Ex-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt soll Aufsichtsrat bei der Bahn werden. Es gibt Zweifel, ob er der richtige Mann ist. Und da ist noch ein Problem.
Für den CSU-Politiker Christian Schmidt ging die Bundestagswahl nicht gut aus. Er verlor seinen Posten als Landwirtschaftsminister. Jetzt, heißt es, soll Schmidt als Aufsichtsrat zur Bahn wechseln. Muss das sein?, möchte man fragen.
Der Fall ist aber komplizierter, als es den Anschein hat.
Gänzlich absurd wäre Schmidts Wechsel nicht. Es hat Sinn, einen politischen Vertreter im Aufsichtsrat der Bahn zu haben. Dieser richtet ein achtsames Auge auf das Unternehmen und seine Entwicklung. Die Bahn ist zu hundert Prozent in Staatsbesitz. Zu kontrollieren gibt es viel. Denn nicht alles läuft rund. Verspätungen plagen die Fahrgäste, lange Zeit wurde viel im Ausland und in Tochterfirmen investiert, aber zu wenig in die Infrastruktur.
Etwas mehr politische Steuerung zugunsten der Kunden kann der Bahn guttun. Mit der SPD-Politikerin Kirsten Lühmann ist bereits eine Bundestagsabgeordnete im 20-köpfigen Kontrollgremium vertreten. Ein CDU-Mann soll ebenfalls einziehen. Die Frage ist aber, ob Christian Schmidt für die CSU der Richtige ist. Daran kann man zweifeln.
Gesetz sieht 18 Monate Karenzzeit vor
Ins Feld geführt wird derzeit das Karenzzeit-Gesetz, das seit 2015 gilt. Mitglieder der Bundesregierung müssen 18 Monate pausieren, bis sie eine Tätigkeit außerhalb des öffentlichen Dienstes antreten, falls Interessenkonflikte zu befürchten sind. Erinnern wir uns an die vielen kritischen Fälle: Hildegard Müller wechselte nach ihrer Zeit als Staatsministerin im Kanzleramt 2008 an die Spitze des Verbandes der Energie- und Wasserwirtschaft. Eckart von Klaeden heuerte nach derselben Tätigkeit als Cheflobbyist bei Daimler an.
Der schnelle Gang durch die Drehtür zwischen Politik und Wirtschaft weckt die Befürchtung, dass Politiker nicht unabhängig entscheiden, wenn sie bereits ihre zukünftige Aufgabe vor Augen haben. Christian Schmidt kann sich zwar zugutehalten, dass er nur kurze Zeit kommissarischer Verkehrsminister war, als sich nach der Wahl die Regierungsbildung über Monate hinzog. Mit der gleichen Berechtigung kann man aber fragen, worin seine Expertise liegt, Aufseher bei der Bahn zu werden.
Schmidt ist Verteidigungs- und Außenexperte, kein Verkehrsfachmann. Auch als Landwirtschaftsminister machte er nicht die beste Figur. In Erinnerung bleibt, dass er auf EU-Ebene für die weitere Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat stimmte und Bedenken der damalige Umweltministerin Barbara Hendricks ignorierte. Qualifikation und Vergütung sollten aber zusammenpassen. Ein Ehrenamt ist eine Stelle im Aufsichtsrat der Bahn nicht. Die Mitglieder erhalten pro Jahr immerhin 20.000 Euro, dazu kommen erfolgsabhängige Zahlungen, der Chef des Gremiums kommt auf rund 100.000 Euro.
Das Vertrauen in die Eliten sinkt
Das größte Problem aber dürfte sein, dass das Vertrauen in Führungsfiguren und Eliten in den vergangenen Jahren bereits stark gelitten hat. Wechsel auf Versorgungsposten befeuern die kritische Stimmung. Schmidts Fall erinnert zu sehr an Ronald Pofalla, der 2015 als früherer Kanzleramtschef ein Expressticket zur Bahn nahm und heute Vorstand für die Infrastruktur ist.
Das bestärkt den Eindruck, dass die Netzwerke dicht gestrickt sind und Politiker weich fallen. Der frühere FDP-Gesundheitsminister Daniel Bahr ging zur Allianz, Ex-Entwicklungsminister Dirk Niebel zum Rüstungskonzern Rheinmetall, Altkanzler Gerhard Schröder zum russischen Energiekonzern Gazprom.
Das Vertrauen der Bürger in die Politik ist angeknackst. Nur 14 Prozent der Bürger trauen der Berufsgruppe über den Weg, wie die Marktforscher der GfK ermittelt haben. Das ist der letzte Platz.
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