Elton, der Glücksbringer
Elto da Costa ist 34 Jahre alt, sein Vertrag läuft aus. Und dann schießt der Ex-Augsburger am Ende eines unglaublichen Spiels Darmstadt in die zweite Liga. Wie geht es weiter?
Elton da Costa, 34, war die letzte Hoffnung von Darmstadts Trainer Dirk Schuster. Es lief die 112. Minute im Relegationsspiel um den letzten freien Platz in der zweiten Bundesliga zwischen Arminia Bielefeld und dem SV Darmstadt 98. Die Hessen hatten in einem wahnwitzigen Fußball-Drama den 1:3-Rückstand aus dem Hinspiel aufgeholt. Doch als Kacper Przybylko für den Zweitligisten auf 2:3 (111.) verkürzte, schien die Darmstädter Aufholjagd beendet.
Es fehlte ein Tor zum Aufstieg, als Schuster seinen letzten Trumpf zog. „Er hat zu mir gesagt, ich soll vorne versuchen, ein paar Freistöße herauszuholen“, erzählt da Costa. Doch er hatte seinen eigenen Plan. „Ich habe kurz zuvor unserem Ersatztorhüter versprochen, ich mach ein Tor.“ Und da Costa, der Glücksbringer, hielt Wort. In der 122. Minute drosch er den Ball volley ins Bielefelder Tor. Als in der letzten Aktion der Armine Arne Feick den Ball nur an den Pfosten köpfte, war das 4:2 n. V. und die Auferstehung der Lilien perfekt. „Heute sind wir aufgestiegen in den Olymp der Verrückten und Bekloppten“, freute sich Stürmer Marco Sailer: „Dass wir hier vier Tore schießen, hat außer uns keiner geglaubt.“
Fassungslosigkeit bei Lettieri
Für Bielefeld könnte der sofortige Wiederabstieg unabsehbare Folgen haben. Der ehemalige Augsburger Meistertrainer Gino Lettieri, er hatte den FCA 2002 aus der Bayernliga in die Regionalliga geführt, stand als Co-Trainer von Norbert Meier beim Abpfiff genauso fassungslos an der Außenlinie wie Ersatz-Torhüter Patrick Platins, der ebenfalls schon das FCA-Trikot trug.
Bielefeld drücken rund 25 Millionen Euro Schulden. Die Drittliga-Lizenz ist trotz einer Etathalbierung auf drei Millionen Euro gefährdet. Anstatt vier Millionen Euro Fernsehgelder stehen in Liga drei nur noch 750 000 Euro zur Verfügung.
In Darmstadt hingegen herrscht Ausnahmezustand. Nach 21 Jahren kehrt der Verein mit der Lilie im Wappen in die zweite Bundesliga zurück. Der Ex-Bundesligist war in die Bedeutungslosigkeit abgestürzt. Erst 2011 gelang wieder der Aufstieg in die dritte Liga, vor einem Jahr 2013 drohte der erneute Abstieg. Nur weil den Offenbacher Kickers die Lizenz entzogen wurde, blieb Darmstadt Drittligist. Trainer Schuster erhielt die Nachricht in Thailand am Strand auf seinem Handy. Schuster formte fast aus dem Nichts aus vielen Secondhand-Spielern einen verschworenen Haufen mit Sieger-Mentaliät.
Vom Absteiger zum Aufsteiger, ein Fußball-Bestseller. Mittendrin: Benjamin Baier, 25, der jüngere Bruder von FCA-Star Daniel Baier, und – Elton da Costa, der Ur-Darmstädter. Als der Brasilianer 2000 nach Deutschland kam, war Regionalligist Darmstadt seine erste Profi-Station. Über Unterhaching kam er 2005 zum FCA. Der damalige Trainer Rainer Hörgl hatte ihn beim Münchner Zweitligisten entdeckt: „Mich freut es riesig für Elton. Er ist kein typischer Brasilianer, kein Filigrantechniker, aber er ist kopfballstark und hat eine super Schusstechnik.“ Was er am Montag bewies.
Da Costa war beim FC Augsburg Publikumsliebling
Fünf Jahre spielte der Familienvater in Augsburg, war Publikumsliebling. „Es waren meine schönsten Jahre“, schwärmt da Costa. 2006 stieg er mit dem FCA in die zweite Liga auf. 2010, nach der verpatzten Bundesliga-Relegation gegen den Klub, erhielt da Costa keinen Vertrag mehr. Er ging nach Offenbach, kehrte dann nach Darmstadt zurück, dem Geburtsort seiner Frau.
Ebenfalls schon in Augsburg aktiv war auch der heutige Darmstädter Assistenztrainer Sascha Franz, Co-Trainer beim FCA unter Holger Fach und aus Syrgenstein im Landkreis Dillingen stammt da Costas Mitspieler Michael Stegmayer.
Neben den Musterschülern 1. FC Heidenheim und RB Leipzig erhält die zweite Liga mit Darmstadt nun einen Klub mit viel lila Tradition, aber auch mit einem Riesenproblem. Das Stadion am Böllenfalltor ist marode. Anfang 2015 soll der Umbau beginnen, es fehlt aber noch die Zusage des Landes Hessen.
Daran dachte gestern niemand. Die Fans feierten mit da Costa und Co. mitten in der Stadt. Da Costas Vertrag läuft aus. Doch als die Spieler, die den Verein verlassen, verabschiedet wurden, war er nicht dabei. Ein gutes Zeichen? Da Costa würde gerne noch ein Jahr in der zweiten Liga dranhängen. „Wir werden reden. Ich bin fit“, sagt der 34-Jährige, den 2010 der damalige FCA-Trainer Jos Luhukay bei seinem Abschied so charakterisierte: „Er ist ein hervorragender Einwechselspieler.“
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