Discounter verstärken Preiskampf: Kritik an "Dumping-Strategie"
Discounter-Marktführer Aldi senkt die Preise, die anderen folgen. Während sich die Verbraucher freuen, sind nicht nur die Bauern sauer.
Im Lebensmittelhandel fallen erstmals seit Jahren wieder auf breiter Front die Preise. Seit Januar hat Discount-Marktführer Aldi Stück für Stück die Preise für Eier, Instant-Kaffee, Müsli, Wein, Fisch, Butter und jetzt auch Fleisch gesenkt. Marktforscher Wolfgang Adlwarth von der Gesellschaft für Konsumforschung kann die Preisoffensive gut nachvollziehen: „Aldi hat auf die Preispauke gehauen. Das Unternehmen will sein Image als Preisführer schärfen.“
Aldi muss sich dem Preisvergleich mit der Konkurrenz stellen
Für den Marktführer sei dies heute notwendiger denn je, ist der Branchenkenner überzeugt. Denn seit Aldi mehr Markenartikel wie Coca-Cola oder Nivea anbietet, muss sich der Händler stärker dem Preisvergleich mit der Konkurrenz stellen. Rewe und Lidl hatten sich in den vergangenen Monaten einen Spaß daraus gemacht, mit Sonderangeboten für Coca-Cola den Preis des Marktführers zu unterbieten.
Bei den Konkurrenten ärgert man sich über die aggressive Preispolitik. „Das ist Wertvernichtung“, klagte erst kürzlich Rewe-Chef Alain Caparros. Allein die von Aldi angestoßenen Preissenkungen bei Eiern hätten das Unternehmen beim Rohertrag mehrere Millionen Euro gekostet. Doch eine Alternative dazu, den Preisvorgaben des Discounters zu folgen, sieht der Manager nicht. „Wir sind in einer Preisspirale, in der wir mitschwimmen müssen.“
Verbraucher können sich auf Preissenkungen freuen
Für die Verbraucher könnte dies in den nächsten Monaten weitere Einsparungen bringen. „Solange die Discounter mit Umsatz und Kundenzuwachs nicht zufrieden sind, werden sie weiter an der Preisschraube drehen“, ist Rewe-Chef Caparros überzeugt. Tatsächlich sind die nächsten Reduzierungen bereits absehbar. So rechnet der Bundesverband Deutscher Milchviehhalter (BDM), dass sich nach Butter demnächst auch Milch und Joghurt verbilligen dürften. „Die Abwärtsspirale bei den Preisen dreht sich weiter“, sagte Sprecher Hans Foldenauer. Am Freitag war der Preis für ein Päckchen Butter beim Discounter unter einen Euro gefallen. Damit ist das Produkt so günstig, wie seit Jahren nicht mehr. Zugleich hat der Butterpreis Signalwirkung: Sinkt er, werden auch andere Milchprodukte günstiger.
Beim Bauernverband hat man dafür kein Verständnis. Der schwäbische Bezirkspräsident Alfred Enderle spricht von „Lockvogelangeboten“. Nach seinen Worten nehmen die Discounter gezielt niedrigere Gewinne in Kauf, um den Milchmarkt negativ zu beeinflussen – und so den Druck auf die Molkereien für die anstehenden Preisverhandlungen in anderen Bereichen zu erhöhen. Damit wollten die Handelsketten „einen Marktdruck suggerieren, der in dieser Höhe derzeit nicht existiert“.
Sinkende Preise beim Frischfleisch senken auch das Tierschutzniveau
Doch nicht nur die Bauern sind gereizt. Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, Thomas Schröder, verurteilte die jüngsten Preissenkungen von Aldi bei Rind-, Hähnchen- und Putenfleisch als Dumping-Strategie. „Wer Preise dauerhaft senkt, der senkt auch das Tierschutzniveau in den Ställen.“ Denn Investitionen in mehr Tierschutz seien für viele Landwirte bei dem Kostendruck nicht möglich.
Und selbst Lidl kritisierte gestern in einer für die Branche ungewöhnlichen Stellungnahme die Preissenkungspolitik des Rivalen – und begründete dies ebenfalls mit der Sorge um den Tierschutz. Man würde es begrüßen, „wenn es trotz des harten Wettbewerbs in Deutschland gelänge, ein Preisniveau im Frischfleisch-Sektor zu finden, das die richtigen und wichtigen Anstrengungen für mehr Tierwohl unterstützt“. Und was tut Lidl? Folgt dem Beispiel vom Aldi – und senkt die Preise ebenfalls. (dpa, sok)
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