Diesel-Fahrer blicken heute besorgt nach Leipzig
Das Bundesverwaltungsgericht entscheidet am Donnerstag, ob Fahrverbote in stark belasteten Städten zulässig sind. Warum Stuttgarts OB Fritz Kuhn die blaue Plakette favorisiert.
Fritz Kuhn ist ein Grüner der ersten Stunde – aber er ist nicht naiv. Wenn das Bundesverwaltungsgericht am Donnerstag den Weg für Fahrverbote in Deutschlands Großstädten frei machen sollte, warnt der Stuttgarter Oberbürgermeister im Gespräch mit unserer Redaktion, hätte das für seine Stadt dramatische Konsequenzen: „Dann legen Sie die City lahm.“ Stuttgart investiere zwar massiv in den Ausbau des öffentlichen Nahverkehrs, radikale Einschnitte wie ein sofortiges Fahrverbot für alte Diesel oder kostenlose Tickets für alle Busse und Bahnen sind in seinen Augen aber eher kontraproduktiv.
Weder Stuttgart noch andere Städte könnten den zusätzlichen Andrang aus dem Stand heraus bewältigen. „Auch unsere Kapazitäten“, sagt Kuhn, „sind begrenzt.“ Der Präsident des Verbands Deutscher Verkehrsunternehmen, Jürgen Fenske, formuliert es noch plakativer: Die Menschen müssten Spaß am Bus- und Bahnfahren haben und dürften dort „nicht gequetscht wie eine Sardine in der Sardinenbüchse“ sitzen.
Kuhn will mit Blauer Plakette Planungssicherheit erreichen
Als Weg aus dem Diesel-Dilemma empfiehlt Kuhn die bundesweite Einführung einer blauen Plakette, die vom Jahr 2020 an alle Diesel erhalten sollen, die die Euro-6-Norm erfüllen. Damit im Kampf gegen die Schadstoffbelastung nicht jede Stadt ihre eigenen Regeln aufstelle, müsse die Bundesregierung einen einheitlichen Rechtsrahmen mit klaren Vorgaben schaffen. Bisher, so Kuhn, „fühlen wir Oberbürgermeister uns vom Bund im Stich gelassen – und da spreche ich für viele Kollegen.“
Der geschäftsführende Verkehrsminister Christian Schmidt (CSU) hat die Einführung der Plakette gerade erst als „kalte Enteignung von Millionen Diesel-Besitzern“ abgelehnt. Auch im Koalitionsvertrag von Union und SPD taucht sie nicht auf. Kuhn dagegen ist sich sicher: Mit der Plakette hätten Autofahrer und Industrie Planungssicherheit. „Das heißt, wir hätten noch zwei Jahre, in denen die Leute Zeit haben, um sich beispielsweise ein neues, saubereres Fahrzeug anzuschaffen.“
In knapp 70 Städten wird der Grenzwert regelmäßig überschritten
Am Donnerstag will das Bundesverwaltungsgericht entscheiden, ob Fahrverbote in stark belasteten Städten zulässig sind. Konkret geht es um Stuttgart und Düsseldorf: Hier hatten die örtlichen Verwaltungsgerichte in den Vorinstanzen die Behörden dazu verpflichtet, die Grenzwerte für die Schadstoffbelastung möglichst rasch wieder einzuhalten. Fahrverbote sind dabei nach Ansicht des Stuttgarter Gerichts die „effektivste“ Maßnahme.
Im Moment wird der seit dem Jahr 2010 geltende Grenzwert von 40 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft im Jahres-Mittel in knapp 70 deutschen Städten regelmäßig überschritten, darunter auch Augsburg und München. Die Leipziger Richter werden selbst zwar keine Fahrverbote verhängen, sollten sie solche Maßnahmen aber prinzipiell für rechtens erklären, könnte künftig jede Stadt ein Fahrverbot für ältere Diesel aussprechen, die über den geltenden Grenzwerten liegt.
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Diesel-Fahrer blicken heute besorgt nach Leipzig
Dem ist leider so.
In einem demokratischen Rechtsstaat, der diesen Namen verdient, wären es die Betrüger der Autoindustrie und die Totalversager unserer lobbyverseuchten Bundesregierung, die besorgt nach Leipzig blicken und nicht die betrogenen und geschädigten Dieselfahrer und -käufer.