Tim Wiese und das schöne Leben
Bei einem Abstiegskandidaten von einem viertklassigen brasilianischen Torwart abgelöst - Tim Wiese müsste geknickt sein. Freut sich aber über sein Leben.
Was haben Hansi Hinterseer und Tim Wiese gemeinsam? Viel. Beide blicken auf eine große Sportlerkarriere zurück. Der eine als erfolgreicher Skirennläufer, der andere als ehemaliger Fußball-Nationaltorhüter. Und beide erlebten ein rabenschwarzes Wochenende. Dem Schlagersänger mit dem Dackelblick drehte die ARD den Saft ab.
Tim Wiese: Abgesägt
Nach mehr als 60 Sendungen „Hansi Hinterseer“ seit 1995 soll „Wintertraum in Schladming“ die letzte Folge gewesen sein. An der Seite seines Berner Sennenhundes Gina verabschiedete sich Hinterseer mit einem Pfiat di. Gut, dass die Taschentücher griffbereit neben dem Sofa lagen.
Am gleichen Tag wurde in Hoffenheim Tim Wiese abgesägt. Der Tabellen-Sechzehnte hatte seine frühere Nummer eins aus dem Kader genommen, um ihn vor den verheerenden Kritiken zu schützen.
Gomes, der Pannen-Heurelho
Besonders bitter für Wiese: Statt eines zweiten Sepp Maier verpflichtete der Bundesligist Heurelho Gomes, immerhin die Nummer vier von Tottenham Hotspurs. Wo doch jeder Laie weiß, dass Brasilianer im Fußball alles können außer Torwart. Ein Internet-Video mit dem Zusammenschnitt der Gomes-Großtaten gibt Anlass zu schlimmsten Befürchtungen. Im Vergleich dazu müsste „Pannen-Olli“ in „Riesen-Reck“ umgetauft werden. Und das, obwohl Oliver Reck Schwärme von Fliegen gefangen hat. Schwamm drüber, nur die Leistung zählt. In seinem ersten Hoffenheim-Einsatz feierte Heurelho Gomes ein 2:1 gegen Freiburg und erhielt gute Kritiken.
Wiese: Die Fallhöhe ist schwindelerregend
Tim Wiese ist im Augenblick die Nummer drei. Die Fallhöhe ist schwindelerregend. Vor knapp einem Jahr noch bei seinem letzten Länderspiel gegen Frankreich (1:2) von den Zuschauern in Bremen gefeiert, erlebte der 31-Jährige einen Absturz zum Ersatzmann in Hoffenheim. Zu 1899 war der Schlussmann im vergangenen Sommer ablösefrei gewechselt.
Die Degradierung rechtfertigt Manager Andreas Müller mit dem „unmenschlichen Druck“, der auf ihrem Torwart lastete, spricht aber auch von sportlichen Gründen.
Im Gegensatz zu Hansi Hinterseer nimmt sich Tim Wiese, Solarium-gebräunt und das lange Haupthaar perfekt gegelt, die Absetzung nicht zu Herzen. Sein Vertrag mit einem geschätzten Jahresgehalt von drei Millionen Euro läuft noch bis zum 30. Juni 2016.
„Wieso schwierig?“, entgegnet der sechsfache Nationalspieler auf eine Frage von Journalisten zu seiner Lage. „Meine Situation ist überragend, ganz entspannt. Ich habe doch ein schönes Leben – im Gegensatz zu euch.“
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