Ein Ort der Trauer - aber ohne Grabpflege
Der Verein Aeternitas setzt sich für kundenfreundliche Friedhofsordnungen und mehr Kostentransparenz ein. Der Vorsitzende beobachtet, dass sich viele gegen Grabpflege entscheiden.
An Allerheiligen gedenken viele Menschen ihrer Toten, indem sie die Gräber schmücken und sie besuchen. Der bundesweite Verein Aeternitas hat es sich zur Aufgabe gemacht, Angehörige bei einem Todesfall unabhängig zu beraten und sich für eine verbraucherfreundlichere Bestattungskultur einzusetzen. Wir sprachen mit Alexander Helbach, dem Sprecher der Initiative, die ihren Sitz in Königswinter hat.
Wie stark wird der Brauch noch gepflegt, am 1. November die Friedhöfe zu besuchen?
Helbach: Das ist regional sehr verschieden. In Bayern, wo sehr viele Katholiken leben, ist dies immer noch gute Tradition.
Aber eine Tradition, die vor allem von Älteren hochgehalten wird, oder?
Helbach: Ja, das stimmt. Aber das hat auch damit zu tun, dass viele junge Menschen einfach dort nicht mehr leben, wo die Eltern oder Großeltern begraben sind.
Die stärkere Mobilität der Menschen führt auch dazu, dass sich immer mehr für eine Bestattung entscheiden, die keine Grabpflege nach sich zieht.
Helbach: Das ist richtig. Es ist ein klarer Trend zu pflegefreien Bestattungen zu beobachten. Doch das ist nicht immer im Interesse der Angehörigen. Hier bemerken wir auch oft eine voreilige Rücksichtnahme, die von den Hinterbliebenen gar nicht gewünscht wird.
Davon einmal abgesehen, klagen Friedhofsgärtner und Steinmetze auch über schwindende Aufträge. Hier ist eine ganze Branche im Umbruch. Wie sehen Sie als Verein das: Brauchen Menschen einen Ort der Trauer um ihre Angehörigen?
Helbach: Das ist immer individuell ganz verschieden. Wissenschaftlich gesehen gibt es allerdings keine Forschungen, die zu dem Ergebnis kommen, dass ein fester Ort für die Trauer nötig ist.
Der Bund deutscher Friedhofsgärtner errechnete mithilfe des Statistischen Bundesamtes, dass die Verbraucher jedes Jahr im Schnitt rund 1,76 Milliarden Euro für friedhofsgärtnerische Leistungen ausgeben. Wohin geht der Trend speziell bei der Grabpflege?
Helbach: Wir beobachten zwei Trends: zum einen die bewusst einfache, pflegeleichte Variante und auf der anderen Seite die verspielte und ganz persönliche Grabgestaltung mit immer mehr Figuren sowie Steinen mit Schriftzug.
Darf ich eigentlich mein Grab künstlerisch so gestalten, wie ich möchte?
Helbach: Nicht ganz, hier gibt es oft Probleme. Wir haben schon gerichtliche Prozesse erlebt, weil sich Grabbesitzer über die Friedhofsordnung hinwegsetzten und zum Beispiel trotz Verbot das Grab mit Plastikfiguren schmückten.
Das heißt, jeder Friedhof hat seine Satzung, an die ich mich halten muss?
Helbach: So ist es. Und gegen viele Einschränkungen kämpfen wir, weil wir finden, dass hier die Menschen die freie Wahl haben sollten.
Wo sehen Sie als Verein noch Nachholbedarf?
Helbach: Zum Beispiel setzen wir uns für Erleichterungen bei Umbettungen ein. Es sollte bei Urnen kein Problem mehr sein, diese immer in dem Friedhof in der Nähe der Angehörigen anzusiedeln. Das ist in der Praxis aber alles andere als einfach. Und wir pochen auf mehr Preistransparenz rund um Bestattungen.
Aber liegt bei letzterem Punkt das Problem nicht eher beim Kunden, der sich bei einem Todesfall geniert, nach dem günstigsten Angebot zu fragen?
Helbach: Diese Einstellung sollte man ganz schnell aufgeben. Es ist nicht pietätlos, bei Bestattungen über den Preis zu sprechen. Es sollten nach Möglichkeit immer verschiedene Angebote eingeholt und verglichen werden. Das fängt beim Bestatter an und gilt auch für Friedhofsgärtner und Steinmetze.
Sie haben als Verein aber auch schon vor Dumpingangeboten in der Bestattungsbranche gewarnt – woran erkenne ich ein seriöses Angebot und was darf es im Schnitt kosten?
Helbach: Bestatter, die mit Angeboten „ab 499 Euro“ (zuzüglich weiterer Posten wie Friedhofsgebühren) werben, sind unseriös. Für diesen Preis gibt es keine komplette Bestattung. Seriöse Angebote im Billigbereich – meist anonyme Bestattungen im Ausland – nennen Komplettpreise, die alle notwendigen Kosten enthalten. Für ein Begräbnis mit Trauerfeier und üblichem Grab müssen Sie aber im Schnitt mit 6000 Euro Gesamtkosten rechnen.
Bei einem unerwarteten Todesfall ist ein Vergleichen allerdings oft gar nicht mehr möglich, weil die Zeit drängt und sich im Kopf anderes abspielt.
Helbach: Daher raten wir ja auch immer dazu, sich rechtzeitig Gedanken zu machen und besondere Wünsche auch schriftlich festzuhalten.
Lassen Sie uns noch kurz über alternative Formen der Bestattung sprechen: Darf ich die Urne mit der Asche auch im eigenen Garten aufbewahren und wie komme ich zu dem Diamantring aus der Asche des Verstorbenen?
Helbach: Hier in Deutschland gibt es eine Friedhofspflicht. Auch die Umarbeitung der Asche in ein Schmuckstück muss noch immer im Ausland erfolgen. Schon unsere Nachbarländer wie Holland oder die Schweiz haben hier liberalere Gesetze. Eine legale Ausnahme gibt es allerdings mittlerweile auch in Deutschland: die Seebestattung. Sie ist aber nur an der Nord- und Ostsee erlaubt, nicht in Flüssen oder an anderen Seen. Früher war diese Art sehr exotisch und man musste aufwendig nachweisen, dass der Verstorbene eine starke maritime Affinität hegte. Das ist heute nicht mehr nötig. Interview: Daniela Hungbaur
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