Die Qual, ein Löwe zu sein
Der TSV 1860München unternimmt mal wieder einen Versuch, sich selbst zu zerstören. Das wird nicht gelingen. Zu groß ist das Kapital des Vereins: Identität und Anhänger
In der Rangliste der leidensfähigsten Fußball-Anhänger liegen 1860 München, der 1. FC Köln und der 1. FC Nürnberg seit vielen Jahren ganz oben. Kein anderer Klub quält seine Anhänger derart zuverlässig wie dieses Trio.
Nun haben sich die Löwen wieder an die Spitze geschoben. Wer deren fortwährende Selbstzerstörung seit Jahrzehnten verfolgt, könnte sagen: Die Sechziger haben die Konkurrenz geschickt düpiert. Mitten in der Winterpause tragen der Investor Hasan Ismaik und die Löwen-Führung einen Konflikt aus, der das Format hat, den Verein wieder einmal zu versenken.
Die Lage ist erfreulich übersichtlich, gleichzeitig aber aussichtslos. Hasan Ismaik, der den Verein mit Millionenbeträgen alimentiert, hat die zweite Liga satt. Er will schnellstens nach oben. Nur in der Bundesliga versprechen seine Einlagen Rendite. Das Löwen-Präsidium aber bremst. Der Aufstieg soll das Ergebnis stetigen Wachstums sein, kein finanzieller Drahtseilakt. Denn wer räumt die Scherben weg, wenn der Klub wieder einmal abstürzt? Ismaik sicher nicht.
Den stolzen Jordanier verbindet mit 1860 München nicht mehr als ein Geschäft. Eine Haltung, die in krassem Gegensatz zum großen Kapital des Vereins steht, seiner Identität und seinen Anhängern. Darüber hinaus scheint sich Ismaiks Demokratieverständnis eher am arabischen Patriarchat als an Mehrheitsentscheidungen zu orientieren. Wer ihm nicht folgt, muss weichen. Das gilt vor allem für den gewählten Präsidenten Dieter Schneider, Löwe von Kindesbeinen an. Nun bricht auseinander, was von Anfang an nicht zusammengehört hat. Besser jetzt als später. Noch ist die Fallhöhe für den Zweitligisten überschaubar.
Ein Hoch auf die 50+1-Regel
Abgesehen davon ist das vorliegende Beispiel ein Plädoyer für die sogenannte 50+1-Regel. Sie verhindert, dass Kapitalanleger in Vereinen die Stimmenmehrheit erlangen können. Wäre es anders, könnte Ismaik die Löwen auch zu einem zweiten FC Bayern ummodeln – was für jeden aufrechten „Blauen“ das Furchtbarste wäre.
Andererseits kann die 50+1-Regel nicht verhindern, dass ein Investor die Finanzmehrheit besitzt, wie das in Hoffenheim der Fall ist, wo Dietmar Hopp 96 Prozent des Kapitals stellt. Anders als 1860 München hat Hoffenheim weder Geschichte noch Seele. Die Löwen haben sich beides leidvoll erworben. Sie sollten das Kostbarste, das sie besitzen, nicht verkaufen – egal zu welchem Preis.
Die Diskussion ist geschlossen.