewählt werden - neun Monate nach seiner Entlassung aus der Haft wegen Steuerhinterziehung. Was die deutschen Medien dazu schreiben - hier die Pressestimmen:
Hoeneß ist streitbar – und das ist gut. Er ist in der Lage, notwendige Diskussionen über die immer weiter grassierende Kommerzialisierung anzustoßen. Ihm nimmt man ab, dass er nicht nur zum Wohle seines Vereines handelt, sondern auch auf gesellschaftspolitische Aspekte Rücksicht nimmt. Dass er dabei emotionaler auftritt als Rummenigge oder sein biederer Vertreter Karl Hopfner, ist der Sache dabei zuträglich. Augsburger Allgemeine (Den kompletten Kommentar unserer Zeitung lesen Sie hier.)
Bescheidenheit war nie die Sache des "Mia san Mia"-Klubs Bayern München. Doch die trotzige Selbstverständlichkeit, mit der Uli Hoeneß nun zurück ins Präsidentenamt drängt, fällt unter die Rubrik peinliche Egozentrik. Badische Neueste Nachrichten
Aufgrund seiner Verdienste für den Klub bekam der mittlerweile 64-Jährige, der die "Mia-san-mia"-Mentalität geprägt hat wie kein Zweiter, auch nach seiner Verurteilung wegen Steuerhinterziehung die volle Rückendeckung seiner langjährigen Vertrauten. Getreu dem Motto: Der Uli hat sich immer uns gekümmert, jetzt kümmern wir uns um ihn - mia san Uli eben. Die Familie lebt. Wirklich weg war Hoeneß nie. Selbst aus der Haft heraus soll er beratend tätig gewesen sein. Dennoch: Die Risse in seiner Reputation sind auch nach verbüßter Strafe geblieben. Damit muss Hoeneß leben. Bei einem großen Wirtschaftskonzern oder in der Politik wäre ein Comeback als Führungskraft wohl unmöglich gewesen. Jetzt ist es am Bayern-Macher, seine zweite Chance zu nutzen. Mannheimer Morgen
Hoeneß stolperte nicht, er stürzte. Zockergeschäfte an der Börse mit unversteuerten Millionen brachten ihn ins Gefängnis. Es gab Zeitgenossen, die hätten ihn dafür am liebsten lebenslang von aller Öffentlichkeit ausgesperrt. Indes ist Hoeneß den bitteren Weg des reuigen Ersttäters gegangen. Er akzeptierte die Strafe, stellte sich dem Vollzug und überstand ihn anscheinend einigermaßen unbeschadet - der Resozialisierung stand da nichts mehr entgegen. Sein Comeback testet letztlich nur noch die wünschenswerte gesellschaftliche Normalität. Es sollte nicht mit der Rehabilitation von Steuerhinterziehung verwechselt werden. Badische Zeitung
Dass Hoeneß in München wieder wie ein Messias empfangen wird, ist auch der tiefen Sehnsucht nach jenem volksnahen, bodenständigen FC Bayern geschuldet, den der Ex-Profi jahrzehntelang mit legendärer "Mia san mia"-Mentalität geprägt hat:, erst als gewiefter Manager, dann als präsidialer Patriarch. Der immer etwas hölzern und unnahbar wirkende westfälische Businessman Karl-Heinz Rummenigge konnte die charismatische Lücke, die Hoeneß' Auszeit gerissen hatte, nie ausfüllen. Nürnberger Zeitung
Zu dreieinhalb Jahren Haft war Hoeneß verurteilt. Steuerhinterziehung in zweistelliger Millionenhöhe. Der Manager eines mittleren Unternehmens hätte bei geringerer Schuld sicher größere Probleme mit seiner Rehabilitierung. Aber die Bayern sind halt die Bayern. Und der Uli ist ein Idol. Mitteldeutsche Zeitung
In der freien Wirtschaft wäre so eine Rückkehr vermutlich wesentlich schwerer vertretbar, aber ein Fußballverein darf sich an der Stimmung an der Basis orientieren. Hoeneß ist schon immer ein Mann des Volkes gewesen. Und wenn die Klubanhänger jubeln, werden die Mitglieder im Aufsichtsrat, obwohl sie DAX-Konzernen vorstehen, nicht den Daumen senken. Nicht alle in der Republik werden das so sehen, und eines ist auch klar: Als moralische Instanz wird sich Hoeneß abseits des Fußballs nie mehr inszenieren können. Doch für den 64-Jährigen ist ohnehin genug zu tun. Der FC Bayern hat sich in seiner Abwesenheit von der Basis entfernt, die Fans erhoffen sich nun eine Kurskorrektur. Das ist eine Aufgabe, an der er sich messen lassen muss. Münchner Merkur
Im Februar aus dem Knast, im November wieder Präsident des FC Bayern. Der Manager eines mittleren Unternehmens hätte bei geringerer Schuld sicher größere Probleme mit seiner Rehabilitierung. Aber die Bayern sind halt die Bayern. Und der Uli ein Idol. Aber vielleicht kann der Fall Hoeneß ja Schule machen. Dann hätte die bayerische Old-Boys-Nummer wenigstens ihr Gutes. Eine Frage bleibt jedoch jenseits juristischer Grundsatzerwägungen: Was ist der Weltverein FC Bayern für eine provinzielle Klitsche, dass er ohne den Seniorchef nicht auskommen kann? Kölner Stadt-Anzeiger
Die Bayern verdanken ihre Siege - in sportlicher wie in finanzieller Hinsicht - weder einem Scheich noch einem russischen Oligarchen. Sondern Uli Hoeneß. 30 Jahre lang war Hoeneß Manager des FC Bayern, fünf Jahre lang Präsident. Franck Ribéry hat recht, wenn er sagt: "Uli ist das Herz der Bayern." Dass Hoeneß im November dieses Jahres nun wieder zum Präsidenten gewählt werden wird, ist deshalb folgerichtig und keine noble Geste gegenüber einem ehemaligen Strafgefangenen, sondern eine in jeder Hinsicht durchdachte Entscheidung. Denn Hoeneß ist ja nicht (nur) kalter Stratege, sondern vor allem ein Patriarch, der eine erfolgreiche Aktiengesellschaft zusammenhält und ihr ein menschliches Gesicht verleiht. Der Tagesspiegel
Natürlich ist Hoeneß geeignet, dieses Ehrenamt erneut zu übernehmen. Nüchtern betrachtet dürfte kaum ein Ex-Häftling eine bessere Sozialprognose haben als dieser geläuterte 64-Jährige. Wer den FC Bayern kennt, weiß, dass der familiäre Charakter, der den Club trotz all der Stars und ihrer Millionen seit Jahrzehnten ausgezeichnet hat, zuletzt etwas verloren gegangen ist. Hoeneß' Rückkehr ist gut für die Bayern-Familie, gut für die Bundesliga - und gut für ihn selbst. Die Heimkehr sei ihm gegönnt. Und er darf auch gerne wieder poltern und toben. Langweiler gibt es in dieser Branche genug. Schwäbische Zeitung
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