Marco Kurz: "Der Mannschaft gewisse Zeit geben"
Marco Kurz ist der neue Trainer beim FC Ingolstadt 04. Im Interview spricht er auch über seine Ziele beim Zweitligisten.
Das Geheimnis, wer die Nachfolge des bisherigen Cheftrainers Tomas Oral antreten wird, hatte Fußball-Zweitligist FC Ingolstadt 04 bereits am Sonntagabend gelüftet: Wie die Neuburger Rundschau in ihrer Montagsausgabe berichtete, hat ab sofort Marco Kurz (44) das sportliche Sagen.
„Bereits nach der Kontaktaufnahme und den ersten Gesprächen war klar, dass Marco unser Wunschkandidat ist, da er das ausgearbeitete Anforderungsprofil hervorragend ausfüllt“, erklärt FC 04-Sportdirektor Thomas Linke. „Wir hätten entweder auf einen sehr gestandenen oder eben einen jungen Trainer, der seine besten Jahre noch vor sich hat, setzen können. Letztlich haben wir uns dann für die zweite Variante und damit für Marco Kurz entschieden“, so Linke weiter, der seinen ehemaligen Teamkollegen vom FC Schalke 04 mit einem Drei-Jahres-Vertrag bis zum 30. Juni 2016 ausstattete.
Wir sprachen mit dem neuen Chefcoach der Schanzer, der am Dienstag seine erste Trainingseinheit leitet.
Willkommen in Ingolstadt, Herr Kurz. Warum haben Sie sich für ein Engagement beim FC 04 entschieden?
Kurz: Ich hatte einfach ein gutes Gefühl – sei es bei den Gesprächen, den handelnden Personen, der Idee oder der Aufgabe, die mich hier erwartet. Das alles war für mich sehr positiv. Hinzu kommt, dass ich ja quasi die Entwicklung des Vereins – wenn auch stets als gegnerischer Trainer – mitverfolgen durfte. Während meiner Zeit in Pfullendorf haben wir beispielsweise noch nicht im Audi-Sportpark gespielt. Wenn ich dann heute das ganze Trainingsgelände oder das Stadion selbst sehe, dann ist das schon beeindruckend.
Wie lange hat es zwischen der ersten Kontaktaufnahme und der Unterschrift unter den Vertrag gedauert?
Kurz: Ich hatte am vergangenen Montag den ersten Kontakt mit Thommy (Linke, Anm. d. Red.). Bei diesem ersten ’Step’ ging es zunächst einmal darum, ein Gefühl für die sportliche Ausrichtung des Vereins zu bekommen. Beim nächsten Gespräch ist es dann schon einen Schritt weitergegangen. Man spricht über die Vertragslaufzeit, Ziele und so weiter. Endgültig entschieden habe ich mich dann am Ende der Woche, während die Unterschrift letztlich am Montag erfolgt ist.
Ihr Arbeitspapier ist zunächst bis zum 30. Juni 2016 datiert, was für einen Trainer auf den ersten Blick ein ungewöhnlich langer Zeitraum ist. Kam der Wunsch bezüglich einer derartigen Laufzeit von Ihnen oder von Vereinsseite?
Kurz: Von Vereinsseite.
Wie wichtig ist Ihnen dieser Vertrauensvorschuss?
Kurz: Es zeigt ganz einfach die Bodenständigkeit und Ruhe, die man ausgibt, um eine Entwicklung nehmen zu dürfen. Dies zu spüren und dementsprechend zu dokumentieren, ist gerade für einen Trainer enorm wichtig.
Welche Ziele stecken Sie sich, gerade auch kurzfristig, mit dem FC Ingolstadt 04?
Kurz: Wichtig ist immer eine Seriosität in den Aussagen. Bei all dem, was man gerne möchte, wäre es sicherlich verkehrt zu sagen, dass man als FC Ingolstadt 04 aufsteigen will oder muss. Derartige Zielsetzungen können die Bundesliga-Absteiger oder ambitionierte Vereine wie Köln eher ausgeben. Aus unserer Sicht wäre das unseriös – wobei das natürlich auch nicht heißen soll, dass wir nicht hungrig auf Erfolge sind. Aber man muss der Mannschaft schon eine gewisse Zeit geben, um sich zu entwickeln. So erwarten wir beispielsweise von Spielern, die jetzt ihre zweite Saison in der 2. Bundesliga bestreiten, den nächsten Schritt oder von den erfahrenen Akteuren, dass sie ihre Stabilität weiterhin bringen und verbessern. Insgesamt sehe ich ohnehin eine gute Entwicklung beim FC Ingolstadt 04.
In der abgelaufenen Saison hatte die Mannschaft vor allem im Audi-Sportpark immens große Probleme und belegte dementsprechend in der Heimtabelle der 2. Bundesliga den vorletzten Platz. Gilt es vor allem hier, den Hebel anzusetzen?
Kurz: Es bringt mir ja nichts, wenn ich auf einmal alle Heimspiele gewinne, dafür aber auswärts jede Partie verliere (lacht). Natürlich wollen wir daheim eine gute Basis und dabei eine gewisse Ausstrahlung und Macht an den Tag legen, um möglichst viele Zuschauer ins Stadion zu bekommen – was angesichts der Konkurrenzsituation um uns herum mit München oder Augsburg sicher nicht ganz einfach ist. Ich möchte allerdings auch betonen, dass ich die vergangene Saison insgesamt positiv sehe. Ingolstadt war sehr stabil und man darf auch nicht die Nerven verlieren, wenn man drei Spieltage vor Schluss rechnerisch noch drei Punkte benötigt. Bei einem Resümee muss man letztlich schon immer die gesamte Spielzeit betrachten und nicht nur die letzten zwei, drei Begegnungen.
Welche Art von Fußball schwebt Ihnen in Ingolstadt vor?
Kurz: Grundlegend ist es für mich wichtig, dass die Spieler ihre Aufgaben auf ihrer Position kennen und diese entsprechend umsetzen. Von einem bestimmten System möchte ich zum jetzigen Zeitpunkt noch gar nicht sprechen, da sich diese immer erst während der Vorbereitung herauskristallisiert, nachdem ich den Kader gesehen und beobachtet habe. Letztendlich möchte ich immer eine engagierte und leidenschaftliche Mannschaft auf dem Platz sehen, die von der Disziplin her besser als der Gegner ausgerichtet ist und die das Spiel unbedingt gewinnen möchte.
Bei Ihren vorangegangenen Trainerstationen in Kaiserslautern und Hoffenheim haben Sie mit Ihrem Co-Trainer Günther Gorenzel zusammengearbeitet. Werden Sie auch nach Ingolstadt Ihren eigenen Stab mitbringen oder auf die Dienste des bisherigen FC 04-Assistenzcoaches Michael Henke setzen?
Kurz: Nun, es gibt hier ein intaktes Trainerteam, von dessen Struktur her ich es mir nicht anmaßen möchte zu sagen, dass dieses verändert werden müsste. Die Grundvoraussetzung ist, dass wir jetzt eine gewisse Zeit zur Verfügung haben, um zueinanderzufinden – und wollen das auch tun! Natürlich hatte ich zuletzt immer Günther Gorenzel dabei. Doch es gibt hier eben eine andere Situation, mit der ich absolut kein Problem habe. Im Gegenteil, ich kenne Michael Henke ja noch aus unserer gemeinsamen Zeit in Dortmund, als ich dort Spieler und er bereits Co-Trainer war. Von ihm und seiner Erfahrung kann ich als junger Chefcoach sicher noch einiges lernen.
Stichwort Hoffenheim: Sie haben bei der TSG während der laufenden Saison angeheuert (2. Januar 2013), beim FC Ingolstadt 04 nun zu Beginn der Spielzeit. Ist der Zeitpunkt des Einstiegs bei einem Verein ein großer Unterschied?
Kurz: Ja, auf alle Fälle. Gerade die Vorbereitungsphase ist hier sehr wichtig. Man lernt die bereits vorhandenen Spieler kennen und kann dementsprechend entscheiden, ob eventuell auf der einen oder anderen Position noch nachgebessert werden muss. Allerdings – und das sage ich bewusst – werden wir nicht nachbessern, damit nur nachgebessert worden ist. Das Ganze sollte dann schon einen Inhalt haben, der uns letztlich auch weiterbringt.
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