Zu viel Geld: Fußball-Deutschland hat Angst vor den Engländern
Weil Englands Fußball im Geld schwimmt, fürchtet die Bundesliga den Ausverkauf. Nun will sie ihre Einkünfte steigern. Allen voran der FC Bayern.
In Fußball-Deutschland geht ein Gespenst um. Gehüllt in englisches Tuch zieht es einen Geldkarren hinter sich her und entführt der Bundesliga ihre besten Spieler. Wenn am 14. August der Deutschen ewige Leidenschaft in die 53. Saison startet, ist kein Weltmeisterkicker mehr im Land. Alle in London, Manchester, Liverpool – oder wo immer die Geldströme aus den TV-Verträgen am mächtigsten fließen.
Woher der Albtraum? Fast sieben Milliarden Euro kassieren die 20 Klubs der Premier League in den drei Jahren ab 2016, weil dort konkurrierende Privatsender die Summen in die Höhe getrieben haben. Dagegen nehmen sich die 2,5 Milliarden für die Bundesliga, verteilt auf vier Jahre, beinahe bescheiden aus. In Deutschland verhindert das Sky-Monopol auf dem Pay-TV-Markt englische Verhältnisse.
Der Transfer von Bastian Schweinsteiger zu Manchester United ließ sich noch ertragen
So gesehen ist der englische Beutezug bislang bescheiden ausgefallen, sieht man von Firmino ab, den der FC Liverpool für 41 Millionen Euro aus Hoffenheim geholt hat. Die deutsche Reaktion: besorgt, aber verhalten. Firmino ist Brasilianer und Hoffenheim Bundesliga-Randgebiet. Auch der Schweinsteiger-Transfer nach Manchester ließ sich noch ertragen. Danach aber genügte schon eine haltlose Spekulation, derzufolge dem FC Bayern eine englische 100-Millionen-Offerte für Thomas Müller vorliege, und Fußball-Deutschland hyperventilierte.
Der Rekordmeister hat die Chance genutzt und wieder einmal darauf hingewiesen, dass die Bundesliga bedroht sei, wenn man die Engländer finanziell derart davonziehen lasse. Tatsächlich kassiert der Letzte der Premier League aus Fernsehgeldern schon jetzt über 40 Millionen mehr als der Erste der Bundesliga. Das würden die Münchner gerne ändern. Seit Jahren werben sie für die Einzelvermarktung. Jeder Klub handelt dann für sich. Dem deutschen Marktführer brächte das geschätzte 200 Millionen Euro ein, das Vierfache des bisherigen Saisonertrags. Nur so könne er auch zukünftig mit den Branchen-Riesen konkurrieren.
Der FC Bayern wird auch in dieser Bundesliga-Saison weit über allen spielen
Das ist nicht von der Hand zu weisen. Wer bis zum Finale der Champions League einen deutschen Klub sehen will, muss ihn mit astronomischen Summen ausstatten. Die deutschen Kartellwächter bremsen noch. Sie sehen den freien Wettbewerb bedroht. Wie aber die Kleinen auf Ballhöhe halten? Ein Solidartopf, von den Reichen alimentiert? Keine gute Idee, wenn die Großen selbst entscheiden, wie viel sie abgeben. Dann lieber weiter alles in der Hand der Deutschen Fußball Liga (DFL) belassen.
Spanien, wo sich der FC Barcelona und Real Madrid mit großem Vorsprung selbst vermarkten, will nächste Saison die deutsche Zentralvermarktung einführen. Eine Art sozialer Marktwirtschaft, die halbwegs verhindert, dass oben und unten völlig auseinanderdriften. Trotzdem wird der FC Bayern auch diese Saison wieder weit über allen spielen. Man kann diese Dominanz beklagen, dass der Meister schon am ersten Spieltag so gut wie feststeht. Wer andererseits einen deutschen Champions-League-Triumph feiern will, muss das ertragen. Die Bundesliga versucht, ihr internes Gefälle mit einer Salami-Taktik auszugleichen. Um TV-Einnahmen zu steigern, wird ab 2017 zusätzlich montagabends und sonntagmittags gespielt. So zerbröselt sie den traditionellen Bundesliga-Samstag um ein weiteres Stück.
Das alles wird die Gespenster nicht vertreiben. Die Bundesliga sollte die englischen Transfer-Millionen entgegennehmen, damit eigene Talente fördern, die später wieder WM-Titel gewinnen. Durch Europa zu ziehen und fertige Spieler einzukaufen, ist kein Weg. Fußball-England sollte das wissen – seit 49 Jahren.
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