Rheuma bei Kindern ist gut behandelbar
Die Klinik für Kinder und Jugendliche am Josefinum Augsburg bietet verschiedene Therapien bei Rheuma an. Ein Gespräch mit Oberarzt Thomas Keller.
Interview mit Thomas Keller, Oberarzt im Krankenhaus für Kinder und Jugendliche am Josefinum Augsburg. Sein Schwerpunkt ist die Kinderrheumatologie.
Herr Keller, was ist Rheuma?
Thomas Keller: Der Begriff „Rheuma“ ist eigentlich Sammeltopf für einige hundert Erkrankungen. Dazu gehören Autoimmunerkrankungen, wie das klassische Gelenkrheuma oder Lupus Erythematodes, aber auch Autoinflammationssyndrome (Fiebersyndrome), wie das Familiäre Mittelmeerfieber und viele andere. Allgemein verstehen viele Menschen unter „Rheuma“ aber vor allem das klassische Gelenkrheuma, die juvenile idiopathische Arthritis (JIA), die einen großen Teil dieser Erkrankungen bei Kindern ausmacht.
Wie äußert sich Gelenkrheuma bei Kindern?
Keller: Die Beschwerden sind je nach Alter unterschiedlich und oft schwer zu erkennen. Bei kleinen Kindern, die noch nicht laufen können, ist es oft nur die Beobachtung der Eltern, dass bestimmte Bewegungen, wie das Anwinkeln der Beine beim Wickeln, Schmerzen verursachen. Später werden die Beschwerden dann auch geäußert, oder Kinder wollen plötzlich wieder mehr getragen werden, krabbeln mehr als sie laufen oder schonen bestimmte Gelenke. Schwellungen an den Gelenken sind dann schon ein sehr deutliches Zeichen.
Ist die Krankheit vererbbar oder sind dafür Auslöser bekannt?
Keller: Es existiert nach derzeitigem Kenntnisstand keine direkte Vererbung. Aber eine familiäre Vorbelastung im Hinblick auf Autoimmunerkrankungen kann eine Rolle spielen. Ob die Erkrankung dann zum Ausbruch kommt, hängt mit einem ungünstigen Zusammentreffen verschiedener Faktoren zusammen. Beim frühkindlichen Rheuma wird oft ein Infekt oder auch ein Bagatelltrauma - eine Prellung oder Ähnliches - kurz vor den ersten Beschwerden berichtet. Oft ist aber auch kein Auslöser zu finden.
Unterscheidet sich Rheuma bei Kindern von dem Erwachsener?
Keller: Es gibt sowohl bei der medikamentösen Behandlungsstrategie als auch bei den Folgen der Erkrankung Unterschiede. Kinder und Jugendliche befinden sich im Wachstum und entwickeln noch ihre Persönlichkeit. Beides kann gestört werden, sodass neben den körperlichen Folgen auch die Psyche anders reagiert. Auch bei der Krankengymnastik und Hilfsmittelversorgung ist eine andere Herangehensweise als bei Erwachsenen gefragt.
Welche Behandlungsmöglichkeiten gibt es?
Keller: Grundsätzlich ist Gelenkrheuma inzwischen dank der modernen Diagnostik- und Therapiemöglichkeiten eine gut behandelbare Erkrankung. Die Therapie setzt sich zusammen aus medikamentöser Behandlung der Entzündungsreaktion und Krankengymnastik, der Hilfsmittelversorgung und gegebenenfalls auch psychosomatischer Unterstützung. Im Josefinum bieten wir neben der kinderrheumatologischen Ambulanz und der stationären Behandlung auch Physiotherapie an. Bei Bedarf werden im Einzelfall auch unkompliziert andere Fachdisziplinen eingebunden. Bei sehr schwerwiegenden Verläufen mit intensivem Therapiebedarf arbeiten wir eng mit den Kollegen des Deutschen Zentrums für Kinder- und Jugendrheumatologie Garmisch-Partenkirchen zusammen.
Ist die Krankheit heilbar?
Keller: Derzeit existiert keine Behandlungsmöglichkeit, die zu einer sicheren Heilung führt. Es gibt gerade beim kindlichen Rheuma aber Verlaufsformen, die unter einer vorübergehenden medikamentösen Therapie - meist ein bis zwei Jahre - eine hohe Selbstheilungsrate - bis zu 50 Prozent - zeigen. Leider gibt es aber auch viele Patienten, die lange Zeit oder auch lebenslang auf Medikamente angewiesen sind. Im Vergleich zur Situation vor wenigen Jahrzehnten ist aber auch dies ein großer Fortschritt, da „Rheuma“ früher gleichbedeutend mit Frühinvalidität oder gar verkürzter Lebenserwartung war, was heute so nur noch in Ausnahmefällen gilt.
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