Drastisches Lohngefälle in der Alten- und Krankenpflege
Experten warnen vor einem drohenden Kollaps: Fachleute bezeichnen das massive Lohngefälle zwischen Ost- und Westdeutschland im Pflegebereich als "unhaltbaren Zustand".
In der Alten- und Krankenpflege in Deutschland gibt es massive Lohnunterschiede. In Ostdeutschland verdienen Fachkräfte in der Altenpflege im Schnitt fast 30 Prozent weniger als eine Fachkraft in der Krankenpflege, im Westen sind es rund 18 Prozent weniger, wie der Pflegebeauftragte der Bundesregierung, Karl-Josef Laumann (CDU) bei der Vorstellung einer Studie am Dienstag in Berlin erklärte. Teilweise bekommen Fachkräfte in der Altenpflege weniger Geld als ein deutlich geringer qualifizierter Krankenpflege-Helfer im Krankenhaus. Laumann sprach von einem "unhaltbaren Zustand".
Pflegebereich: 70 Prozent arbeiten in Teilzeit
Wie die vom Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit erstellte Studie weiter zeigt, arbeitet nur jede zweite Pflegefachkraft auf einer Vollzeitstelle. Bei den Pflegehelfern liege die Teilzeitquote teilweise sogar deutlich über 70 Prozent. Die Studie nennt dafür verschiedene Gründe. So seien in den westdeutschen Bundesländern für Altenpflegefachkräfte vor allem persönliche und familiäre Gründe für die Teilzeit ausschlaggebend, darunter das Fehlen von Kinderbetreuungsplätzen. Dagegen arbeitet in den ostdeutschen Bundesländern die Hälfte der Altenpflegefachkräfte nur deshalb in Teilzeit, weil sie gar keine Vollzeitstelle finden.
"Unfreiwillige Teilzeit passt nicht mit der Klage über den Fachkräftemangel zusammen", kritisierte Laumann. Wenn mehr Teilzeit- in Vollzeitstellen umgewandelt würden, könne dem Fachkräftemangel teilweise schon abgeholfen werden.
Pflegepersonal verdient wenig
Angesichts der starken Lohnunterschiede forderte Laumann zugleich weitere Konsequenzen. "Wenn in allen Bundesländern die Fachkräfte der Altenpflege gegenüber vergleichbaren anderen Fachkräften bis zu 19 Prozent weniger verdienen, läuft etwas falsch." Nötig seien "flächendeckend faire und angemessene Löhne" in der Altenpflege. Sonst werde es immer schwieriger, junge Menschen für diesen Beruf zu gewinnen, betonte er.
Nach dem Willen von Laumann sollen künftig die Pflegekassen von allen Trägern der Pflegeeinrichtungen den Nachweis verlangen können, ob ein angemessener Lohn auch tatsächlich bezahlt wird. Dafür müsse eine entsprechende Gesetzesänderung auf den Weg gebracht werden.
Der Sozialverband Deutschland (SoVD) warnte vor einem "Kollaps" in der Altenpflege. Künftig würden etwa 152.000 Fachkräfte fehlen, erklärte Verbandspräsident Adolf Bauer am Dienstag. AZ/AFP
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