Energiesparen: Wie Lehrlinge den Meistern auf die Sprünge helfen
Auszubildende an der Berufsschule Mindelheim lernen, wie ihre Arbeitgeber später Strom sparen können. Könnte das ein Modell für ganz Bayern sein?
Dienstag, 19 Uhr, Berufsschule Mindelheim. Während andere sich einen gemütlichen Abend machen, drücken 15 junge Buben und ein Mädchen im Computerraum die Schulbank. Die 17-Jährigen sind angehende Nutzfahrzeugmechatroniker, Land- und Baumaschinenmechaniker, Berufskraftfahrer, Techniker und Einzelhandelskaufleute.
Die Teilnahme ist freiwillig
Drei Stunden dauert der Kurs an diesem Abend. Alle Jugendlichen hören konzentriert zu, was Dieter Stein ihnen zu sagen hat. Stein ist Energieberater und kommt von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Schwaben. Sein Thema: Hausdämmung. Am Ende kann jeder problemlos den Wärmedurchgangskoeffizienten U berechnen. Energieschleudern und gut gedämmte Häuser lassen sich mit diesem Wert leicht auseinanderhalten. Alle sind freiwillig hier, mit einem Einsatz, wie es sich kein Lehrer besser vorstellen könnte.
Vielleicht haben die Berufsschüler anfangs mitgemacht, weil Lehrer Karl Geller ein Typ ist, der begeistern kann. Seit Jahren versucht er im Unterricht, den jungen Berufsschülern nicht nur Fachwissen zu vermitteln. Er gibt ihnen auch eine klare Botschaft mit auf den Weg: Jeder kann etwas tun, um Energie zu sparen. Das geht ohne Verlust an Annehmlichkeiten.
Betriebe zählen zu den großen Stromverbrauchern
Ist von der Energiewende die Rede, dreht sich die Debatte oftmals um Stromtrassen oder Windräder, gegen die es Proteste hagelt. Dabei ist der Ausbau der erneuerbaren Energien nur einer von drei Bausteinen, um diese Wende überhaupt meistern zu können, sagt Geller. Von effizienteren Geräten, die deutlich weniger Strom brauchen, ist weniger die Rede, und schon gar nicht vom Sparen. Hier setzt der Mindelheimer Pilotversuch an, der nun seit einem Jahr läuft.
Die Idee ist ebenso einfach wie bestechend: Weil die Betriebe zu den großen Stromverbrauchern zählen, sollte in jeder Firma wenigsten ein Mitarbeiter in der Lage sein, Schwachstellen beim Energieverbrauch zu erkennen, sagt Karl Geller. Wie aber lässt sich das flächendeckend schaffen?
Als die IHK im Frühjahr 2013 alle Berufsschulleiter der Region angeschrieben hat, sie wünsche sich mehr Zusammenarbeit mit den schwäbischen Berufsschulen beim Thema effizienter Umgang mit Energie, war Geller sofort Feuer und Flamme. Er überzeugte das Kultusministerium, das grünes Licht für einen auf drei Jahre angelegten Modellversuch gab. 40 Stunden lang erhalten die Lehrlinge nun Einblick in all die technischen Bereiche, die die Betriebe richtig teuer zu stehen kommen. Rund 30 Prozent des Energieverbrauchs sollen die jungen Leute später in ihren Firmen einsparen können.
Unternehmen sind sehr angetan
Bei der IHK in Augsburg sind sie voll des Lobes über das Mindelheimer Projekt. Der Geschäftsleiter Innovation und Umwelt, Matthias Köppel, wünscht sich eine solche Ausbildung für jede Berufsschule. „Ein solches Wahlfach in ganz Bayern wäre großartig“, sagt er. Die IHK übernimmt bisher einen Teil der Kosten. Die drei Energieberater, die in Mindelheim drei Kurse bestreiten, werden von ihr gestellt. Für ein bayernweites Engagement müsste allerdings die Politik sorgen, deutet Köppel an. Die Betriebe seien sehr angetan und erhofften sich eine Verhaltensänderung der gesamten Belegschaft, wenn denn mal die jungen Leute mit ihrer Ausbildung fertig sind.
Das Mindelheimer Projekt hat bereits Allgäu-weite Anerkennung erfahren. Bei einem Wettbewerb der Allgäu GmbH landete die Berufsschule auf einem der vorderen Plätze.
Tipps für das eigene Zuhause gehören natürlich dazu
Alex Strobel aus Ravensburg gehört zur Gruppe der Motivierten. Er lässt sich zum Landmaschinenmechaniker ausbilden. Strobel sagt, der Kurs ist auch was für daheim. Und so hat er seinen Eltern bereits so manchen wertvollen Tipp zum Stromsparen gegeben. Andere haben sich von verbesserten Berufsaussichten zur Teilnahme überzeugen lassen.
Was sich in Mindelheim tut, wird auch im Kultusministerium genau verfolgt. Im neuen Schuljahr sollen in der Akademie für Lehrerfortbildung bereits Lehrgänge in effizientem Umgang mit Energie angeboten werden. Der Anfang ist gemacht.
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