Das luxuriöse Übergangsgehalt des BayernLB-Chefs
Finanzen Johannes-Jörg Riegler, 54, hat die Landesbank auf Kurs gebracht, sein Vertrag wird trotzdem nicht verlängert. Jetzt stehen ihm bis zum Pensionsalter rund 400000 Euro pro Jahr zu. Ein Experte erklärt, wie dies sein kann
München Die Finanzkrise 2008 hatte den Beruf des Bankiers schwer ramponiert. Haften blieb das Bild, dass die Institutschefs hohe Gehälter einstecken, für Schäden aber die Gesellschaft haftet. Damit sollte Schluss ein. Doch jetzt sorgt ein neuer Fall für Schlagzeilen: Der letzte Woche öffentlich gemachte Abschied des BayernLB-Vorstandschefs Johannes-Jörg Riegler könnte der staatlichen Bank und damit indirekt dem bayerischen Steuerzahler teuer zu stehen kommen. Nach Informationen unserer Redaktion steht dem 54-jährigen Riegler, dessen Ende Februar 2019 auslaufender Vertrag nicht verlängert wird, bis zum Erreichen der Pensionsgrenze ein jährliches Übergangsgeld von rund 400000 Euro zu.
Die üppige Versorgung speist sich laut Landesbank-Insidern zum kleineren Teil aus einem von der BayernLB übernommenen Anspruch auf ein Übergangsgeld von Rieglers früherem Arbeitgeber, der NordLB in Hannover. Der größere Teil basiert jedoch offenbar auf einer bei Rieglers Wechsel an die BayernLB-Spitze in Jahr 2014 vertraglich vereinbarten Abfindungsregelung. Demnach stehen Riegler 60 Prozent des anfangs auf 500000 Euro gedeckelten Jahresgehalts zu. Aufgrund ihrer finanziellen Schieflage stand die BayernLB zeitweise unter Kontrolle der EU.
Falls Riegler keine neue Beschäftigung aufnimmt, könnte er also mehr als zehn Jahre von der üppigen Abfindungsregelung profitieren. Riegler könnte theoretisch mehrere Millionen Euro bekommen. In der Bank, im Verwaltungsrat und bei den Anteilseignern hofft man allerdings offenbar, dass der gebürtige Unterfranke bald eine neue Beschäftigung findet. Das dort erzielte Gehalt würde dann nämlich auf die Abfindung angerechnet.
Fachleute kritisieren die Höhe der Übergangsbezüge. „Für die Kürze der Arbeitszeit ist ein Übergangsgehalt in Höhe von 60 Prozent unangemessen“, sagt Professor Georg Köpf, bis vor kurzem Hochschullehrer für Bankbetriebslehre an der Hochschule Kempten. „In der freien Wirtschaft könnte man dies nicht durchsetzen“, ist Köpf überzeugt. Zuletzt soll Vorstandschef Riegler rund 750000 Euro im Jahr bezogen haben.
In Unternehmenskreisen hält man diese Bezahlung für nicht außergewöhnlich: Schaut man sich in der Branche um, liegen die Gehälter von Vorstandschefs von Banken eher über einer Million. Banken-Fachmann Köpf ist da kritischer: Für ihn liegen 750000 Euro im Jahr „nicht nur am oberen Rand des Angemessenen, sie gehen schon deutlich über diesen Rand hinaus“. Zwar verdienen Vorstandschefs großer Privatbanken wie der Deutschen Bank meist mehr. „Die Entscheidungsbefugnis der Vorstände einer Landesbank ist aber deutlich geringer als bei Privatbanken“, sagt Köpf. Landesbanken seien stärker reglementiert und bewirtschaften weniger Geschäftsfelder.
Wie aber sind die hohen Bezüge bei den Landesbanken oder auch Sparkassen dann zu erklären? Köpf hat eine Erklärung: „In den Verwaltungsräten sind viele Vertreter der Politik vertreten, die in diesen Dingen manchmal großzügig sind.“ Zudem orientiere sich die Bezahlung häufig an der Bilanzsumme – für Köpf ein Fehler. Schließlich sagt die Größe eines Instituts nur wenig über den Erfolg oder die Robustheit gegen Risiken aus.
Riegler konnte sich dabei offenbar ein noch höheres Gehalt vorstellen: Er soll eine Verdopplung von 750000 auf rund 1,5 Millionen Euro pro Jahr verlangt haben. Zumindest für den Anfang der Gespräche sei diese Größenordnung „nicht falsch“, ist unserer Zeitung aus Insiderkreisen bestätigt worden. An Rieglers Gehaltsvorstellungen sei die Weiterbeschäftigung aber nicht gescheitert, sagen mehrere Landesbank-Kenner. So habe die Bank einen Headhunter beauftragt, für eben diese stattliche Summe einen neuen Vorstandschef zu suchen.
Die Ironie an der Sache: Riegler hatte seine Arbeit bei der BayernLB, anders als viele Krisenbanker davor, offenbar gut gemacht. Erst im November hatte die Bank, die zu 75 Prozent dem Freistaat und zu 25 Prozent Bayerns Sparkassen gehört, für die ersten neun Monate 2018 einen Nettogewinn von 564 Millionen Euro ausgewiesen. Riegler habe seinen unbestrittenen Anteil an der erfolgreichen Beendigung des Beihilfe-Verfahrens, sagen enge Beobachter. Zur Erinnerung: Der Freistaat Bayern musste die BayernLB in der Finanzkrise mit zehn Milliarden Euro retten.
Woran scheiterte Riegler aber dann? Intern war ihm schon länger vorgeworfen worden, keine Vision für die künftige strategische Ausrichtung der Bank zu haben. „Das momentane Geschäftsmodell der BayernLB lautet: Hoffentlich geht es der DKB nicht schlechter“, kritisiert ein Kenner der Bank. Die erfolgreiche Online-Bank DKB trug bis Ende September mit einem operativen Ergebnis von 292 Millionen Euro den größten Teil zum Gewinn der Bank bei. Ein anderer Kenner auf Finanzseite sagt: „Wer aufräumt, ist nicht unbedingt der Richtige, um den Weg in die Zukunft zu entwickeln.“
Neben Gehalt und Strategie gab es am Ende wohl noch einen dritten Grund für Rieglers Abschied: das Menschliche, die „Persönlichkeitsstrukturen“, wie ein Kenner sagt. Dem Vernehmen nach soll es sich Riegler mit zu vielen Entscheidungsträgern verscherzt haben. Ob Sparkassen-Chefs, Vorstandskollegen oder Verwaltungsräte um den selbstbewussten neuen Vorsitzenden Wolf Schumacher: „Er hatte am Schluss schlicht keine Verbündeten mehr“, heißt es.
Ab März soll Rieglers bisheriger Stellvertreter Edgar Zoller den Chefposten der BayernLB übergangsweise übernehmen. Er habe gerade auch bei den Sparkassen einen guten Ruf, heißt es. Die BayernLB nahm zu Rieglers Übergangsgehalt nicht Stellung. Arbeitsverträge kommentiere man nicht.
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