Das bringen die Steueranreize im Wohnungsbau
Die Bundesregierung will die Entstehung neuer Mietwohnungen mit einem Gesetz ankurbeln. Wie die Sonderabschreibungen funktionieren, was gefördert wird und wer davon profitiert.
In vielen Städten wird der Wohnraum knapp. Nicht nur Familien und Studenten drängt es in die Innenstädte, auch der Zuzug an Flüchtlingen lässt eine steigende Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen erwarten. Die Bundesregierung hat deshalb einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Anreize zum Bau von Mietwohnungen setzen soll. Wer baut, könnte bald von Sonderabschreibungen profitieren. Im Folgenden klären wir, wie die Förderung aussieht und warum es Kritik an den Plänen gibt.
Wo wird der Bau von Wohnungen gefördert?
Die Bundesregierung will den Bau von Mietwohnungen in Gegenden mit angespannter Wohnraumsituation fördern. Zum Beispiel dort, wo das Mietniveau mindestens fünf Prozent über dem Bundesdurchschnitt liegt, berichtet das Finanzministerium. Auch Gebiete, in denen die 2015 eingeführte Mietpreisbremse gilt, werden einbezogen. „Im Prinzip fördert das neue Gesetz den Bau von Mietwohnungen in den Innenstädten von Großstädten wie München, Berlin oder Hamburg“, erklärt Gordon Gross, Referent des Eigentümerverbands Haus und Grund, der die Interessen von rund 900.000 Mitgliedern vertritt.
Für welche Wohnungen gibt es die geplante Unterstützung?
Gefördert werden sollen Wohnungen, für die ein Bauantrag zwischen dem 1. Januar 2016 und dem 31. Dezember 2018 gestellt wurde oder gestellt wird. „Das Gesetz betrifft damit den Neubau, keine Bestandsimmobilien“, erklärt Haus-und-Grund-Experte Gross. Damit die Förderung nicht Luxusimmobilien zugutekommt, gibt es eine Obergrenze für die Baukosten. Diese dürfen abzüglich der Ausgaben für den Grunderwerb nicht höher als 3000 Euro pro Quadratmeter liegen. Teurere Wohnungen erhalten die neue Förderung nicht. „Im Bundesschnitt liegen die Baukosten bei 1600 bis 1800 Euro pro Quadratmeter, in den Großstädten kommt man aber schnell über 2000 Euro“, erklärt Gross.
Wer profitiert von der geplanten Förderung?
Profitieren können Bauherren, die Mietwohnungen errichten, oder Käufer, die neu errichtete Wohnungen erwerben. Die Förderung geht dann vom Bauherrn auf den Käufer über. „Die Förderung kann ein Anreiz sein, eine Wohnung zu kaufen, wenn man weiß, dass darauf eine Sonderabschreibung liegt“, erklärt Haus-und-Grund-Experte Gross. Wer dagegen ein Haus baut, um selbst darin zu wohnen, hat Pech gehabt: Die Förderung ist nur für die Vermietung gedacht.
Wie funktioniert das Modell?
Die Förderung geschieht über eine zusätzliche, zeitlich befristete Sonderabschreibung. Abschreibungen ermöglichen es einem Bauherrn, seine Steuerschuld zu senken. Gefördert werden maximal 2000 Euro pro Quadratmeter auf drei Jahre (wobei die Baukosten nicht über 3000 Euro pro Quadratmeter liegen dürfen). „Kostet eine Wohnung also 2200 Euro pro Quadratmeter, gibt es nur für 2000 Euro eine Förderung“, erklärt Immobilien-Experte Gross. Den Plänen zufolge können dabei im ersten und zweiten Jahr bis zu zehn Prozent und im dritten Jahr bis zu neun Prozent der Kosten geltend gemacht werden. Zu der neuen Sonderabschreibung kommt die normale „Abschreibung für Abnutzung“ (AfA) auf eine Immobilie von jährlich zwei Prozent. Insgesamt können mit dem geplanten Gesetz also 35 Prozent einer Immobilie in den ersten drei Jahren abgeschrieben werden. Ein Beispiel: Kostet ein Objekt 350000 Euro, kann ein Bauherr sein zu versteuerndes Einkommen in den drei Jahren um insgesamt 35 Prozent dieses Betrags mindern – also um 122500 Euro.
Für wen ist die Förderung attraktiv?
Der Eigentümerverband Haus und Grund befürchtet, dass das Gesetz vor allem institutionellen Akteuren zugutekommt. „Für den privaten Wohnungsbau ist das nichts“, sagt Immobilien-Fachmann Gross. „Hier werden Heuschrecken angelockt, also Investmentfonds, große Kapitalgesellschaften und vielleicht noch große Wohnungsbauunternehmen, die alle hohe Einnahmen haben, die sie abschreiben möchten.“ Privatleute haben meist niedrigere Einkommen und damit eine geringere Steuerlast. Sie können damit auch nicht in dem Maße von den Abschreibungen profitieren.
Wird durch die Förderung wirklich neuer Wohnraum geschaffen oder kommt es zu Mitnahmeeffekten?
Der Eigentümerverband Haus und Grund ist skeptisch. „Das Gesetz wird ein bisschen helfen, eine große Bauwelle wird aber nicht einsetzen“, sagt Fachmann Gross. Er erwartet starke Mitnahmeeffekte, da die Förderung rückwirkend ab 1. Januar gelten soll. Die Förderung käme damit Wohnungen zugute, die es sowieso geben wird. „So schnell plant keiner ein Gebäude“, sagt Gross. Ähnlich argumentiert der Deutsche Mieterbund: „Ob durch diese Sonderabschreibung jemals Wohnungen mit bezahlbaren Mieten entstehen, ist in keinster Weise sichergestellt“, sagt Präsident Lukas Siebenkotten. Optimistischer ist die Bauindustrie. „Die Sonderabschreibung kann ein wirksamer Anreiz sein, mehr bezahlbare Wohnungen zu bauen“, erklärte Axel Gedaschko, Präsident des Spitzenverbandes der Wohnungswirtschaft.
Welche Erfahrungen gibt es mit Sonderabschreibungen?
Nach der Wiedervereinigung 1990 förderte der Staat mit der Sonderabschreibung Ost den Bau in den neuen Bundesländern. Doch der Immobilienboom ging am Bedarf vorbei, berichtete der Spiegel bereits 1997 und sprach von der „Fehl-Steuer Ost“. Viele Anleger verloren Geld.
Wie stehen die Chancen für das Gesetz?
Trotz allem stehen die Chancen für das Gesetz gut, vermutet Haus-und-Grund-Experte Gross. Er denkt, dass Bundestag und Bundesrat dem Entwurf im Frühjahr zustimmen.
Wie könnte die Politik sonst noch Privatleute ermutigen, Mietwohnungen zu bauen?
Bei Haus und Grund schlägt man statt der Sonderabschreibung eine Erhöhung der normalen Abschreibung von zwei auf drei Prozent pro Jahr vor. „Hilfreich wäre es auch, wenn die Grunderwerbssteuer nicht weiter steigt oder gar sinken würde“, sagt Fachmann Gross. In Bayern liegt sie noch bei 3,5 Prozent, in anderen Bundesländern deutlich darüber. Auch hätten immer strengere Bauvorschriften und Energiestandards das Bauen verteuert.
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