Erik Lesser und die WM-Norm: "Fragen bringen mich auf 180"
Erik Lesser ist amtierender Biathlon-Weltmeister in der Verfolgung. Die Quali für die kommende WM hat er aber noch nicht geschafft - und reagiert dünnhäutig auf Nachfragen dazu.
Um 14.44 Uhr unternahm Erik Lesser gestern einen weiteren Anlauf, sich für die Weltmeisterschaft zu qualifizieren. Die findet im März in Oslo statt. Stand heute wird dort zumindest ein Weltmeister fehlen: Erik Lesser, Titelverteidiger in der Verfolgung. Auch gestern schaffte er die interne Qualifikationsnorm des deutschen Teams nicht. Noch nicht, sagt er selbst. Immer noch nicht, befürchten viele Fans. Einmal unter die ersten Acht oder zweimal unter die ersten 15 muss laufen, wer bei der WM starten will. Einmal Platz zwölf kann Lesser in dieser Saison bisher vorweisen.
Gestern kam er beim Weltcup-Einzel in Ruhpolding auf Platz 17. Den Sieg holte sich der Franzose Martin Fourcade. Lessers Pech ist, dass er vergangenes Jahr im finnischen Kontiolahti in der Verfolgung den Titel holte. Es ist die einzige Biathlon-Disziplin, in der der Weltmeister nicht automatisch für die nächsten Titelkämpfe gesetzt ist, da sich das Teilnehmerfeld erst aus dem vorhergehenden Sprint ergibt. Biathlon: Ergebnisse vom Weltcup in Ruhpolding
Für Lesser ist das alles andere als eine zufriedenstellende Situation. Entsprechend dünnhäutig reagiert er derzeit auf das Thema. "Alle Fragen zur WM-Norm bringen mich auf 180", raunte er gestern Nachmittag warnend in die Journalistenrunde, während ein eisiger Wind durch die Mixed-Zone pfiff. Nachdem die Fronten geklärt waren, präsentierte sich der 27-Jährige aber aufgeräumt. Warum auch nicht, denn immerhin lieferte er gestern die drittbeste Laufzeit des gesamten Feldes. "Ich hatte super Skier. Und natürlich war es ein Vorteil, eher später ins Rennen zu gehen, da es aufgehört hat zu schneien", sagte er.
Zu viele Fehler am Schießstand
Während sich die Starter mit den frühen Nummern durch eine dicke Schicht Neuschnee pflügen mussten, profitierte Lesser (Startnummer 58) davon, dass die Strecke immer schneller wurde. Die Chance auf eine gute Platzierung vergab er am Schießstand. "Vier Fehler sind einfach zu viel, um vorne mitzulaufen", lautete sein Fazit.
Damit steht das gestrige Rennen sinnbildlich für den bisherigen Saisonverlauf des Erik Lesser. Mal läuft er schnell und schießt schlecht, mal ist es andersherum, mal geht gar nichts zusammen. Den Idealfall, dass Schießen und Laufen gleichermaßen gut funktionieren, gab es bisher noch nicht. Seinen Optimismus hat Lesser aber nicht verloren. "Die Ergebnisse werden kommen", sagte er schon im Vorfeld von Ruhpolding. Dementsprechend ging er auch ins gestrige Rennen. "Ich war motiviert und angriffslustig. Läuferisch war es dann ja auch extrem geil."
Durch die Patzer am Schießstand verpasste er aber erneut die WM-Norm. Besser machte es sein Mannschaftskollege Benedikt Doll. Als Achter war er bester Deutscher. Keine Chance hatten dagegen Arnd Peiffer und Andreas Birnbacher, die als Sechster und 19. ins Rennen gingen. Vor allem Peiffer litt unter dem tiefen Schnee und landete abgeschlagen auf Platz 62. "Ich habe mich mit der Startnummer verpokert", gab er danach zu.
Birnbacher, als 15. zweitbester Deutscher, befand, er sei zu defensiv an die Sache herangegangen. "Ich bin eigentlich nicht unzufrieden, aber 90 Prozent Trefferquote reichen eben nicht für eine Top-Platzierung." Immerhin: Die WM-Qualifikation haben sie alle schon geschafft. Das soll auch bei Lesser noch klappen, sagt Bundestrainer Mark Kirchner. "Er bekommt von mir alle Unterstützung", hatte er schon vor dem gestrigen Rennen angekündigt und zog Parallelen zu Peiffers langwierigem Kampf mit der WM-Norm in der vergangenen Saison. "Bei ihm haben wir es auch geschafft."
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